Ich musste dieses Referat heute fertig kriegen, doch ich konnte mich
einfach nicht konzentrieren. Das kannte ich ?berhaupt nicht, sonst fiel
mir es leicht, konzentriert zu arbeiten. Das zeigten auch meine guten
Noten.
Ich fing an zu glauben, dass es daran lag, dass ich mich selbst zu sehr
unter Druck setzte. Schlie?lich war es nicht mehr lange bis zum Abitur.
Und zu meinem achtzehnten Geburtstag.
Letzteres war wohl eher der Grund, gr?belte ich. Mein Geburtstag war
schon heute, aber gefeiert w?rde erst am Samstag. Aber ich bekam schon
zahlreiche SMS und Messages, die ich nat?rlich alle sofort lesen
musste. Da konnte es mit dem Referat ja nicht voran gehen.
Ich nahm noch ein paar Smarties, die ich zu meinem Geburtstag von einem
Nachbarn geschenkt bekommen hatte. Eine Kleinigkeit nur, aber eine
nette Geste.
Ein Beobachter h?tte sicherlich gemerkt, dass etwas mit mir nicht in
Ordnung war. Mein Gesicht war ger?tet und Schwei? stand auf der Stirn.
Aber ich war allein in meinem Zimmer. Nicht nur weil ich in Ruhe
arbeiten wollte, sondern auch weil meine Eltern arbeiten waren.
Doch nun merkte ich, dass etwas nicht stimmte. Ich f?hlte mich
pl?tzlich sehr schwach, als ob alle Energie von mir abgezogen worden
war. Schnell steigerte sich das Gef?hl der Kraftlosigkeit und mein Kopf
sank auf die Tischplatte. Und dann wurde es mir schwarz vor Augen.
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Langsam wurde ich wach. Unendlich langsam, als ob ich gegen den Schlaf
k?mpfen m?sste, der einfach nicht gehen wollte. Normalerweise wurde ich
immer schlagartig wach, sofort fit. Nun aber brauchte ich alleine schon
Minuten, um die Augen zu ?ffnen.
Aber selbst mit offenen Augen brauchte ich einige Zeit, bis ich meine
Umgebung wahrnahm. Ich war in meinem Bett. Wie war ich dahin gekommen?
Das letzte, an das ich mich erinnern konnte, war das ich an meinem
Schreibtisch sa?.
M?hselig rappelte ich mich auf, dabei leise st?hnend. Aber ich musste
dringend auf die Toilette, sonst w?re ich liegen geblieben. Als ich
endlich stand, ging es etwas besser. Dann musste ich pinkeln wie noch
nie. Es h?rte ?berhaupt nicht mehr auf. Aber es erleichterte mich, ich
f?hlte mich deutlich besser.
Zur?ck in meinem Zimmer ?berlegte ich, was ich nun machen sollte.
Zur?ck ins Bett? Nein, erst einmal setzen. Pl?tzlich h?rte ich die
Stimme meiner Mutter. Ich hatte nicht gemerkt, dass sie in mein Zimmer
gekommen war.
"Mark, wie geht es dir?", fragte sie sorgenvoll.
"Mies, aber jetzt etwas besser."
Sie f?hlte meine Stirn. "Das Fieber scheint weg zu sein."
"Habe ich eine Grippe?"
"Nein. Ich f?rchte, es ist etwas v?llig anderes. Etwas, das eigentlich
nicht passieren h?tte d?rfen."
Ich hatte pl?tzlich Angst. Adrenalin str?mte durch meinen K?rper und
machte mich wach. "Was ist los?"
"Ich glaube, wir warten besser, bis du dich erholt hast."
"Nein, ich bin jetzt fit. Erz?hle!"
Sie sah mich pr?fend an. "Nun gut, du scheinst kr?ftig genug zu sein.
Am besten, ich zeige dir, um was es geht." Sie nahm einen
Kugelschreiber von meinem Schreibtisch, dann zog sie die Hand weg. Der
Stift blieb in der Luft schweben.
"Was soll das? ?bst du Zaubertricks?"
"Nein, das ist keine Illusion. Pr?fe es."
Ich fuhr mit der Hand oberhalb des Stiftes durch die Luft. Nichts. Dann
rund um den schwebenden Stift. Nichts.
"Wie...?" Ich nahm den Stift in die Hand. Er lie? sich nicht von der
Stelle bewegen, war wie von unsichtbaren Stahlstreben gehalten. "Wie
ist das m?glich?"
Sie sah mich l?chelnd an. "?berzeugt, dass es kein Trick ist?"
Ich nickte widerstrebend. Ich glaubte fest an Naturwissenschaften, und
nach denen war so etwas unm?glich.
Z?gernd, nach den richtigen Worten suchend, begann sie: "Es gibt
Frauen, die haben bestimmte Kr?fte, die der Rest der Menschheit nicht
hat."
"Du meinst so etwas wie Hexen?"
"Nein, die hatten nur gute Kenntnisse ?ber Kr?uter und die Kr?fte der
Natur und waren dadurch ungebildeten Zeitgenossen unheimlich. Nein, ich
meine wirkliche Kr?fte."
"Also ein Zauberer?"
"Nein, auch nicht. Wie gesagt, es geht ausschlie?lich um Frauen."
"Dann Zauberinnen?"
"Nein. Es ist nichts Mythisches. Es ist so etwas wie eine besondere
Form der Physik. Eine Physik, die nur diese Frauen beherrschen."
"So etwas gibt es nicht in der Physik."
"Oh, sein mal nicht so voreilig. Kennst du nicht die Erkl?rungsversuche
daf?r, wie unsere Galaxien zusammengehalten werden, obwohl die Masse
der Materie daf?r nicht ausreicht?"
Erstaunt sah ich meine Mutter an. Sie interessierte sich f?r Physik?
"Nat?rlich wei? ich das. Es ist die dunkle Materie."
"Aber sie hei?t nicht dunkel, weil sie schwarz ist.."
Ich setzte den Satz fort. "Sondern weil man einfach nicht wei?, was es
ist. Dunkel im Sinne von: 'die Erkl?rung liegt im Dunkeln'."
"Genau. Und warum beschleunigt sich die Ausdehnung des Universums immer
mehr?"
"Wegen der dunklen Energie."
"Dunkle Materie sind 23%, dunkle Energie 72%. Zusammen sind das 95%.
Das hei?t, die Physik kann 95% unserer Umwelt nicht erkl?ren. Und dann
sagst du, ein schwebender Stift widerspricht der Physik?"
"Ummmm...."
"Tats?chlich vermuten wir, dass wir einen Teil der dunklen Energie
nutzen k?nnen."
"Wir?"
"Ja, es gibt nicht nur mich. Ein paar von uns sind ?ber die ganze Welt
verteilt."
"Wer ist 'wir'?"
"Das werde ich dir erz?hlen, wenn ich sicher bin, dass du eine von uns
bist."
"Wieso sollte ich das sein? Bislang ist mir nichts Ungew?hnliches
aufgefallen."
"Es ist ein Schutzmechanismus, damit die Kinder nicht versehentlich
schlimme Dinge anrichten k?nnen. Die Kr?fte k?nnen bis zum achtzehnten
Geburtstag nicht genutzt werden."
"Und du meinst, dass ich deswegen heute krank wurde? Das glaube ich
nicht, denn es gibt ein ganz klares Gegenargument."
"Und das w?re?"
"Ich bin kein M?dchen."
"Und genau das ist das Problem, das hast du richtig erkannt. Aber da
die Kr?fte exakten Regeln folgen, muss eines von beiden nicht richtig
sein. Oder es wird korrigiert."
"Wie meinst du das?"
"Normalerweise passiert den Frauen mit achtzehn nichts, sie werden
nicht krank."
"Noch ein Grund!"
"Langsam. Stelle dich bitte neben mich."
Ich schaute sie erstaunt an, aber richtete mich auf. Es ging nun fast
wieder wie immer. Pl?tzlich merkte ich, dass etwas nicht stimmte. Ich
war sonst etwa eine Kopf gr??er als meine Mutter und schaute auf sie
herunter. Nun aber schaute ich ihr genau in die Augen.
"W... wie ist das m?glich? Bist du gewachsen?"
"Nein, genau umgekehrt. Du hast dich ver?ndert. Auch wenn es noch nicht
ganz fertig ist, sind die gr??ten ?nderungen erledigt."
Ungl?ubig schaute ich sie an. "Ich bin geschrumpft?"
"Nicht nur das." Sie zeigte auf meine Beine.
Ich hatte ja nur eine Unterhose und T-Shirt an, so war die Sicht frei
auf meine Beine. Sofort sah ich, dass meine dichte dunkle Behaarung weg
war. Nein, ein genauerer Blick zeigte, dass es noch genauso viele Haare
waren. Sie waren nur ganz fein und hell, wie ein kaum sichtbarer Flaum.
Und auch die Form stimmte nicht: sie waren deutlich weniger muskul?s,
vor allem die Unterschenkel. Und das Knie zierlicher. Aber es waren
keine richtigen Frauenbeine, eher die eines M?dchens vor der Pubert?t.
Als mir klar wurde, was das bedeutete, wurde mir schwindlig. Ich musste
mich setzen. Und dann wurde mir zum zweiten Mal an einem Tag schwarz
vor Augen.
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Diesmal wurde ich wieder in der gewohnten Geschwindigkeit wach. Aber
das war das Einzige, was wie gewohnt war. Eine F?lle von ungewohnten
Eindr?cken st?rmte auf mich ein, noch bevor ich die Augen ?ffnete.
Meine Bettw?sche f?hlte sich anders an. Aber daf?r hatte ich sofort
eine Erkl?rung: die fast nicht mehr existenten Haare. Aber auch wie ich
im Bett lag, war ungewohnt. Ich lag zwar ganz normal auf dem R?cken,
aber es f?hlte sich nicht so an, als ob die Matratze eben w?re.
Mein Gehirn arbeitete wieder mit gewohnt schneller Geschwindigkeit. Da
die Matratze sich kaum ge?ndert haben d?rfte, blieb nur noch ?brig,
dass ich mich ge?ndert hatte. Und da fiel mir ein, was ich bei M?dchen
mir immer gerne angesehen hatte: ein sch?ner Po.
