Title: Ich Bin Ich
Authors Name: Katrin Elisabeth
Text File Name: ichbinich.txt
Male Name: Daniel
Changed Name: Daniela
Other Names: Tina
Synopsis: Daniel wird von seiner juengeren Schwester dazu ermutigt, einen
ihr nicht passenden Rock mal anzuprobieren. Aufgrund seiner eigenen
Neigungen und mit Hilfe seiner Schwester entwickelt er den Mut, als Bub
Maedchenbekleidung zu tragen. Wird er jedoch von Fremden als Maedchen
wahrgenommen, so ist ihm dies auch recht.
Categories: Crossdressing / TV, Foreign Language, Misc Stories,
Keywords: Autobiographical
Age: Teenager 13-18
Rating: G
Complete: yes
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New Author: no
Comments they made:This is is the story of how a boy developed the
courage to wear girl's clothes as a boy. Now if strangers believe him to be a
girl that's alright with him too.
Ich Bin Ich
Autor: Daniel (13) (bzw. "X" bzw. Katrin Elisabeth)
Copyright (C) (abgekupfert von Debbie Sanderson):
"Feel free to pass it around, archive it, repost it...
Please don't alter it, or charge for it.
Thanks."
Auf Deutsch (quasi woertlich uebersetzt):
"Nimm dir die Freiheit und reiche die Geschichte herum,
speichere sie, schicke sie weiter... Bitte aendere sie aber nicht,
und verlange fuer sie auch kein Geld.
Danke."
ICH BIN ICH
Ein bockiger, sturer, ruecksichtsloser, unverschaemter, gedankenloser,
frecher, altkluger, hochnaesiger, ueberheblicher, eingebildeter mit
uebertreibenem Selbstbewusstsein ausgestatteter vorlauter junger Bursch
waere ich, wenn ich mal die meisten Charaktereigenschaften in einem Satz
unterzubringen versuchen wuerde, die man mir in den letzten Monaten so
an den Kopf geworfen hat.
Was mich sehr freut, das ist Mama's Faehigkeit, nun endlich nach ueber
einem Jahr sich mit mir wieder in unserem Dorf ohne Hemmungen sehen
zu lassen. Und Papa? Na ja, den nerven zwar so bloede Bemerkungen wie,
"tun Sie was dagegen, wenn Sie nichts tun, dann wird Ihr Sohn sicherlich
noch schwul", aber an sich ist er glaube ich sogar ein wenig stolz darauf,
dass sein Sohn sich von der Gesellschaft dermassen wenig vorschreiben
laesst. (Wuerde er aber mir gegenueber nie zugeben.)
Uebrigens habe ich mir aus Liebe zu meinen Eltern -- und aus Liebe zu mir
selbst :-) -- mein Haar wachsen lassen. Erst hat das besonders Mama schon
gar nicht gefallen obwohl deren Tochter und somit meine 2 Jahre juengere
Schwester davon durchaus begeistert war und noch immer ist. "Nicht das
auch noch!", ich habe den Stoehnerer meiner Mutter noch immer so in den
Ohren als haette sie das gestern zu mir gesagt. Daweil ist das jetzt schon
etwa eineinhalb Jahre her. Und ihr Blick damals! Sie hat mir direkt etwas
Leid getan.
Von unserer Umgebung hat's sowieso sofort jeder gewusst. Ebenso die
gesamte Verwandtschaft. Das hat sich rumgesprochen wie ein Lauffeuer.
Und meine Eltern hatten Erklaerungen ueber Erklaerungen,
Entschuldigungen ueber Entschuldigungen abzugeben. Mein Papa wuerde
mich zu wenig zu einem Mann erziehen, und er wuerde sich zu wenig um
die Erziehung seines Sohnes kuemmern, wurde ihm vorgeworfen. Mir
wuerde dadurch das maennliche Vaterbild fehlen. Meine Mutter und meine
Schwester dagegen waeren viel zu wenig weiblich, so dass ihr Sohn, also
ich, die fehlende Weiblichkeit in unserer Familie zu kompensieren
versuchen wuerde. Und so weiter und so fort. Es war eine ziemlich
anstrengende Zeit. Das war dann eben auch so die Zeit, in der mir von
meinen Eltern Egoismus und Ruecksichtslosigkeit vorgeworfen worden
war. Die Lust, ein Familienfest bzw. Verwandtschaftsfest zu besuchen, die
ist ihnen zu jener Zeit fast vergangen. Dadurch, dass sie mein Verhalten
staendig ueberall zu entschuldigen versucht haben waren meine Alten ganz
schoen im Stress. Inzwischen jedoch hat sich das Ganze einigermassen
normalisiert. Klar werde ich noch immer als Alien von vielen gesehen, klar
gibt es viele, die mit mir gar nichts zu tun haben wollen und mich nur aus
der Ferne beobachten. Aber da bin ich mir sicher: So manche beneiden
mich um mein Selbstbewusstsein und meine Sturheit oder auch nur um
meine Eltern.