Mit einem Satz war ich aus dem Bett. Wenigstens das ging wie fr?her.
Und dann st?rmte ich ins Bad, um den Schaden zu begutachten. Schon auf
dem Weg dorthin f?hlte ich, dass auf meiner Brust etwas war, das durch
die schnelle Bewegung beeinflusst wurde.
Merkw?rdigerweise fiel mir im Spiegel als erstes auf, dass ich eine
Glatze hatte. Nein, nicht ganz. Es waren sehr kurze Haare, die sehr
hell waren, so dass sie nicht sofort auffielen. Ich war anscheinend
jetzt blond. Aber das war die harmloseste ?nderung.
Aus dem Spiegel sah mich ein M?dchen an, das ich nicht kannte. Eine
entfernte ?hnlichkeit war da, wie eine Familien?hnlichkeit. Aber das
Gesicht war viel zarter als fr?her, vor allem das Kinn kleiner. Und die
Nase! Mein gro?er Zinken war zu einem niedlichen Stupsn?schen geworden.
Daf?r gab es auch Dinge, die gr??er waren. Etwa die Augen, sie
erschienen unglaublich gro?. Oder die Wimpern, die dicht und lang
waren. Oder die Lippen, die einen sehr sinnlichen und unglaublich
femininen Mund formten.
Ich nahm die ?nderungen in mich auf. Das Gesicht war sch?n, sehr sch?n
sogar. Aber niemand w?rde mich mehr erkennen.
Langsam lie? ich meinen Blick nach unten wandern. Unter einem ungewohnt
schmalen Hals waren ebenso ungewohnt schmale Schultern, mit deutlich
sichtbaren Schl?sselbeinen. Aber das beachtete ich kaum, denn darunter
war das, was dort h?tte nie sein d?rfen: ein paar Br?ste. Sehr sch?ne
Br?ste, musste ich sagen. In genau der richtigen Gr??e, perfekt geformt
und hoch auf der Brust sitzend. Eigentlich zu sch?n, um real zu sein.
Ich ber?hrte sie und erschauerte leicht. Sofort richteten sich die
Nippel auf. Erschrocken zog ich die Hand weg und sah verlegen weg, als
ob ich etwas Verbotenes getan h?tte.
Als ich mich nach einem Moment wieder gefasst hatte, fuhr ich in meiner
Bestandsaufnahme fort. Unter einer Taille, die schon fast zu schmal
war, kamen runde H?ften mit einem sehr sexy Po. Kein Wunder, dass ich
den im Bett gesp?rt hatte. Das war doch eine andere Dimension als
fr?her. Ein Blick zwischen die Beine zeigte mir, dass ich wirklich
Blond war.
Die Beine waren schlank, aber anders als vorhin waren das nun ganz klar
die Beine einer erwachsenen Frau, mit mir winzig erscheinenden F??en.
Ich trat einen Schritt zur?ck. Das M?dchen im Spiegel war schon fast
unwirklich sch?n, mit einem nordisch elfenhaften Einschlag. Erst jetzt
fiel mir auf, wie strahlend blau meine Augen waren. An meiner Schule
w?rde ich garantiert nicht unbemerkt bleiben.
Schule! Das war eine Katastrophe! Ich war kurz vor dem Abitur, aber so
aussehend w?rde ich es nie bekommen. Niemand kannte dieses M?dchen. Und
niemand w?rde glauben, dass so eine Transformation m?glich ist. Ich
glaubte es ja selbst nicht, wenn ich nicht gerade in den Spiegel
schaute.
Pl?tzlich fr?stelte ich. Wann hatte ich mich eigentlich ausgezogen? Ich
zog einen Bademantel meiner Mutter an und ging zur?ck in mein Zimmer.
Doch nach ein paar Schritten machte ich kehrt. Ich brauchte Antworten,
dringend. Und die konnte mir nur meine Mutter geben.
Ich fand sie in der K?che.
Als sie mich sah, kam ein "Oh mein Gott!" ?ber ihre Lippen.
"Ganz meine Meinung!" Oh, das h?rte sich aber v?llig anders an als
fr?her. So hoch, so melodisch. Ich vergewisserte mich, dass das
wirklich meine Stimme war. "Test, Test. Eins, zwei drei." Daran w?rde
ich mich wirklich gew?hnen m?ssen.
Nach einem Moment fragte ich meine Mutter: "OK, der Fehler ist
anscheinend korrigiert worden. Habe ich jetzt ?bermenschliche Kr?fte?"
"Du bist ja erstaunlich ruhig f?r so eine gewaltige ?nderung. Und die
Antwort ist ein klares Jein."
"Ich denke, du schuldest mir ein paar Erkl?rungen."
"Ich f?rchte, ich kann dir auch nicht erkl?ren, warum es so gekommen
ist. Ich war fest davon ?berzeugt, dass ein m?nnlicher Nachkomme
niemals von unseren Kr?ften betroffen sein k?nnte. Deshalb habe ich
auch nichts unternommen, um dich darauf vorzubereiten. Eine Tochter
w?re mit einer Zeremonie in unsere Gruppe aufgenommen worden, nachdem
sie langsam darauf vorbereitet wurde. Es muss schrecklich f?r dich
sein."
"Ich habe zwar immer gedacht, dass Frauen f?rchterlich emotional sind.
Aber momentan sp?re ich nichts davon, ganz im Gegenteil. Ich f?hle mich
unglaublich ruhig und - ?h - normal?"
"Du strahlst auch eine gro?e Ruhe aus. Eine gro?e Selbstsicherheit. Und
Distanziertheit. So eine Art Ice-Queen. Das passt zu deinem nordischen
Aussehen."
"Und damit w?ren wir bei der ersten Frage: Ich habe nicht nur eine
Instant-Geschlechtsumwandlung bekommen, sondern anscheinend eine ganz
andere Ethnie. Vorher hatte ich dunkle Haare und braune Augen, jetzt
sehe ich aus wie eine Schwedin."
"Ich kann dir nur noch einmal sagen: Ich habe keine Ahnung. Allerdings
habe ich Bilder von den fr?hesten Vorfahren von uns gesehen, die auch
sehr nordisch aussahen."
"Gibt es eine M?glichkeit, durch die Kr?fte, die du hast, mehr zu
erfahren?"
"Das ist nicht so einfach zu beantworten. Ich jedenfalls kann es nicht.
Die Kr?fte sind je nach Person unterschiedlich stark. Einige k?nnen
mehr, andere weniger. Wenn du jetzt glaubst, du wirst zu einem
Superheld, muss ich dich entt?uschen. Ich kann nicht sehr viel machen,
oder wir w?rden in deutlich besseren Verh?ltnissen leben, und ich
m?sste nicht arbeiten gehen. Die verbeiteste F?higkeit ist, die
optische Wahrnehmung zu ver?ndern. Ich kann zum Beispiel diese Gabel
wie einen L?ffel aussehen lassen."
Sie f?hrte es vor. Die Gabel wurde kurz leicht unscharf und sah dann
wie ein L?ffel aus.
"Es ist aber immer noch eine Gabel. Und wenn man versucht, damit eine
Suppe zu l?ffeln, geht es nicht."
"Ds ist schon alles? Was war das mit dem Stift? Auch eine Illusion?"
"Nein. Ich kann kleine Gegenst?nde auf kurze Entfernung bewegen oder
festhalten. F?r mich liegt die Grenze etwa bei einem Kilo und ein paar
Metern."
"Das ist nicht sehr viel. Ich habe wunder was gedacht, was du kannst."
"Es ist trotzdem sehr hilfreich. Einige von uns verdienen mit
Illusionen ihr Geld, manche sogar richtig viel. Aber ich bin nicht der
Typ f?r die B?hne. Dauernd an anderen Orten liegt mir nicht, ich bin
eher der h?usliche Typ."
"Wie mache ich eine Illusion?"
"Das muss man lernen. Ganz m?hselig, wie Lesen und Schreiben. Ohne
spezielle Ausbildung geht nichts."
"Wenn also eine Tochter von jemand mit Kr?ften nicht ausgebildet wird,
kann sich nichts? Sp?rt sie denn nichts?"
"Meistens nicht. Und wenn doch, wird sie glauben, ihre Sinne h?tten ihr
einen Streich gespielt."
"Mist. Dann bin ich jetzt also ein M?dchen ohne Papiere, ohne m?gliches
Abitur, ohne Krankenversicherung?"
"Vorl?ufig ja. Aber wir werden sehen, was wir daran ?ndern k?nnen. Ich
habe bereits jemanden aus meiner Gruppe kontaktiert. Eine unserer
Lehrerinnen, die viel mehr wei? als ich."
"Lehrerinnen? Dann bilden nicht die M?tter ihre T?chter aus?"
"Oft ja, besonders in armen L?ndern. Aber hier gibt es eine Art Schule.
Na ja, eine sehr kleine Schule, da es nur so wenige von uns gibt. Und
dort ist sie Lehrerin."
"War sie deine Lehrerin?"
"Nein. Das lohnte sich nicht, da meine Kr?fte so schwach sind."
"Wenn man es nicht merkt, dass man Kr?fte hat, wie wei? man dann, das
man die Schule braucht?"
"Berechtigte Frage. Es gibt einige von uns, die sp?ren, wie stark
jemand ist. Hast du ein bestimmtes Level, kannst du an der Schule
aufgenommen werden."
"Gibt es denn anderswo auch noch Schulen?"
"Ja. Aber ich wei? nicht viel dar?ber. Einige Gruppen sind sich nicht
sehr freundlich gesinnt."
"Und ich dachte, so etwas f?hrt zu einer eingeschworenen Gemeinschaft?"
"Lokal tut es das auch. Aber auch wir sind Menschen mit all ihren
Fehlern. Es gibt Neid, Gewinnsucht und Machtstreben wie sonst auch. Und
eine Schule muss nat?rlich auch finanziert werden."
"Oh. Eigentlich klar, dass das nicht staatlich finanziert wird."
"Richtig. Trotzdem braucht man f?r die Schule nichts zu bezahlen, sie
ist eine Stiftung von einigen Frauen, die mit ihren Kr?ften reich
geworden sind. In anderen L?ndern soll das anders sein, da muss
teilweise Geld bezahlt werden."