"Der wird's mal schwer haben, wenn er jetzt schon so egozentrisch ist." Mit
solchen und aehnlichen Saetzen muessen meine Eltern und ich leben. Es
kommt somit schon noch immer vor, dass eines meiner Elternteile
gelegentlich seinen aufgestauten Frust mir gegenueber nicht ganz verbergen
kann. Doch kurz darauf tut ihnen ihre Reaktion Leid und sie entschuldigen
sich in der Regel fuer ihr unueberlegtes, mich noch zusaetzlich belastendes
Verhalten.
Manchmal habe ich den Eindruck, ich wuerde von meinen Eltern als
"kranke Person" wahrgenommen werden. Meistens nicht, aber eben doch
manchmal. Um nicht letztlich fuer alles Schuld zu haben, sind meine Eltern
mit mir auch schon mal zu einer psychologischen Kapazitaet in
irgendeinem Uni-Krankenhaus gefahren. Genauer gesagt waren wir da dort
schon zweimal. Doch der findet mein Verhalten scheints eher amuesant.
Mir kommt's gar so vor, als wuerde dieser Professor Doktor Soundso mit
mir glatt sympathisieren. Er findet mich zwar im Sinne der 'Normalos'
ungewoehnlich aber in gewisser Weise auch beeindruckend, denn ich passe
seiner Meinung nach weder in die Schublade TS noch in die Schublade CD,
und lege wohl eine solche Souveraenitaet (dank der Rueckendeckung durch
meine Eltern und vieler Freunde) an den Tag dass er um meine psychische
Stabilitaet nicht fuerchtet. Da kann ich nur sagen: 'Danke fuer Ihr
Vertrauen!' "Nur sehr wenige Buben gibt es, die ihr Freiheitsbestreben so
dauerhaft und so deutlich zum Ausdruck zu bringen in der Lage sind.",
meinte er unter anderem so am Schluss unseres zweiten Besuchs bei ihm.
"Seien Sie stolz auf Ihren Sohn! Er ist was Besonderes!" Das war Ende der
letzten Sommerferien.
In der Schule war ich in diesem Schuljahr bereits mehrmals so gekleidet,
dass die Pausen fuer mich ziemlich abenteuerlich verliefen. Egal ob nun in
Hemd, Krawatte und Hose mit Buegelfalte oder in Pulli, Rock und
Strumpfhose, immer war der Pausenbesuch ein Spiel mit den Nerven.
Dabei kommt dann auch noch hinzu, dass ich ja nicht weiss, welche Lehrer
an welchem Tag Pausenaufsicht haben. Da gibt's die einen, die mich am
liebsten unter ihre Fittiche nehmen wuerden. Aber ich bin ja kein
Muttersoehnchen. Und dann sind da die anderen, bei denen ich mir nicht
ganz sicher bin, ob sie's nicht vielleicht gar fuer sinnvoll hielten, dass ich
mal heimlich von anderen geschlagen werde. Diese Leherer wuerden das
natuerlich dann quasi gar nicht bemerken.
Ob ich gute Freunde in der Schule habe? Sagen wir's mal so: Bei den
netten, sympathischen Schulkameraden, da werde ich von allen gemocht,
egal ob nun Bub oder Maedchen. Von den "lauten" Buben dagegen werde
ich gemieden und fuehle mich von ihnen manchmal sogar bedroht.
Aehnlich ist es mit bestimmten Maedchen, welche mit den "lauten" Buben
in meinen Augen fuer unser Alter bereits zu viel zusammenstecken.
Eigentlich stehe ich ja mehr auf Maedchen. Dennoch haenge ich auch sehr
viel mit Buben rum, oder wie man da sagt. Nein, ich bin nicht schwul,
glaube ich zumindest nicht. Aber es ist einfach so, dass ich bei den Buben
eher die Interessen finde, die auch ich habe. Teilweise jedenfalls.
Ganz anders sieht's natuerlich aus, wenn ich mit jemandem ueber's Naehen
sprechen moechte. Da aber habe ich dann wirklich Probleme, eine
gleichgesinnte Person zu kontaktieren. Selbst meine Mama ist da nicht so
fit, wie ich's mir manchmal wuenschen wuerde. Aber wofuer gibt's
Cousinen und Tanten? ;-)
Ich liebe es (manchmal) im Rock in die Schule zu gehen. Denn es gibt doch
nicht's Schoeneres, als unsere spiessige Gesellschaft vor den Kopf zu
stossen. Ja ja, vielleicht ist es diese Denkweise von mir, die mir so
Eigenschaftswoerter wie "ruecksichtslos, ueberheblich und unverschaemt"
hat zukommen lassen.
"Bis er mal voll auf die Nase faellt!", hat mal jemand zu meinen Eltern
gesagt. Wenn man dabei dann noch an gewaltbereite Gruppierungen bei uns
in Deutschland denkt, so koennte man solch eine Bemerkung gar als eine
Drohung interpretieren.
Ja, bis ich mal wirklich auf die Nase falle. Ein bisschen Angst habe ich da
tatsaechlich auch. Und bei ein oder zwei Lehrern bin ich mir auch gar nicht
so sicher, ob die sich nicht insgeheim die Hitlerzeit zurueckwuenschen.
Nach aussen hin, wenn sie von vielen gesehen werden, da sind sie
natuerlich die braven anstaendigen Beamten. Dennoch meide ich es --
besonders wenn ich maedchenhaft gekleidet bin -- mit bestimmten
Menschen allein in einem Raum zu sein. Man weiss ja nie. Je schwaecher
bzw. je labiler und selbstunsicherer und je duemmer Menschen sind, umso
[oesterreichische Schreibweise] gefaehrlicher sind sie in meinen Augen.
Vor allem dann, wenn ihr Hirn mit dem Wachstum ihrer Muskulatur nicht
schritthalten konnte. Das zum Thema 'braune Farbe'.
Und dann gibt's aber auch noch eine andere mich beaengstigende Gruppe
von Menschen. Das ist die traditionsbewusste, katholische, laendliche
Bauern(?)-Bevoelkerung. Einige davon sind so richtig typische 'hau-ruck,
hau-drauf Typen'. Die kennen nur ihr Ross, ihren Pflug und diese
unmoeglichen weissen langen Unterhosen unter ihren Bundhosen. Ach ja,
und dann auch noch diese Haferlschuhe. Ich weiss nicht, aber ich glaube,
diese Art von Bekleidung macht solche Menschen irgendwie engstirnig --
um nicht ein noch negativeres Wort zu verwenden. Es ist erst ein paar Jahre
her, da wurde ich mal vom VATER eines damaligen Freundes ausgelacht,
als ich mir meine Winterstiefel anzog und er merkte, dass ich unter meinen
Kniestruempfen eine lange weisse Unterhose anhatte. Na ja, heutzutage
koennte er mich diesbezueglich nicht mehr auslachen. Ich trage naemlich
keine langen Unterhosen mehr. Ein weiterer Grund, warum er mich nicht
mehr auslachen kann: Sein Sohn hat den Kontakt zu mir total abgebrochen,
nachdem er von seinem Vater mal wegen der Beziehung zu mir mit einem
Guertel geschlagen worden war.
Ach was soll's? Ob nun rechtsradikal oder traditionsbewusst. Fuer mich
verschwimmen diese Begriff ein wenig. Denn der Mensch, dem diese
Charakterseigenschaften zuzuordnen sind, der zeichnet sich grundsaetzlich
noch durch weitere mich stoerende Eigenschaften aus: engstirnig,
unflexibel, begriffsstutzig, weltfremd. Dabei ist es uebrigens egal, ob einer
nun Akademiker ist oder Kaminkehrer. Ich finde sogar die Akademiker
dieses Menschenschlags noch wesentlich gefaehrlicher als die weniger
gebildeten Typen, denn die Studierten sind in unserer Gesellschaft
anerkannter, einflussreicher und somit auch gefaehrlicher.
Ja, ich glaube, meine Eltern haben etwas Angst um mich. Denn sie wissen,
dass ich des Oefteren bei Leuten anecke und das, obwohl ich eigentlich ein
sehr ruhiger, zurueckhaltender, oft fast ein bisschen schuechtern wirkender
Jugendlicher bin. Ich ecke einfach schon dadurch bei manchen Menschen
an, dass ich sie allein aufgrund meines Auftretens mit ihren eingefahrenen,
veralteten Denkweisen konfrontiere.