Pl?tzlich grollte mein Magen.
"Oha, da ist jemand hungrig. Eigentlich auch verst?ndlich, denn das
Nutzen der Kr?fte kostet Energie. Es ist wie k?rperliche Anstrengung:
Je mehr du machst, desto mehr musst du essen. Und du hast einiges
hinter dir. Ich mache uns etwas zu essen und du gehst duschen. Du
riechst nicht gerade frisch."
#
Die Dusche war ein verst?rendes Erlebnis. Alles f?hlte sich viel
intensiver an, obwohl ich um die kritischen Stellen einen Bogen machte
- daf?r war ich noch nicht bereit. Dadurch ging es sehr schnell. Das
Abtrocknen war noch ungewohnter. Das eigentlich weiche Handtuch f?hlte
sich auf einmal rau an. Dann zog ich den Bademantel wieder an und ging
in die K?che.
Als meine Mutter mich sah, reagierte sie erstaunt.
"Was ist? Gl?nze ich vor Sauberkeit?"
"Nein. Aber deine Transformation ist wohl noch nicht ganz zu Ende
gewesen."
Ich schaute an mir herunter und sah nichts.
"Nein. Nicht dort. Deine Haare. Sie sind l?nger geworden."
Ich fasste mir auf den Kopf. Ja, das waren nicht mehr die kurzen
Stoppeln. Es f?hlte sich an wie meine alte L?nge, so etwa f?nf
Zentimeter. "Das muss ich mir ansehen."
Ich ging zur?ck ins Bad. Ja, die Haare waren nun wieder so lang wie
gestern. Es gab mir ein deutlich anderes Aussehen. Der Glatzen-Look war
weg. Es sah nun aus wie eine freche Kurzhaarfrisur. Was mich irgendwie
noch femininer aussehen lie?. Oh man!
Zur?ck in der K?che roch es gut, was ein L?cheln auf mein Gesicht
zauberte. "Wie lange dauert es noch? Es riecht so gut!"
"Das ist wohl der Hunger, es gibt nichts Besonderes. Schnitzel mit
Bratkartoffeln."
"Das h?rt sich extrem gut an."
"Es dauert auch noch etwas. Dein Vater kommt gleich, solange musst du
warten. Nein, noch ein wenig l?nger, denn ich muss ihn erst auf dein
Aussehen vorbereiten."
"OK. Wei? er von deinen Kr?ften?"
"Nein."
"Oh! Das wird interessant."
"Da hast du Recht. Besser ich mache dir eine Portion fertig und du isst
auf deinem Zimmer. Ich rufe dich dann. Es wird wohl etwas dauern..."
Kurz darauf war ein Teller fertig. "Wenn du gegessen hast, ziehe etwas
von meinen Sachen an. Das ist besser als der Bademantel."
"Deine Sachen? Ich kann doch nicht ... !"
"Ich denke wir sind etwa gleich gro?. Du sollst ja nicht gleich ein
Kleid anziehen. Aber du wirst wohl eine Hose und ein Shirt finden.
Deine alten Sachen passen jedenfalls nicht."
Ich nahm den Teller und zog grummelnd ab. Der Gedanke, Kleider meiner
Mutter anzuziehen, gefiel mir ?berhaupt nicht.
#
Das Essen schlang ich in Rekordgeschwindigkeit herunter. Eigentlich
h?tte ich gerne noch mehr gegessen, aber ich hatte meinen Vater
ankommen geh?rt. Besser sp?ter einen sch?nen Nachtisch genie?en.
Dann widmete ich mich dem Thema Kleidung. Ich wollte nichts von meiner
Mom, also probierte ich meine Sachen. Meine Boxershorts lie?en sich
zwar anziehen, aber das war es auch. Es passte nicht richtig. Das war
mir aber egal.
Dann ein T-Shirt. Ich versank geradezu darin. Unglaublich wie viel
schmaler meine Schultern nun waren. Und wie klein mein Oberk?rper. Das
T-Shirt war eher wie ein Kleid. Das ging gar nicht.
Dann probierte ich eine Jeans. Sie war zu lang und passte nat?rlich
nicht richtig. F?r so eine schmale Taille war sie nicht gemacht.
Seufzend ging ich in das Schlafzimmer meiner Eltern, nur noch in den
Boxershorts. Ziemlich schnell fand ich eine Jeans. Sie sah auch nicht
anders aus als meine. Erleichtert zog ich sie an. Das passte schon
deutlich besser. Obwohl sie ziemlich eng war. Ich hatte anscheinend
doch eine andere Gr??e. Aber die L?nge stimmte.
Kurz darauf fand ich ein einfaches T-Shirt. Passte ausreichend gut,
obwohl ich es gewohnt war, dass es lockerer sa?. So viel schmaler war
meine Mutter doch nicht?
Aus dem Schuhschrank fischte ich ein Paar Flip-Flops. Endlich war ich
nicht mehr barfu?. Ich f?hlte mich ausreichend gekleidet und ging
zur?ck in mein Zimmer.
#
Es dauerte wenigstens zwei Stunden bis meine Mutter zu mir kam. Ihr
Gesichtsausdruck war nicht fr?hlich.
"Ist nicht gut gelaufen?", fragte ich.
"Geht so. Ich bin mir nicht sicher, ob er mir ?berhaupt glaubt. Es ist
Zeit, dass er dich sieht. Er ist vor allem sauer, dass ich ihm nie
etwas gesagt habe. Komm, lass uns gehen."
Pl?tzlich z?gerte ich. Bis jetzt hatte ich alles akzeptiert, aber mich
jetzt jemand anderem zeigen? Mom sah es mir an. "Nun komm, er wird dich
nicht umbringen."
Z?gernd folgte ich ihr. Paps sa? in der K?che, mit einem halb vollem
Teller vor ihm. Das passte ?berhaupt nicht zu ihm. Als er mich sah,
wurden seine Augen gro?. Dann wurden sie eng. "Ihr wollt mich wohl
verarschen? Wer ist das?"
Mom seufzte. "Ich glaube, ich habe genug gesagt. Ich lasse euch beide
alleine." Damit ging sie.
Ich f?hlte mich pl?tzlich sehr alleine gelassen und verletzlich. Ganz
anders als meine sonstige selbstbewusste Art. Aber mein Vater war jetzt
einen Kopf gr??er als ich, so etwas war ich nicht gewohnt. Ich f?hlte
mich geradezu wie ein Zwerg, v?llig hilflos.
"Dann erz?hle. Die Geschichte will ich h?ren!"
V?llig versch?chtert brachte ich keinen Ton heraus. Und dann entluden
sich die angestauten Emotionen, die seit Stunden eingesperrt gewesen
waren. Ich fing hemmungslos zu heulen an.
Auch nach einigen Minuten konnte ich mich nicht beruhigen. Schlie?lich
wurde mir alles zu viel. Ich rannte mit aufgequollenen Augen, kaum
etwas sehend, zu meinem Zimmer und schloss die T?r hinter mir ab. Dann
warf ich mich auf das Bett.
#
Als ich wieder erwachte, f?hlte ich mich seltsam ausgeruht und fit.
Richtig energiegeladen. Und ich musste pinkeln!
In meinem extrem fitten Zustand war mir sofort klar, dass ich nun nicht
mehr im Stehen pinkeln konnte. Und im Sitzen ging es auch nicht anders
als fr?her. Nur der Strahl war viel kr?ftiger.
Als ich mich wieder anzog, merkte ich schnell, dass ich einen Fehler
gemacht hatte. Sofort bildete sich ein feuchter Fleck auf meinen
Boxershorts. "Mist!"
Ich zog mich aus und warf die Shorts in die schmutzige W?sche. Zur?ck
in meinem Zimmer holte ich eine andere Shorts aus dem Schrank. Die war
aber nicht so dehnbar. "Mist. Passt nicht." Dann die n?chste. "Oh mann,
die kratzt!" Das war mir noch nie aufgefallen.
So langsam wurde die Auswahl eng, denn ein Teil meiner Unterw?sche war
bereits in der schmutzigen W?sche. Endlich fand ich eine, die halbwegs
passte. Halbwegs bedeutete eher schlecht. Dann wurde ich von einem
Grummeln in meinem Bauch abgelenkt. Hunger! Ich hatte gestern keinen
Nachtisch gehabt. Ich zog die Jeans, in der ich geschlafen hatte, hoh
und machte mich auf den Weg zur K?che.
Ich war erstaunt, dort Mom vorzufinden. "Hi! Musst du nicht arbeiten?",
sagte ich freundlich.
Sie sah mich erstaunt an. "Dir geht es anscheinend wieder gut?"
"Um ehrlich zu sein, ich habe noch nicht dar?ber nachgedacht. Aber ich
f?hle mich toll, so richtig energiegeladen. Und hungrig."
"Okaaaaaay... Was willst du zum Fr?hst?ck?"
"Wie immer!"
Sie deutete wortlos auf die Packung mit M?sli. Ich bediente mich und
mischte es mit Milch, um es dann in Rekordgeschwindigkeit herunter zu
schlingen. "Hmmmm, das schmeckt nach mehr!"
Ich machte mir eine weitere Portion und a? sie, diesmal etwas
langsamer.
"Satt?"
"So halbwegs. Ich denke gerade dar?ber nach."
"Gut. Dann k?nnen wir ja reden."
Ich war verdutzt. "?ber was?"
"Na h?r mal. Du hattest gestern einen krassen emotionalen
Zusammenbruch, und nun tust du, als ob nichts w?re."
"Ich kann mich zwar daran erinnern, aber irgendwie ist es weit weg -
als ob es jemand anderes gewesen w?re."
"Und was w?re, wenn du jetzt mit deinem Vater reden m?sstest?"
"Ich wei? nicht. Irgendwie erscheint es mir heute viel einfacher."
"Ok. Wenn es dir so viel besser geht, dann k?nnen wir ja einige
dringende Probleme angehen."
"Und die w?ren?"
"Falls du es nicht vergessen hast, Fr?ulein Sonnenschein, du hast
nichts anzuziehen. Und du wei?t nichts dar?ber, was man als M?dchen
wissen muss. Es gibt unendlich viel zu tun."