In der Schule einen Rock zu tragen, das strengt etwas an. Hiermit sei dies
von mir zugegeben. Daher trage ich auch nicht jeden Tag einen. Aber wie
war das doch noch mal mit dieser Bierwerbung? "Nicht immer aber?.?.?."
Eigentlich hat sich bei uns in der Familie alles wieder recht gut
"normalisiert". Wobei ich hiermit ganz deutlich meiner Schwester Tina
dafuer 'danke schoen' sagen moecht, dass sie in diesen letzten doch etwas
anstrengenden eineinhalb Jahren IMMER zu mir gehalten und mich auch
anderen gegenueber grundsaetzlich verteidigt hat. Sie stand sogar hinter mir
und versuchte mich manchmal zu troesten, wenn sie merkte, dass selbst
unsere Eltern mal wieder zu viel Frust von sich auf mich abgeladen hatten.
Daher hiermit ein ganz, ganz groesses Dankeschoen:
ICH LIEBE DICH, TINA!
---
Ich bin ich,
zumindest seit gut einem Jahr. Ach was, ich bin ich seit ich ich bin.
Eigentlich habe ich mich nie (radikal) geaendert. Auch nicht vor eineinhalb
Jahren als Tina zu mir sagte: "Dann zieh halt du ihn an, wenn er dir schon
so gut gefaellt!"
Oh Mensch hey, ja genau, so hat damals alles angefangen. Es muss im
April oder so gewesen sein. Tante Gabi kam damals mit ihrer Tochter
Andrea kurz bei uns vorbei und brachte uns Kleidung, die Andrea nicht
mehr passte. Tina bekam daraufhin von Mama den Auftrag, den ganzen
Waeschepacken mal durchzusehen und zu entscheiden, was sie davon gern
haben wuerde. Daraufhin gingen Tina und ich in unseren Abstellraum,
packten gemeinsam den alten Monitorkarton vollgefuellt mit Andreas Ex-
Bekleidung und schleppten diesen in ihr Zimmer. Dort setzte ich mich auf
Tinas Bett, das tagsueber genauso wie meins zu einer Couch hergerichtet
ist, und sah ihr beim Wuehlen zu. Es machte mir grossen Spass, ihr
zuzusehen. Man kann wirklich sagen, dass das was da ablief ein wenig in
Richtung Modeschau ging. Auch Tina schien mein Interesse an ihr und
ihrer Show gut zu gefallen. Manches von dieser uns gebrachten Bekleidung
war Tina einfach noch zu gross. Eigentlich kein Wunder, ist unsere Cousine
ja doch 3 Jahre aelter als Tina. Aber das, was da alles in dem Karton war,
das war immerhin eine Sammlung von Bekleidung ueber einen Zeitraum
von mehreren Jahren.
Na, jedenfalls fuehrte mir Tina dann auch mal einen etwas mehr als
knielangen dunkelblauen Jeansrock mit Reissverschluss vorn vor, der am
unteren Rockrand rundherum ein nettes, buntes, aufgesticktes
Blumenmuster aufwies. In diesen Rock verknallte ich ich mich auf Anhieb.
Doch Tina war er einerseits zu weit und andererseits steht sie eigentlich
nicht auf Roecke bzw. Kleider. Das tat mir sehr leid. Mein Schmollmund
schliesslich brachte Tina dazu, die Herausforderung auszusprechen, die bei
mir bzw. uns inzwischen geradezu alles veraendert hat: "Na, wenn er dir
schon so gut gefaellt, warum ziehst du ihn dir denn dann nicht selbst an? Na
komm schon, trau dich! Der beisst nicht! Sei kein Feigling!"
Eigentlich wollte ich nicht. Und eigentlich auch schon. Eigentlich schaemte
ich mich -- schon allein dass sie mir diesen Vorschlag unterbreitet hatte.
Und eigentlich auch wieder nicht. Es war ein Nervenkribbel. Faszination
und Begeisterung stiegen in mir hoch. Dass ich ihn ja eigentlich auch selbst
wuerde anziehen koennen, daran hatte ich ehrlich gesagt noch gar nicht
gedacht. Aber die Idee fand ich schon irgendwie toll. Noch dazu stand
meine Schwester schliesslich hinter mir. 'ICH wollte ja nicht. Meine
Schwester hat das von mir verlangt und so ...'
Also entledigte ich mich meiner Jeans und zog mir den Rock an. Er passte
perfekt. Aber war eigentlich klar. Fuer Tina war er etwas zu weit und ich
bin ueberhaupt bezogen auf meine Koerpergroesse und mein Alter
ungewoehnlich schlank. Da ich bisher meine Jeans immer auf der Huefte
trug empfand ich den fuer die Taille geschnittenen Rock etwas ungewohnt.
Aber Tina meinte, das waere schon richtig so. So was wie Guertelschlaufen
gab's nicht. Aber Guertel nerven mich sowieso immer an meinen Jeans.
Allerdings sind die an meinen Jeans notwendig, denn sonst wuerde mir
jede Hose, die von der Laenge her OK waere, zu den Knien runterrutschen.
Doch wie gesagt, der Rock passte mir (laut Tina) perfekt.
Mein Schmunzeln ging damals sicherlich in Richtung "beschaemt sein",
doch genoss ich auch die Aufmerksamkeit, die ich von meiner Schwester
bekam. Sie jedenfalls war hellauf begeistert und wollte mich als ihre neue
Schwester gleich Mama vorstellen. Davon aber hielt ich gar nichts. Denn
vor dem Spiegel in ihrem Zimmer stehend sah ich kein Maedchen sondern
einen Daniel in einem Rock. Nicht laecherlich, aber ganz eindeutig auch
nicht maedchenhaft.
"Dann muessen wir das eben noch aendern!", forderte Tina. So faszinierend
ich diese Idee und Tinas Interesse an meiner Transformation auch fand, ich
war der Meinung, und das sagte ich damals auch Tina, dass wir damit
unsere Eltern dann doch etwas ueberfordern wuerden.
Ueberhaupt wollte ich mich Mama gegenueber in meinem(?) Rock nicht
vorstellen. Ich wollte nicht sagen: "Hallo Mama! Schau, ich fuehle mich in
diesem Rock sehr wohl." Denn das waere schon wieder gegangen in
Richtung: "Ich weiss schon, ganz normal ist das nicht." Ich aber wollte ja
haben, dass das als ganz normal (zumindest von meinen Eltern) gesehen
wird. Also musste ich so tun als waere alles "ganz normal". Und nur so
nebenbei sollten meine Eltern merken, dass ich da einen Rock trug.
Meine Gedanken aeusserte ich Tina gegenueber. Daraufhin sah sie mich
eine Weile ganz komisch an. Schliesslich meinte sie: "Mensch Dani, habe
ich da einen Bloedsinn gemacht? Mir kommt's ploetzlich so vor, als
faendest du das Ganze gar nicht so sehr als Spass wie ich mir das gedacht
habe. Ich glaube fast, du fuehlst dich in diesem Rock hundertmal wohler als
ich mich jemals in so einem Kleidungsstueck gefuehlt habe."
"Schon allein wie du gerade auf meinem Bett sitzt. Merkst du's? Ich sitze
im Schneidersitz vor dir. Und du? Mensch Dani! Na da bin ich ja neugierig,
wie das nun weitergeht!"
Waehrend sie so mit mir sprach meditierte ich mit dem Muster ihrer
Couchdecke und wagte nicht meine Schwester anzusehen. Tina war doch
erst 10! Na gut, in einem Monat wuerde sie 11 sein, aber immerhin, sie war
doch noch ein Kind. Und doch sah sie was in mir, was auch ich in mir
wahrnahm, aber eigentlich am liebsten unterdrueckt und fuer alle anderen
verborgen gehalten haette. Doch Tina, die sah mich an und schien meine
Gedanken und Gefuehle von mir ablesen zu koennen als waere ich ein
aufgeschlagenes Buch. Direkt unheimlich.
"Hey Dani! Ich find's OK! Der Rock sieht nett bei dir aus. Bloss vielleicht
momentan ein bisschen zu kalt."
"Nein, ist er nicht.", verteidigte ich ihn sofort.
"Meinst du? Na, ich weiss nicht recht. Normalerweise waere es jetzt
sinnvoll, dass du eine dazupassende Strumpfhose anziehst. Aber
Stumpfhosen habe ich hier keine in der Schachtel gefunden."
"Strumpfhosen sind fuer Maedchen", sagte ich ganz leise.
"Wie bitte?!", fragte Tina nach, "so ein Schmarrn, es gibt meiner Meinung
nach auch Bubenstrumpfhosen.
"Ja, weiss ich schon, aber die gefallen mir gar nicht.", klagte ich.
"Aber so Strumpfhosen wie sie viele Maedchen tragen, die wuerden dir
schon gefallen, oder?"
Ich bestaetigte dies mit Nicken, sah dabei Tina aber noch immer nicht an.