"Doch nicht etwa Kleider einkaufen?"
"Doch! Und um es ganz klar zu sagen: M?dchenkleider!"
Meine gute Laune l?ste sich schlagartig in nichts auf. Krampfhaft
suchte ich nach einer Ausrede, aber mir fiel nichts ein.
Mom sah meinen Gesichtsausdruck. "Ich glaube, du musst vor allem
lernen, mit deinen Emotionen umzugehen. Das ist neu f?r dich, und du
konntest es nicht ?ber Jahre wie andere M?dchen lernen."
Ich dachte einen Moment nach. "Eigentlich f?hle ich mich nicht anders
als fr?her. Aber wenn ich an gestern denke, dann k?nntest du Recht
haben."
"Dazu kommt die erhebliche Verhaltens?nderung von gestern auf heute."
"Ok, ich glaube dir einfach. Aber das best?tigt nur, dass ich f?rs
Shoppen als M?dchen noch nicht bereit bin."
"Es scheint mir auch so. Gut, dann gibt es eine andere L?sung. Ich gehe
f?r dich einkaufen. Dann gibt es aber keine Diskussionen dar?ber, was
ich einkaufe."
"Solange es keine Kleider oder R?cke sind..."
"Erst einmal nicht. Aber passende Unterw?sche?"
"Wieso? Was ist falsch an den, was ich anhabe?"
"Schau dich doch einmal im Spiegel an. Komm, wir gehen in mein
Schlafzimmer."
Kurz darauf standen wir vor dem gro?en Spiegel. "Siehst du, was ich
meine?"
Ich wollte schon nein sagen, da sah ich aber wie die Jeans um meine
H?ften aussahen. Falten der nicht richtig passenden Boxershorts waren
deutlich zu sehen. Aber ich fand eine passende Erkl?rung. "Die Jeans
sind einfach zu eng."
"Nein, sind sie nicht. Sie passen dir besser als mir. Die Unterw?sche
passt nicht. Sie ist f?r M?nner."
"Aber... es sind meine..."
"Ich kann verstehen, dass du nicht meine Unterw?sche anziehen willst.
Ich kaufe dir deine eigene, passend im Stil f?r dein Alter. Und dann
kommen deine alten Sachen weg."
"Aber..."
"Nichts aber. Du bist jetzt ein M?dchen, mit einer anderen Figur als
fr?her. Das musst du akzeptieren."
Merkw?rdigerweise tat ich genau das. Ich war wieder so ruhig wie vor
meinem Weinkrampf. Logische Entscheidungen schienen angebracht und
richtig.
"Ok. Ich sehe das ein. Aber bitte ?berfordere mich nicht."
"Gut. Wir werden sehen, ob du das nachher genauso siehst, wenn du
deinen ersten BH anhast."
BH? Ummmm... Ich schluckte kr?ftig, sagte aber nichts.
Mom grinste ein wenig. "Gut, dann freunde dich mit dem Gedanken an,
denn so kannst du nicht unter Leute gehen."
"Warum?"
"Finde es heraus, w?hrend ich einkaufen gehe."
#
Nach der verst?renden Prozedur mit dem Ma?band war ich froh, erst
einmal f?r mich zu sein. Viel Zeit, um ?ber Dinge nachzudenken.
Gegen Mittag kam sie zur?ck, mit deutlich weniger T?ten als ich
bef?rchtete. Sie sah mich forschend an. "Alles klar?"
"Gr??tenteils. Zumindest habe ich mich damit abgefunden, dass ich nicht
meine alten Kleider anziehen kann. Ich habe schon alles ausger?umt."
"Das h?rt sich gut an. Dann lass' uns mal sehen, ob alles passt, was
ich gekauft habe."
Fr?her w?re das f?r mich nervig gewesen. Ich hasste es, wenn ich den
von Oma geschenkten Pullover vorf?hren musste. Aber nun war ich
neugierig. Nicht einmal so sehr auf die Klamotten, sondern wie ich
darin aussehen w?rde. Denn meine Haare zeigten mir, wie stark selbst
kleine Dinge das Aussehen ver?nderten. Sie waren ?ber Nacht gewachsen
und reichten mir mittlerweile bis zu den Schultern. Erneut sah ich
v?llig anders aus.
Mom hatte in der Zwischenzeit einen BH und Slip hervor gekramt. Ganz
offensichtlich zueinander passend. Die Farbe war gr??tenteils wei?,
ohne jegliche Spitze oder andere Verzierungen. Abgesehen von einer
kleinen Schleife zwischen den Cups. Und den N?hten, die waren n?mlich
rosa. Aber das war nicht ?bertrieben feminin, sondern eher jugendlich
frisch. Deutlich besser als Moms BHs.
"Willst du dich in deinem Zimmer umziehen?"
"Nicht n?tig. Ich habe mir noch nie viel daraus gemacht, wenn ich nackt
bin."
Sie z?gerte. "Ok, hier zuhause geht das. Aber sonst solltest du damit
vorsichtig sein."
In wenigen Sekunden hatte ich mich ausgezogen. Mom betrachtete mich
neugierig. "Da kann man nur neidisch werden. Ich sah selbst in deinem
Alter nicht so gut aus."
Ich f?hlte, wie mein Gesicht warm wurde. Upps, err?tete ich etwa wie
ein M?dchen?
Ich zog den mir gereichten Slip an. "Passt perfekt", meinte Mom. Ich
war solch eng an den K?rper anliegende Unterw?sche nicht gewohnt, die
Boxershorts sa?en locker. Aber es f?hlte sich nicht schlecht an.
Wohlweislich hatte Mom einen BH mit dem Verschluss vorne gekauft. So
machte er keinerlei Probleme.
"Hmm, das ist besser, als ich dachte. So sind die Dinge mehr unter
Kontrolle."
"Ein wichtiger Grund f?r einen BH, aber nicht der einzige."
Nun zog ich die Jeans an. Sie war eher noch enger als die von Mom.
"Bist du dir sicher, dass das die richtige Gr??e ist?"
"Sie passt dir perfekt. Jeans f?r M?dchen sitzen hauteng."
"Das merke ich."
"Ist sie unbequem?"
"Nein. Eigentlich nur sehr ungewohnt."
"Gut, dann noch das T-Shirt."
Das sa? auch deutlich enger, als ich es gewohnt war. Und es war k?rzer,
reichte gerade so bis zur Hose.
Mom war deutlich zufrieden. "Du siehst klasse aus."
"Das sind doch nur Jeans und ein T-Shirt?"
"Dann schau dich mal im Spiegel an."
Genau das tat ich. Wow, wie konnte man in so trivialen Sachen so sexy
aussehen? Ich war v?llig verdutzt. Und irgendwie sehr zufrieden.
#
Diesmal war ich viel gefasster, als es einen neuen Anlauf mit meinem
Vater gab. Das lag auch daran, dass er anscheinend nicht mehr so
?berzeugt war, dass man ihm einen Streich spielte. Und nach meinem
Auftritt gestern war er sehr vorsichtig.
"Hi", gr??te ich ihn. "Ich bin es wirklich."
Ich sah ihm seine Skepsis an. "Bevor du etwas sagst, lass mich erst
erz?hlen. Ich habe dar?ber nachgedacht, wie ich dir beweisen kann, dass
ich ich bin."
Dann erz?hlte ich mehrere Begebenheiten, die wir zusammen erlebt
hatten, etwa im Urlaub. Selbst Mom konnte das nicht wissen. Ich schloss
meine Rede mit, "Und wenn das immer noch nicht ausreichend sein sollte,
dann frage mich einfach."
Und das tat er tats?chlich. N?chtern und logisch, wie er nun einmal
war. Schlie?lich sagte er, "So schwer es mir auch f?llt, du scheinst
wirklich mein Sohn zu sein."
Ich glaube, ich hatte es beinahe verdorben, als ich ihn aus einem
pl?tzlichen Impuls heraus umarmte. Keine Ahnung, wo das herkam.
#
Am n?chsten Tag ging Mom wieder nicht arbeiten. Beim Fr?hst?ck
bestaunte sie meine Haare, die nun bis ?ber die Schulterbl?tter
reichten. So langsam wurde es aufw?ndig, sie nicht dauernd im Gesicht
zu haben. Oder im M?sli.
Das war dann das erste, was sie mir nach dem Fr?hst?ck beibrachte: wie
man sich einen Pferdeschwanz machte. Damit war es schlagartig viel
einfacher. Es dauerte nur ein wenig, bis ich mich an das Kitzeln am
Hals gew?hnt hatte.
Aber das war nur der Anfang. Mom meinte, sie m?sste nun 18 Jahre
fehlende M?dchen-Erziehung nachholen. Einerseits sah ich die
Notwendigkeit ein, denn alles mit Versuch und Irrtum heraus zu kriegen,
wie etwa das Abwischen nach dem Pinkeln, war kaum sinnvoll. Aber nach
ein paar Stunden wurde es mir zu viel. Ein M?dchen zu sein war
anscheinend eine riesige Ansammlung von Problemen. Wie viel einfacher
war da doch das wartungsarme Dasein als Mann.
#
"Mark, Frau Schneider ist da. Kommst du bitte?", rief Mom.
Frau Schneider? Wer war das denn? Und ich sollte mich nun einem Fremden
zeigen?
"Mark! Wo bleibst du?"
Ich ahnte, dass es nicht zu vermeiden war. Und ich wollte nicht, dass
jemand in mein Zimmer kam. Meine alten Klamotten hatte ich ja selbst
ausger?umt - hoffentlich nicht voreilig. Vielleicht wachte ich ja
morgen auf und war wieder ich selbst. Aber die neuen Sachen waren noch
nicht wegger?umt. Auch wenn es nicht sehr viel war, ich fand das Bild
von herumliegenden Slips, BHs und anderer feminier Kleidung verst?rend.
Es sah fast so aus, als w?re es v?llig normal, dass ich ein M?dchen
war.
Also machte ich mich widerstrebend auf den Weg ins Wohnzimmer, wo ich
Mom mit einer Frau reden h?rte.