Wer von uns war denn nun die juengere Person? Tina oder ich? Ich kam
mir winzig vor. Und Tina, das war hier gerade die grosse, selbstbewusste,
alles unter Kontrolle habende Schwester. Mensch, so klein hatte ich mich
meiner Schwester gegenueber noch nie gefuehlt. Mir war heiss und kalt
gleichzeitig. Heiss vermutlich wegen meines roten Kopfes und kalt, weil ich
wohl doch etwas zu wenig anhatte. Ja, eine Strumpfhose dazu, das waere
sicherlich das hoechste der Gefuehle gewesen. Aber Tina, hatte die
ueberhaupt welche? Das letzte Mal habe ich sie glaube ich an Weihnachten
in einem Kleid mit Feinstrumpfhose gesehen. Tina kann Roecke, Kleider
und Strumpfhosen nicht ausstehen. Ach waere ich doch Tina. Dann wuerde
ich mich absolut total maedchenhaft kleiden, unsere Mama wuerde nicht
immer wieder mal an dem manchmal doch zu extrem bubenmaessigen
Outfit meiner Schwester rumnoergeln muessen und ich koennte gluecklich
sein.
"Vielleicht hat Mama eine fuer dich passende Strumpfhose", ueberlegte
Tina.
"Nein, ich will keine Strumpfhose von Mama!", wehrte ich sofort ab.
"Du willst wirklich keine Strumpfhose zu deinem Rock?", erkundigte sich
Tina.
Habe ich mal kurz hochgesehen? Na jetzt jedenfalls meditierte ich mal
wieder mit Hilfe meines Fingers auf Tinas Tagesdecke herum und gab
weder ein "ja" noch ein "nein" zum Ausdruck.
"Eigentlich willst du schon eine Strumpfhose zu deinem Rock, stimmt's?",
erkundigte sich Tina in ihrer Vermutung durch mein Verhalten etwas
bestaetigt. 'Dein Rock', also 'mein Rock', wie das klang! Pervers? Fuer
manche wuerde das sicherlich pervers klingen. Aber fuer mich? 'Mein
Rock', es klang nach Erfuellung aller verborgenen, geheimgehaltenen,
unterdrueckten Traeume, die ich jemals hatte. (Aber eigentlich hatte ich gar
nie davon getraeumt.)
Nein, nie hatte ich den Wunsch, die Kleidung unserer Mama anzuprobieren.
Der Stil war zu alt. Die Kostueme, die Mama hatte und auch fast nie trug,
die waren zu trachtenmaessig, zu traditionell. Und ihr einziges(?) Kleid, das
schrie geradezu 'KIRCHWEIH' und 'FRAU MIT BUSEN'. Das war nichts
fuer mich. Damit konnte ich mich nicht identifizieren.
"Kauf dir doch am Montag eine fuer dich passende Strumpfhose!", schlug
Tina ploetzlich vor. Jetzt sah ich sie an. "Wie bitte? Wie stellst du dir das
vor? Du meinst, ich sollte einfach in ein Geschaeft hineingehen und sagen,
ich braechte fuer mich eine Strumpfhose weil mir mein knielanger Rock
momentan ohne etwas drunter noch zu kalt ist? Du bist ja gut. Die werfen
mich hochkant hinaus und beschimpfen mich als Perversling und
Schwuchtel!"
Tina sah mich bekuemmert an. "Weisst du was, Dani? Ich bin froh, dass
ich kein Bub bin. Zwar mag ich eh keine Roecke und Strumpfhosen, aber
zumindest habe ich die Freiheit, anzuziehen was immer ich will, ohne mir
darueber Gedanken machen zu muessen, ob mich andere nun fuer pervers
halten oder nicht.
"Wie waere es, wenn wir am Montag gemeinsam zum Einkaufen gehen
wuerden? Natuerlich zahlst du! Aber du waerest beim Aussuchen mit dabei
und koenntest so tun als gingest du nur mit mir mit." Die Idee gefiel mir
ganz gut.
"Na komm, sei so gut und zieh dir jetzt wieder deine Hose an. Ich merke ja
schon die Gaensehaut auf deinen Beinen.", empfahl mir Tina.
"Du meinst, ich sehe bloed aus in einem Rock, oder?", befuerchtete ich.
"Bloedsinn! Ich will bloss nicht dass du krank wirst. Und wenn Mama dich
so sieht, dann wird sie vielleicht nicht mal wegen dem Rock sauer, sondern
weil du viel zu kalt angezogen bist. Du aber beziehst dann ihre
Veraergerung voll auf dein Rocktragen, und dann geht das alles einen
voellig falschen Weg."
Verstand ich irgendwie. Aber den Rock auszuziehen, das tat schon sehr
weh. Warum eigentlich?
Gerade als ich meinen Guertel meiner Jeans schloss, das kam Mama ins
Zimmer herein und sah nach, wie weit Tina waere. Ausserdem hatte sie
festgestellt, dass es die letzte Zeit ziemlich ruhig war und das erstaunte sie
etwas. War Tina denn schon fertig mit dem Durchprobieren?
Als sie merkte, dass noch nicht mal die Haelfte des Kisteninhalts von Tina
angesehen worden war, da wunderte sie sich dann wohl doch, meinte aber
nur, dass Tina jetzt mal ein bisschen flotter machen solle.
"Und du, Daniel, du koenntest momentan sicherlich recht gut die restlichen
Eisplatten neben unserer Garageneinfahrt wegschlagen. Die Sonne hat sie
heute sicherlich vom Beton losgeloest."
"Ja, ich komm schon Mama", war darauf meine Antwort und ich verliess
Tinas Zimmer.
"Vergiss deinen Rock nicht!", fluesterte sie mir nach und kicherte dabei. Ich
verzog etwas mein Gesicht und bat sie, ihn mal vorlaeufig fuer mich
wegzuraeumen. "OK", schmunzelte sie, "also dann bis Montag
Nachmittag!" Und schon wieder ein Kichern.
Tags darauf am Sonntag vertraute ich Tina an, dass mir ganz einfach der
Mut dazu fehlen wuerde, am naechsten Tag mit ihr in ein Geschaeft zum
Strumpfhosenkaufen zu gehen. Ich merkte, wie sie von dieser Mitteilung
enttaeuscht war. "Dann koennen wir den Rock ja auch gleich zur
Altkleidersammlung geben", war ihre Reaktion. Doch mein blankes
Entsetzen haette ihr wohl fast ein Laecheln entlockt, waere ihr nicht bewusst
gewesen, wie ich unter der ganzen Situation litt.
"Darueber reden wir morgen nochmal", sagte sie in einem Ton, der so
richtig erwachsen und wissend klang. Ihr gegenueber kam ich mir richtig
wie ein Kind vor: Verstanden und geliebt -- aber auch etwas belaechelt.
Am Montag nach der Schule passte mich Tina an meinem Klassenzimmer
ab -- sie hatte fuenf, ich sechs Stunden -- und teilte mir mit, dass sie Mama
bereits angerufen haette um ihr zu sagen, dass wir heute noch gemeinsam in
die Stadtbuecherei gehen wollten, dies aber vergessen haetten, ihr in der
Frueh zu sagen. Ach ja, vielleicht sollte ich noch erwaehnen, dass wir beide
Fahrschueler sind, in einem Dorf 15km von unserer Schule entfernt
wohnen und Tina da zu jener Zeit bereits in der 5. Klasse Gymnasium und
somit ebenfalls schon Fahrschuelerin war. Zwar gehe ich nichts auf's
Gynasium sondern in die Realschule, aber so weit liegen unsere Schulen
nicht auseinander.
Tina war bester Laune. Ich wusste, was nun auf mich zukommen wuerde.
Taschengeld hatte ich extra mitgenommen, auch wenn ich eigentlich geplant
hatte zu kneifen und ohne Einzukaufen wieder heimzufahren. Es war auch
nicht direkt vereinbart, dass mich Tina von der Schule abholen wuerde.
Also ging's los. Zwar dachte ich, wir wuerden in eines der Kaufhaeuser
gehen, das aber wollte Tina nicht. Sie kannte da ein
Kinderbekleidungsgeschaeft in das Mama schon manchmal mit ihr
gegangen war. Ihre Erklaerung: Die Strumpfhosen in einem Kaufhaus, die
koenne man sich nicht offen ansehen. In einem kleineren Geschaeft aber, da
wuerden einem die Verpackungen der Strumpfhosen auf Wunsch auch
geoeffnet werden. 'Na super', so dachte ich. Das kann ja mal was werden.
Aber ich bin sowieso nur Zuschauer.