"Mark, da bist du ja endlich. Das ist Frau Schneider, eine von uns. Sie
ist eine der Weisen und kann wahrscheinlich mehr ?ber deine
Transformation sagen."
Frau Schneider war sehr attraktiv, etwa Mitte Drei?ig und schlank, mit
langen blonden Haaren. Mir fiel sofort eine gewisse ?hnlichkeit zu
meinem neuen Aussehen auf. Vor allem die ?beraus blauen Augen waren wie
meine eigenen. Und obwohl sie sehr konservativ elegant gekleidet war,
konnte man eine ?beraus gute Figur erkennen.
Sie sah mich mit vor Erstaunen offenen Mund an. Aber es dauerte nur
einen winzigen Moment, bis sie ihre Fassung wiedergewann.
"Hallo Mark", sagte sie mit melodischer Stimme. Es klang aber weniger
sexy als sehr professionell. "Ich sehe, du bist wirklich ein
ungew?hnlicher Fall."
Ich brauchte einen Moment, um meine ungewohnte Sch?chternheit zu
?berwinden und begr??te sie. Dann fragte ich, "Was bedeutet das alles?"
"Deine Mutter rief mich zu Hilfe. Ich konnte es kaum glauben, was sie
mir erz?hlte. Aber nun sehe ich es mit eigenen Augen. Du geh?rst ganz
sicher zum F?lk."
"F?lk? Was ist das?"
"So nennen wir uns. Aber es meint eigentlich unseren Ursprung. Vor
langer Zeit sahen wir alle in etwa so aus wie du."
"Deswegen die ?hnlichkeit!"
"Genau. Und es ist ein Indiz f?r die Gr??e der Kr?fte, die wir
besitzen. Je mehr unsere Gene mit anderen vermischt sind, desto
schw?cher sind sie."
"Habe ich dann gro?e Kr?fte?"
"Das kann ich noch nicht sagen. Das Aussehen deutet darauf hin, aber
das kann auch nur Zufall sein."
"Zufall? Vor ein paar Tagen war ich ein ganz normaler Mann!"
"Ja, das ist h?chst au?ergew?hnlich. Deswegen sollten wir mit einem
einfachen Test beginnen."
Sie holte eine kleine Glaskugel aus ihrer Handtasche und gab sie mir.
Es sah aus wie eine Murmel f?r Kinder, mit einem Muster aus Schlieren
im Innern. Allerdings schienen sich die Schlieren zu bewegen.
Die Schlieren ?bten eine nahezu hypnotische Kraft aus. Ich konnte den
Blick nicht abwenden. Die Schlieren wurden immer kr?ftiger und
farbiger, bewegten sich immer schneller, bis auf einmal ein leises
?Knack' zu h?ren war. Ein Riss hatte sich im Glas gebildet, und die
Schlieren bewegten sich nicht mehr.
"Oh. Es ist kaputt." Ich h?tte mich ohrfeigen k?nnen, als ich mich das
sagen h?rte. Es klang so unglaublich nach dummer Blondine.
"Erneut h?chst ungew?hnlich."
Ich wartete auf eine Erkl?rung, aber sie sagte nichts. Schlie?lich
fragte ich, "Was war das?"
"In dieser Kugel war ein kleines bisschen von dem, was Wissenschaftler
?Dunkle Energie' nennen. Da unsere Kr?fte darauf beruhen, reagiert sie
darauf. Je st?rker die Kr?fte, desto st?rker die Reaktion."
"Und warum ist sie kaputt?", fragte Mom.
"Die Dunkle Energie wurde so heftig stimuliert, dass das Glas
besch?digt wurde. Eigentlich sollte das nicht m?glich sein, denn es
sind nur geringste Mengen. Das, was man sieht, sind nur Interferenzen.
Denn die Dunkle Energie ist nat?rlich unsichtbar."
Dann wandte sie sich an mich. "Das bedeutet, dass du nicht nur
?u?erlich eine vom F?lk bist. Du hast auch Kr?fte, und zwar anscheinend
so viel, wie das urspr?ngliche F?lk. Lass mich das erkl?ren: Wir wissen
nicht, woher das F?lk kam. Heutige DNA Tests zeigen, dass unsere DNA
wie bei jedem anderen Menschen ist. Aber es gibt ja noch mehr Erbgut,
in den Mitochondrien etwa. Und dieses Erbgut, diese DNA, wird fast
ausschlie?lich von Frau zu Frau vererbt. M?nnliches Erbgut wird
normalerweise als Zellm?ll aussortiert. Das k?nnte die Ursache daf?r
sein, das unsere Kr?fte nur bei Frauen existieren.
Die Anzahl der Mitochondrien ist in Muskelzellen, Nervenzellen und
Sinneszellen am h?chsten. Und da ist der Unterschied vom F?lk zu
normalen Menschen. Wir haben deutlich mehr Mitochondrien, vor allem in
den Nervenzellen. Das ist der einzige Unterschied, der mit
herk?mmlicher Wissenschaft messbar ist. Wir vermuten, dass einige
Mitochondrien gar keine sind, aber das muss noch genauer untersucht
werden.
Deswegen m?chte ich ein paar Tropfen Blut von dir haben. Auch dort, vor
allem in den wei?en Blutk?rperchen, sollten mehr Mitochondrien
nachweisbar sein. Wir vermuten, dass das eine der Ursachen daf?r ist,
das wir praktisch nie krank werden."
Sie kramte ein kleines Etui aus ihrer Handtasche. "Das ist ein kleines
USB Mikroskop, das an einen Computer angeschlossen wird." Sie wandte
sich an Mom. "Kannst du bitte deinen Laptop holen?"
Ein paar Minuten sp?ter war der Laptop mit dem Mikroskop verbunden, und
ein Tropfen Blut von mir war auf einem Objekttr?ger. Dann erschien das
Bild auf dem Bildschirm.
"Die Untersuchung ist durch meine Kr?fte etwas einfacher als normal,
denn ich kann auch einzelne Zellen bewegen." Frau Schneider navigierte
zu einer Zelle und zeigte uns dann kleine Teilchen in der Zelle, die
wie Reisk?rnchen aussahen. "Leider ist die Aufl?sung begrenzt, aber es
geht ja auch nur um die Anzahl. Und selbst ohne zu z?hlen kann man
schon sagen, dass es sehr viele sind, viel mehr als in einem normalen
Blutk?rperchen."
"Und das ist der Beweis, dass ich zum F?lk geh?re?"
"Ja. Es ist der einzige Beweis, der mit heutiger Wissenschaft m?glich
ist. Der Rest, etwa wie unsere Kr?fte funktionieren, ist nicht
erkl?rbar. Es liegt im Dunkeln."
"Aber wenn m?nnliches Erbgut aussortiert wird, wie kann dann das
passieren, was mir passiert ist?"
"Das kann ich dir nicht sagen. Ich bin auch kein Wissenschaftler. Wir
werden weitere Untersuchungen machen, von kompetenteren Leuten. Dann
erfahren wir vielleicht mehr. Aber das wird dauern."
Mittlerweile hatte sie das Bild neu eingestellt. "Hier kann man die
Chromosomen sehen. Dies und dies sind jeweils ein X-Chromosom."
Ich wurde bleich. "Das bedeutet, dass ich genetisch eine Frau bin."
"Genau. Ich wei? nicht, wie es fr?her war, aber es ist kein Y-Chromosom
zu sehen."
Ich schluckte. "Da keine Y-Chromosomen existieren, gibt es auch keinen
Weg zur?ck f?r mich?"
"Das ist nur einer der Gr?nde. Auch, weil du zum F?lk geh?rst, kannst
du kein Mann sein."
"Das muss ich erst einmal verdauen. Ich dachte die ganze Zeit, wenn ich
zu einem M?dchen werde, geht es auch umgekehrt."
"Das ist leider v?llig unm?glich. Ich wei? zwar nicht, warum man ein
Mann sein will, aber du wirst die positiven Seiten bald sehen.
Personen, die sehr nahe am urspr?nglichen F?lk sind, altern nur sehr
langsam und sind praktisch nie krank."
"Ich wei? nicht, ob mich ein paar Jahre l?nger als Frau wirklich toll
finde."
"Oh, es sind mehr als ein paar Jahre. Deine Mutter ist zum zweiten Mal
verheiratet und fast achtzig Jahre alt."
Ich riss die Augen auf. Mom nickte nur.
"Und, wie man sehen kann, bin ich genetisch n?her am urspr?nglichen
F?lk. Ich bin 173 Jahre alt."
Jetzt fiel mir die Kinnlade nach unten.
"Du bist genetisch noch n?her. Daher wirst du sehr alt werden k?nnen.
Vermutlich mehrere hundert Jahre."
"Wow!"
"Du solltest deine Transformation deshalb nicht als Problem, sondern
als Geschenk sehen und sehr dankbar sein."
"So langsam beginne ich das zu verstehen."
"Gut, das war es dann erst einmal. Mehr kann ich im Moment nicht
machen. Ich werde versuchen, dich schnellstm?glich an der Schule
anzumelden. Bis dahin bleibe so unauff?llig wie m?glich. Benimm dich
wie ein normaler weiblicher Teenager und nicht wie ein Mann. Du l?ufst
wie ein Bodybuilder."
"Da es keinen Weg zur?ck gibt, werde ich versuchen, es besser zu
machen. Aber was ist mit meinem Abitur?"
"Hmm, da gibt es vielleicht eine M?glichkeit. Wann sind denn die
Pr?fungen?"
"In rund zwei Monaten."
"Das ist kurz genug. So lange kann die Ausbildung an unserer Schule
warten. Es d?rfte wichtig sein, dass du im Einklang mit deinem K?rper
bist, sonst k?nnte es mit deinen Kr?ften schwierig werden. Ein paar
Monate Training scheinen mir angebracht, damit du das lernst, was
andere M?dchen mit achtzehn alles schon wissen."
Mir fiel die Rede von Mom ein und mir wurde ganz anders.
"Aber wie soll das mit dem Abitur funktionieren? Ich kann doch nicht
auf einmal als M?dchen auftauchen."
"Die Kraft, die praktisch alle vom F?lk haben, ist die Illusion. Es ist
auch die am leichtesten zu erlernende Kraft. Ich muss mit Berta reden.
Vielleicht kann sie dir einen Crash-Kurs geben."
"Ich verstehe nicht. Was f?r eine Illusion? Mom hat mir das mit einer
Gabel und einem L?ffel gezeigt, aber was hilft das?"
"Du kannst eine Illusion um deinen K?rper erstellen. Jeder wird dann
nur noch die Illusion sehen, und nicht deinen wirklichen K?rper. Nur
k?rperlicher Kontakt ist problematisch. H?ndesch?tteln ist kein Thema,
aber etwa im Fahrstuhl an deine Br?ste gedr?ckt zu werden, ist ein
Problem."
#
Berta, das war Frau Zahn. Mir kam sie eher vor wie Frau Mahlzahn. Sie
sah aus wie sechzig, und ich meine menschliche sechzig. Dazu hatte sie
ihre Haare in einem Dutt und war streng gekleidet. Sie repr?sentierte
die typische alte Oberlehrerin.
Und so benahm sie sich auch. Es war schon ein Wunder, dass sie nicht
sofort zur Rute griff. "Es ist unglaublich, wie sich die M?dchen von
heute kleiden. Kein Wunder, dass sie wie ein Mann aussehen wollen!"
Mom wurde sofort weggeschickt, um etwas Passendes zu kaufen.
W?hrenddessen machte Frau Zahn ein paar einfache Konzentrations?bungen
mit mir. "Hmm, da ist viel Kraft, aber du bist so was von ungeschickt!"
Ich traute mich nicht einmal zu st?hnen.
Nach einer Stunde war ich trotz der "einfachen" ?bungen schon fix- und
fertig. Und hatte einen Riesenhunger. Dann kam Mom zur?ck.
"Soweit geht es gerade so", meinte Frau Zahn. Das war anscheinend ein
Lob. "Machen wir eine Pause und essen etwas. Dann kannst du ordentlich
angezogen weitermachen."
Eine Stunde sp?ter war ich satt, aber f?hlte mich trotzdem extrem
unwohl. Ich trug eine wei?e, ziemlich steife Bluse mit leichten
Puff?rmeln. Dar?ber ein Kleid im Stil einer Tracht in einem dunklen
blau, das bis zu den Waden reichte. Zwischen den Br?sten gab es eine
Zierschn?rung. Es sah sehr altmodisch aus, und es war ein KLEID!
Frau Zahn hingegen war zufrieden. Aber gleich zu Anfang machte sie
klar: "Ich m?chte dich in nichts anderem hier sehen!" Diesmal konnte
ich ein Seufzen nicht verhindern.
#
Es war Wochenende, aber bei mir kam keine Freude auf. Seit Freitag war
Frau Zahn da, und ich hatte seither keine Hose mehr angehabt. Selbst
nachts schlief ich in einem altmodischen Nachthemd.
Aber es gab Fortschritte. Schon Freitagabend konnte ich das nachmachen,
was mir meine Mutter gezeigt hatte. Ich hielt eine Gabel in der Hand,
aber sie sah aus wie ein L?ffel. Als ich vorlaut sagte, dass ich ein
wenig stolz darauf war, musste ich damit zu Abend essen. Ein Desaster!
Samstag gelang es mir, meine mittlerweile bis zur Mitte des R?ckens
reichenden Z?pfe zu verbergen, ohne das es verr?terische Effekte wie
etwa Unsch?rfen oder Flimmern gab. Ja, Z?pfe! Geflochten und mit einer
Schleife am Ende zusammen gehalten.
Ich glaube, ich muss erz?hlen, was allein das bedeutete: Die Haare
wurden genau in der Mitte des Kopfes geteilt und ordentlich
durchgek?mmt, ohne irgendwelche R?cksichten. Es tat weh! Dann wurden
die Haare sehr fest zusammen genommen und angefangen zu flechten. War
das nicht eng genug oder zu unordentlich, dann musste von vorne
begonnen werden. Auch wenn die Z?pfe fertig waren, ziepte es st?ndig am
Kopf. Und lie? die Spannung nach oder sie entdeckte eine
Unregelm??igkeit, etwa das k?rzere Haare aus der Flechtung heraus
ragten, dann wurde sofort von vorne begonnen.
Und das war mein erstes wirkliches Erfolgserlebnis, als ich eine
Illusion um die Haare legte und sie nicht mehr sah, wenn die Z?pfe
nicht mehr straff waren. Ich hatte zwar immer noch Z?pfe, aber jetzt
taten sie nicht mehr weh. Deshalb hatte ich mich so angestrengt und
dadurch schnelle Fortschritte gemacht.
Als sie wieder die Z?pfe genau betrachtete und keine Fehler entdeckte,
dachte ich, es ginge wirklich nur um die perfekte Handarbeit.
Tats?chlich sah sie die Illusion und war sehr zufrieden, wie ihr Trick
mich zu schnellen Fortschritten gebracht hatte. Selbst bei schnellen
Bewegungen wirkte die Illusion absolut echt.
Abends sa? ich in einem professionell aussehenden Kost?m im Wohnzimmer.
Nein, nicht wirklich. Tats?chlich trug ich noch immer das
Trachtenkleid. Das Kost?m war eine Illusion. W?hrend Mom absolut
begeistert war, denn sie konnte das nicht, war Frau Zahn nur m??ig
zufrieden und meckerte laufend an etwas herum.
Sonntag sa? ich nur in BH und Slip bei Frau Zahn. Ich machte eine erste
Illusion, die wie mein alter K?rper aussah. Das Kleid st?rte dabei zu
sehr, so dass Frau Zahn widerstrebend darauf verzichtete.
Und ich erlebte zum ersten Mal, dass es nicht nur optische Illusionen
gab. Wenn ich nun sprach, dann h?rte es sich so an wie meine alte
Stimme.
Mittags hatte ich mein Kleid wieder an, das sich nun schon fast normal
anf?hlte. Ich musste durch den Raum gehen und trotz wehendem Rock die
Illusion einer normalen Jeans aufrecht erhalten. Gleichzeitig musste
ich reden, und nat?rlich die anderen Illusionen aufrecht erhalten,
etwas meinen alten Kopf, der ?ber mir schwebte. Ich war ja deutlich
kleiner geworden.
Beim Mittagessen hatte ich einen Hunger wie noch nie und a? drei gro?e
Portionen. Wohin das wanderte, war mir ein R?tsel. Eigentlich war in
meinem Bauch nicht genug Volumen daf?r.
Am sp?ten Nachmittag sagte Frau Zahn: "Ich muss mich jetzt leider auf
den Heimweg machen. Ich bin halbwegs mit dir zufrieden." Dann flimmerte
die Luft kurz um sie und auf einmal stand dort eine sehr attraktive
Frau Ende Zwanzig, mit langen blonden Haaren und strahlend blauen
Augen. "Denn wir haben das Lernpensum von drei Monaten in drei Tagen
erfolgreich durchgezogen."
Sie zwinkerte kurz mit den Augen und ging, w?hrend ich mit offenem Mund
v?llig verdattert dastand. Selbst dabei blieben meine diversen
Illusionen perfekt erhalten.
#
Montagmorgens in der Schule war ich reichlich unsicher. Ich hatte
laufend Angst, dass mir jemand zu nahe kam, und hielt deshalb meinen
Abstand. Einige Freunde reagierten mit Verwunderung. Ich erz?hlte etwas
von einer Erk?ltung und lie? die Illusion meiner Stimme rauer werden.
Damit hielten andere Sch?ler von selbst etwas Abstand.
Irgendwann fiel mir auf, wie leicht es mir fiel, selbst kompliziertem
Stoff zu folgen. Ich dachte an die Erkl?rung mit den Mitochondrien und
das es anscheinend zutreffend war. Ich konnte effektiver denken.
Deshalb konnte ich wahrscheinlich auch meine Illusionen aufrecht
erhalten und trotzdem dem Unterricht folgen.
Der einzige Unterschied zu fr?her war mein pl?tzlich gesteigertes
Interesse f?r meine weiblichen Mitsch?ler. Und jetzt nicht mehr aus
denselben Gr?nden wie fr?her. Ich sah mir die Kleider an, die oft genug
nicht anders waren als meine eigene neu gekauften Jeans. Die Shirts
waren meistens etwas verspielter und mit mehr Ausschnitt als meine. Was
mir aber vor allem auffiel, war das Makeup. Mindestens Mascara trugen
alle M?dchen, und viele auch einen Lidstrich. Daf?r war ich noch nicht
bereit, ebenso f?r den weit verbreiteten Schmuck oder h?here Abs?tze.
Einige M?dchen kleideten sich mehr sportlich als feminin. Ich
beschloss, dass ich ebenfalls ein sportliches M?dchen war. Ganz
speziell eines, das keine Trachtenkleider tr?gt. Ich ahnte noch nicht,
was auf mich zukam.
Nach der Schule war ich froh, wenn ich meine Illusionen fallen lassen
konnte. Auf die Dauer war das ganz sch?n anstrengend, was sich in
meinem Hunger zeigte.
Nach ein paar Tagen meinte meine Mutter: "So langsam m?ssen deine Hosen
in die W?sche." Ich zuckte uninteressiert mit den Schultern. Waschen
war nichts f?r M?nner. Mom missfiel das deutlich sichtbar. "Was ich
damit meine, du solltest langsam deine Sachen waschen."
Oh.
"Und deine Kleidung braucht dringend Zuwachs. Du kannst nicht nur mit
zwei Hosen auskommen. Ich werde etwas organisieren."
Ich zuckte erneut die Schultern. Solange es nicht mehr Trachtenkleider
waren...
#
Die Woche war schon fast vorbei. Soweit war alles problemlos gelaufen.
Nur n?chste Woche musste ich mir etwas anderes einfallen lassen als
eine Erk?ltung.
Freitag nach der Schule kam Mom in mein Zimmer. "Ich habe mit meiner
Tochter gesprochen."
"Tochter?"
"Aus meiner ersten Ehe. Du wirst sie kennenlernen. Aber sage deinem
Vater nichts davon. Er wird es nicht verstehen."
Ich nickte. Er w?rde das wirklich nicht verstehen.
"Sie hat auch eine Tochter, meine Enkelin. Sie ist siebzehn."
"Oh. Du hast eine Enkelin, die so alt ist wie ich?"
"Es ist nicht wirklich einfach, so lange Zeit kaum einen Kontakt gehabt
zu haben. Ich freue mich auf ein Wiedersehen."
"Ich verstehe."
"Sie kommt morgen. Ihr werdet das Wochenende zusammen verbringen. Erst
Einkaufen, dann wirst du bei ihr ?bernachten."
"?h... Das kommt reichlich ?berraschend."
"Es hat sich so ergeben. Du brauchst dringend Nachhilfe in
M?dchendingen. Sie ist die Richtige daf?r, denn ihre Kr?fte werden auch
bald erwachen. Sie wei? also, dass du zum F?lk geh?rst. Vor allem aber
ist sie ein Teenager. Ein WEIBLICHER Teenager."
"Ist ja gut. Ich hab's begriffen."
"Nein, hast du nicht. Du bist schon ?ber eine Woche ein M?dchen, und
machst keinerlei Fortschritte. Vor allem, weil du jeden Morgen in der
Schule in deiner alten Rolle bist."
"Ich schaue mir dort sehr genau an, was die M?dchen machen."
"Anscheinend hilft das nicht. Deshalb gibt es dieses Wochenende einen
Crashkurs. Du wirst schnell sehen, das Lena genau die passenden
Eigenschaften hat. Und au?erdem hilft mir meine Tochter finanziell, sei
also besonders nett zu ihr. Wir k?nnen nicht einfach so eine komplett
neue Garderobe bezahlen."
"Oh, f?r mich ist das kein Problem. Ich komme gut mit dem aus, was ich
habe."
"Du denkst immer noch wie ein Junge. Mit jedem Wort von dir bin ich
mehr ?berzeugt, dass ein bisschen mehr Weiblichkeit dringend n?tig
ist."
"Ich wei? nicht... Ich werde vermutlich so lange Leben, da ist das doch
wirklich nicht eilig..."
"Keine Diskussion mehr", meinte Mom mit ungewohnter Strenge. "Ich
erwarte, dass du Sonntag als ein normaler Teenager zur?ck kommst. Das
bedeutet: Schick angezogen, und zwar nicht mit einer Hose, und mit
Makeup."
Ich riss meine Augen vor Horror auf. "Das meinst du doch nicht
ernst...!"
"Doch!"
#
Samstag Morgen, acht Uhr. Also mitten in der Nacht. Mit ziemlich
schlechter Laune sa? ich beim Fr?hst?ck. Gleich w?rde Lena kommen.
Arghh...
Wie auf Kommando klingelte es. Mom lie? eine Frau in ihrem Alter und
ein M?dchen herein. Die Frau hatte ziemliche ?hnlichkeit mit Mom, die
Tochter... Schluck.
R?ckblickend w?rde ich sp?ter meinen, dass es doch gar nicht so schlimm
war. Aber zu diesem Zeitpunkt war das anders. Sie hatte einen Jeans
Minirock an und ein sehr verspieltes Shirt mit tiefem Ausschnitt. Ein
paar Zentimeter Bauch blieben frei. Dazu Riemchen-Sandalen mit einem
recht hohen Absatz, auf denen sie ziemlich elegant ging. Die Haare
waren blond, aber ganz offensichtlich gef?rbt. Der dunkle Ansatz war
deutlich zu sehen.
Am meisten wirkte jedoch das Makeup auf mich: Sehr viel Maskara und
schwarze Lidstriche. Dazu ein wenig blauer Lidschatten. Gerade so
wenig, dass es tats?chlich gut aussah. Und ein pinker Lippenstift, der
zu Finger- und Fu?n?geln passte.
Ein Schauer durchfuhr mich. Das wird das schlimmste m?gliche
Wochenende.
"Hallo ihr zwei", sagte Mom. "Kommt herein."
Ihre Tochter antwortete, "Ich fahre die zwei lieber erst ins
Einkaufzentrum. Dann haben wir mehr Ruhe."
"Ist recht. Dann bis gleich." Damit schob sie mich vor die T?r.
Im Auto sa? ich hinten neben Lena. Ich erwartete, dass ich jetzt eine
Kaugummiblase sehen w?rde und sie dann drauf los plappern w?rde.
Aber es gab keinen Kaugummi.
"Hallo, ich bin Lena."
"Mark."
"Ich verstehe. Du bist noch nicht lange ein M?dchen. Meine Mutter hat
mich darauf vorbereitet."
"Es ist alles..." Ich rang nach Worten. "Sehr ungewohnt."
"Ich kann es mir vorstellen. Du hast mein Mitgef?hl. Was ich wirklich
wissen will, wie ist es, ein Junge zu sein?"
Nach einem Moment Nachdenken meinte ich, "Viel einfacher als als
M?dchen. Alles ist viel komplizierter geworden."
"Ich h?re, du gehst immer noch als Junge zur Schule?"
"Ja. Ich will auf jeden Fall mein Abitur machen."
"Wozu? Ich meine, wenn du das Abitur gemacht hast, dann n?tzt es dir
nur etwas, wenn du deine alte Identit?t hast. Das macht keinen Sinn."
"Oh." Soweit hatte ich noch gar nicht gedacht. Schon in der ersten
Minute Gespr?ch stellte sie mich als Idiot hin. Soweit zum Thema dumme
Blondine.
"Ich kann mir gut vorstellen, was du empfindest. Und ich will dich zu
nichts ?berreden. Aber ich habe einen Vorschlag." Sie pausierte.
"Ja?"
"F?r zwei Tage vergisst du, was war. Du tust so, als ob du schon immer
ein M?dchen w?rst. Versuchst, einfach nur Spa? zu haben. Meinst du, du
schaffst das?"
Da brachte sie mich in eine schwierige Situation. Geht nicht, gab's f?r
mich nicht. Ich war stolz darauf, alle Probleme l?sen zu k?nnen. Und
jetzt sollte ich so etwas augenscheinlich Einfaches nicht schaffen?
"Ich denke, ich werde es versuchen."
"Versuchen reicht nicht. Du musst es wirklich wollen. Willst du ein
M?dchen sein, oder nicht?"
Die Frage verbl?ffte mich. Bis jetzt hatte ich mich einfach treiben
lassen, weder Richtung Frau noch bei Mann bleibend. Nun sollte ich auf
einmal eine Entscheidung f?r eines von beidem treffen.
Als ich nicht antwortete, meinte Lena, "Dir ist doch klar, dass du eine
Entscheidung treffen musst? Und jetzt geht es nicht darum, es f?r immer
zu machen, sondern nur f?r zwei Tage."
Ich f?hlte mich ziemlich in die Ecke gedr?ngt. Aber dann dachte ich
mir, dass dies ein guter Testlauf f?r eine endg?ltige Entscheidung
w?re. "Ja."
"Was hei?t 'ja'?"
"Die Antwort auf deine Frage."
"Sage es doch in einem ganzen Satz."
Ich brauchte tats?chlich Mut daf?r. Aber dann brachte ich es heraus:
"Ja, ich will ein M?dchen sein."
"Prima. Dann fange damit an, dass du wie ein M?dchen sitzt. Keine
breiten Beine, auch wenn du keinen Rock anhast!"
Ich zog die Knie zusammen.
"Wesentlich besser. Nun noch eines, bevor wir ankommen. Ich kann dich
nicht Mark in der ?ffentlichkeit nennen. Hast du einen neuen Namen?"
Ich sch?ttelte den Kopf.
"Gut dann w?hle ich einen aus. Ist ja nur f?r zwei Tage. Hmmm...
Celine. Ja, Celine passt zu dir."
"Celine? H?rt sich gar nicht so schlecht an."
#
Als wir im Einkaufszentrum ausgestiegen war, meinte Lena, "Und nun,
wohin zuerst? Ich wei?, du musst dein m?nnliches Ego loswerden. Also
einen Rock. Genauer gesagt, einen kurzen Minirock. Auf zu H&M!"
Nicht viel sp?ter trug ich einen ?hnlichen Rock wie Lena. Ich hatte
zwar schon ein paar Tage ein Kleid getragen, aber dies war anders. Dies
war... sexy.
In den n?chsten Stunden n?herte sich mein Aussehen immer mehr dem von
Lena an. Am meisten irritierte mich die Bluse mit Ausschnitt, in dem
ich von oben meine Br?ste sehen konnte. Es dauerte ein wenig, bis ich
begriff, dass andere Leute einen anderen Blickwinkel hatten und das
Dekollet? eher sehr zur?ckhaltend war.
Irgendwann fing es sogar an, Spa? zu machen. Meine Verklemmung l?ste
sich und ich musste immer mehr ?ber die Scherze von Lena lachen. Ich
merkte gar nicht, wie ich mich in einen typischen, viel kichernden
Teenager verwandelte.
So wurden die T?ten immer mehr, obwohl meine alte Kleidung
unzeremoniell in den M?ll gewandert war. "Wir k?nnen nicht so viel
tragen."
Nun kamen auch noch Schuhe mit hohen Abs?tzen dazu. Zu unserer beider
Erstaunen hatte ich schon im Schuhgesch?ft den Dreh heraus. Ich war
zwar noch nicht so elegant wie Lena, aber schnell auf dem Weg dahin.
Als wir dann abgeholt wurden, waren wir beide in unseren neuen Outfits
und mit unz?hligen T?ten bepackt. Ich hatte sogar ein Paar kleine
Ohrstecker, v?llig ohne Dazutun von Lena. Ich hatte einfach Spa? mit
meinem Aussehen zu spielen.
Nach einer viel zu kurzen Nacht kam am Sonntag ein weiterer gro?er
Schritt.
"Ich denke, heute ist ein super Tag f?rs Freibad!", sagte Lena.
"Freibad? ?h... Ich habe keine Badehose, ?h Badeanzug."
"Brauchst du auch nicht. Ich habe einen sehr sch?nen Bikini." Sie hatte
ihn schon in der Hand und wedelte damit vor meinem Gesicht.
"?h..." Ich musste mir dringend dieses ?h abgew?hnen. "Ist da ?berhaupt
Stoff dran, oder sind das nur ein paar Schn?re?"
"Du musst stolz auf deinen K?rper sein. Je weniger Stoff, desto gut."
Das erweckte die Aufmerksamkeit ihrer Mutter. "Lena, verdirb mir Celine
nicht. Diese Regel gibt es nicht. Zeig mir mal den Bikini", sagte sie
misstrauisch. Sie kannte wohl ihre Tochter.
"Spielverderber!", meinte Lena und streckte ihrer Mutter die Zunge
heraus. Die wiederum befand den Bikini f?r v?llig in Ordnung, ganz im
Gegensatz zu mir. Als ich ihn dann sp?ter im Freibad trug, f?hlte ich
mich wie in dem alten Schlager mit dem "Itsy Bitsy Teenie Weenie Yellow
Polka Dot Bikini".
Aber auch hier verlor meine Sch?chternheit bald und wir verbrachten
einen tollen Tag. Als ich zuhause abgesetzt wurde, hatte ich eines der
sch?nsten Wochenenden ?berhaupt verbracht. Ich hatte noch nie so viel
Spa? gehabt und so viel gelacht.
Mom war sehr zufrieden mit meinem Aussehen. Und mit meiner extrem guten
Laune.
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Montagmorgen machte ich Bestandsaufnahme von meiner Garderobe. Nur noch
eine Jeans, statt vorher zwei. Daf?r drei R?cke und ein Kleid. Meine
einzigen flachen Schuhe waren weg, daf?r zwei Paar mit kleinerem und
gro?em Absatz. Sehr sexy Unterw?sche und entsprechende Shirts und
Blusen. Ich war verloren. Hoffnungslos.
Vor allem ohne Schuhe f?r die Schule! Mit den hohen Abs?tzen konnte ich
nicht gehen, denn sie machten einen H?llenl?rm. Das ging nicht, auch
wenn sie niemand sah.
"Mom! Ich habe nichts zum Anziehen!"
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Als ich dann von der Schule zur?ckkam (mit Schuhen meiner Mutter) hatte
ich weniger gute Laune. Zum einen, weil ich einige Gewohnheiten viel zu
schnell angenommen hatte und peinlich gekichert hatte, zum anderen,
weil mir der Sinn der Schule immer weniger klar war.
Ich ging zu Mom und lie? meine Illusion fallen. Zu ihrem Erstaunen
hatte ich einen Minirock an und meine N?gel waren auch noch rosa
lackiert.
Erst verstand ich das falsch, denn ich dachte, sie meinte meine Z?pfe.
"Was? Lena findet meine Z?pfe s??, und im Freibad waren sie praktisch.
Sie hatte gestern selber welche."
"Och, nichts", wiegelte sie ab.
"Ach, du meinst den Rock? Ich habe nur eine Hose, und die ist dreckig.
Was soll ich sonst anziehen."
"Jaja, ich wei?. Du hast nichts zum Anziehen."
Ich wollte schon b?se werden, da sah ich ihr Grinsen. Nun musste ich
Lachen, und Mom stimmte ein.
"Mom, ich muss mit dir reden."
"Was... schon Liebeskummer?"
"MOM!!"
"Ist schon gut. Was gibt's?"
"Was macht es f?r einen Sinn, wenn ich mein Abitur mache, und es dann
nicht gebrauchen kann? Ich kann nicht mit Illusionen durchs Leben
gehen."
"Das ist keine einfache Frage. Du k?nntest sagen, du bist Transgender
und den Namen ?ndern."
"Daran habe ich auch schon gedacht. Aber das ist nicht wirklich eine
L?sung. Ich habe dann f?r immer ein Stigma. Zudem bin ich ja wirklich
eine Frau."
"Ich freue mich, dass du jetzt zu deiner Weiblichkeit stehst. Aber ich
f?rchte, ich kann kaum helfen. Wir sollten uns an den Rat wenden."
"Den Rat?"
"Die h?chste Autorit?t des F?lk. Nein, die einzige. Alle internen
Probleme werden vom Rat gel?st."
"Und du meinst, die k?nnen helfen? Wie viele vom F?lk gibt es
?berhaupt?"
"Hier in Deutschland ein paar hundert. Insgesamt einige tausend.
Generell in den n?rdlichen L?ndern mehr als im S?den. Ich werde den Rat
kontaktieren und fragen, ob sie helfen k?nnen."
"Und wie geht das?"
"Wie schon, ich rufe an."
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Sp?ter am Abend kam Mom zu mir. "Ich habe jemanden vom Rat erreicht.
Sie haben sich erst besprechen m?ssen, deswegen hat es etwas gedauert.
Aber dann waren sie sich wegen der au?ergew?hnlichen Situation schnell
einig, deswegen habe ich ?berraschenderweise schon einen Beschluss.
Sie sind ausnahmsweise bereit, amtliche Dokumente zu manipulieren, was
sonst keinesfalls geht. Aber es gibt kaum eine andere M?glichkeit, denn
deine Transformation soll nicht publik werden."
"Das h?rt sich gut an."
"Sage das nicht vorschnell. Es gibt etliche Probleme. Was geschieht mit
dem alten Mark? Woher kommt auf einmal ein M?dchen, das hier wohnt?"
"Oh!"
"Aber das betrifft eigentlich nur die Nachbarn. Uns bleibt nichts
anderes ?brig, als umzuziehen. In der neuen Umgebung warst du schon
immer die Tochter."
"Aber das geht doch nicht so schnell. Und es kostet viel Geld."
"So schlimm ist das nicht. Du bist erwachsen und hast bald deinen
Abschluss. Dann wirst du sowieso nicht mehr lange bei uns wohnen. Dein
Vater und ich wollten uns dann eine andere Wohnung suchen, im Gr?nen.
Und nun bekommen wir die Chance, dass der Rat viele Kosten ?bernimmt.
So k?nnen wir uns etwas viel sch?neres leisten."
"Und wann soll das geschehen? Doch nach meinem Abitur?"
"Nein, das geht nicht. Bis jetzt existieren relativ wenige Daten von
dir. Du bist nie umgezogen und hast nicht die Schule gewechselt. Wenn
du das Abitur machst, produziert das viele Daten. Dann ziehst du hier
aus, gehst an eine andere Schule, beginnst dein eigenes Leben. Die
Menge an Daten explodiert regelrecht. Deshalb muss alles sehr schnell
passieren, sonst ist das nicht mehr in den Griff zu bekommen. Selbst
f?r Spezialistinnen mit besonderen Kr?ften."
"Und was sagt Paps dazu?"
"Ich habe schon mit ihm gesprochen. Er kann einen viel besseren Job
bekommen. Das macht die Entscheidung leicht."
"Dann ist ja eigentlich schon alles beschlossen?"
"Nein. Wir warten auf deine Entscheidung. Es geht hier nur um dich."
"Es gibt ja wohl kaum eine Alternative. Wenn ich nicht ohne jegliche
Identit?t sein will, kann ich nur das machen, was der Rat vorschl?gt.
Auch wenn alles viel zu schnell geschieht. Vor kaum zwei Wochen war ich
noch ein Mann..."
"Ich verstehe dich. Aber du scheinst wenig Probleme zu haben, wenn ich
dich so sehe. Im Minirock, mit Dekollet?, mit lackierten N?geln und
Z?pfen."
"Das sieht nach mehr aus, als es ist. Ja, ich bekomme nicht mehr die
Krise, wenn ich einen Rock sehe. Aber das ist nur kosmetisch.
Eigentlich f?hle ich mich immer noch nicht als M?dchen."
"Dann warten wir einfach ab. Zumindest deine K?rpersprache hat sich
ge?ndert, du wirkst nicht mehr wie ein Orang-Utan in Verkleidung."
"Das ist wohl das Werk von Lena. Sie hat mich so lange genervt, bis ich
immer die Beine zusammen genommen habe."
"Oh, es ist viel mehr als das. Vor allem dein Gang."
"Das k?nnen doch nur die hohen Abs?tze sein."
"Du hast im Moment keine an, und gehst trotzdem ganz anders -
weiblich."
"Ehrlich? Ist mir nicht aufgefallen."
"Weil es jetzt nat?rlich f?r dich ist."
Ich fing an zu ?berlegen, ob das nun gut oder schlecht war.
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Nun ?berst?rzten sich die Ereignisse. Mom war mit Packen besch?ftigt,
?berall standen Umzugkartons. Paps organsierte die neue Wohnung und den
neuen Job. Ich ging die letzten Male als Mark zur Schule - mit sehr
gemischten Gef?hlen. Alles, an was ich gewohnt war, w?rde bald weg
sein. Vor allem keine Freunde mehr, was mein gr??tes Problem war. Denn
ich konnte niemanden etwas erz?hlen. Aber ich tr?stete mich damit, dass
mit dem Abitur sowieso alles ein Ende gehabt h?tte.
Ich meldete meinen Ausweis und F?hrerschein als verloren. Wenn ich
wieder Papiere bek?me, w?rden sie ganz andere Bilder haben. Was w?re
eigentlich, wenn die Beh?rden von Illusionen w?ssten? Dann w?ren Bilder
wertlos.
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Am Freitag war mein letzter Tag als Mark. Ich f?hlte mich, als ob mein
ganzes Leben den Bach herunter ging. Das wurde noch verst?rkt durch die
unheimlich leere Wohnung. Meine Laune war auf dem Tiefpunkt.
"Celine?", sagte Mom. "Du schaust so bedr?ckt."
Der Name, den Lena mir gegeben hatte, wurde nun offiziell. Zu
irgendeinem Zeitpunkt hatte ich nicht protestiert, und nun was es mein
Name. F?r immer.
"Mein ganzes Leben h?rt auf! Wie soll ich da fr?hlich sein?"
"Ganz einfach. Ein neues, tolles Leben beginnt! Aufregend, mit
unglaublichen M?glichkeiten. Was willst du mehr?"
"Du hast ja recht. Aber lasse mich heute einfach in Ruhe Abschied
nehmen von meinem alten Leben."
Morgen w?rde ich in ein Wohnheim einziehen. Ein Wohnheim nur f?r
M?dchen! Ich konnte mir noch nicht vorstellen, wie das funktionieren
w?rde. Aber dort w?rde ich bleibe