Haendchenhaltend betraten wir das Geschaeft. (Sonst haette ich vermutlich
vor Angst den Laden gar nicht betreten.) Als wir drinnen waren kam eine
Verkaeuferin auf uns zu und fragte, wie sie uns helfen koenne. Ich wusste
nicht wo ich hinsehen sollte, geschweige denn, was ich Unverfaengliches
sagen koennte. Tina haette wohl gern gehabt, dass ich meinen Wunsch
aeussere, das aber tat ich nicht. Ich lief vermutlich knallrot an und meinte
nur, dass ich nur wegen meiner Schwester da waere. Daraufhin grinste Tina
mich unverschaemt an und sagte, sie haette da einen dunkelblauen Rock
geerbt -- dabei holte sie ihn doch glatt aus ihrem Schulranzen heraus -- und
braeuchte nun eine nicht gar so dicke Strickstrumpfhose dazu. Da sie
persoenlich aber Roecke, Kleider und Strumpfhosen nicht ausstehen
koenne, wisse sie auch nicht so recht, welche Groesse diese SH haben
muesse.
"Wie gross bist du denn", fragte die Verkaeuferin Tina.
"151", war ihre Antwort, so dass ihr Strumpfhosen in der Groesse 146 und
152 gezeigt wurden. Die hier fallen etwas groesser aus, die koennten dir
auch passen. Ich kann sie schon mal oeffnen, und wenn du dann meinst, die
muesste es sein, dann darfst du sie auch mal anprobieren. Mir ist es lieber,
das machst du gleich hier im Geschaeft, als wenn dann euere Mama
nachher kommt und sagt, ich haette dir eine zu kleine oder viel zu grosse
Strumpfhose verkauft."
"Danke, vielen Dank!", war Tinas freundliche Antwort auf den Vorschlag
der Chefin dieses Geschaefts. Jedenfalls hatte ich den Eindruck, so wie sie
mit uns sprach, dass sie hier sehr viel zu sagen hatte. Ausserdem waren da
auch noch zwei juengere Angestellte, die eben ganz eindeutig nicht die
Chefs waren.
"Und, welche wuerde dir gefallen?", fragte mich Tina. "Psst!", machte ich
und unsere Verkaeuferin -- Chefin? -- fragte meine Schwester laechelnd, ob
ihr Bruder denn wirklich kleidungsmaessig so viel Einfluss auf sie
ausueben wuerde, wie sie momentan gerade den Eindruck bekommen
haette.
"Nein nein", laechelte Tina ihrerseits die Chefin an, "eher ganz im
Gegenteil". Mir wurde schon wieder heiss und kalt.
"Das finde ich dann aber nett von dir, dass du deinen Bruder bei der
Auswahl deiner Bekleidung so mitentscheiden laesst. So oft verstehen sich
doch heutzutage die Geschwister untereinander nicht. Da finde ich es mal
richtig schoen, bei euch zu merken, wie sehr ihr euch moegt."
Von dieser Bemerkung motiviert schlug ich schliesslich eine rote, leicht
gerippte Strickstumpfhose vor. "Meinst du wirklich?", fragte mich Tina
etwas zweifelnd.
"Nun, zu dem dunkelblauen Jeansrock wuerde die schon dazupassen", war
auch die Verkaeuferin der Meinung. Also hatte ich schon in gewisser Weise
Geschmack gezeigt. Jedenfalls hatte ich nicht danebengegriffen. Ausserdem
stellte ich mir dazu dann noch den einen beigen Pulli vor, den mir Mama
auf Weihnachten geschenkt hatte, und ich wusste eigentlich jetzt schon, wie
ich (im Spiegel) aussehen wuerde. Nur, die Strumpfhose wuerde mir
sicherlich zu klein sein. Aber vielleicht hatte Tina ja auch vor, die
Strumpfhose anzuprobieren und dann einfach zu sagen, dass sie ihr viel zu
klein waere, auch wenn sie ihr eigentlich etwas zu gross war. Ich hoffte
einfach. Tina wird's schon machen, da war ich mir fast sicher.
"Das schon, aber wissen Sie", erklaerte sie nun der Chefin, "ich fuerchte
einfach, dass unsere Mama als Nichtrocktraegerin wie ich ja auch eine bin
damit einfach etwas ueberfordert waere, wenn zu Hause ihr grosses Kind
ploetzlich im Jeansrock mit roter Strumpfhose auftauchen wuerde. Also,
ich bin mehr fuer so einen zurueckhaltenden Farbton wie 'beige'."
Das konnte doch nicht sein! Tina hatte mich in diesem Geschaeft total
blossgestellt. Zwar hatte sie nicht 'Daniel' gesagt, aber 'ihr grosses Kind'.
Und das war schliesslich ich. Am liebsten waere ich im Boden versunken,
unsichtbar geworden oder einfach gestorben.
"Also, ich glaube, deiner Mutter wuerde diese Kombination auch recht gut
gefallen. Noch dazu, wenn du sonst anscheinend sowieso ganz gern in
Hosen herumlaeufst. Oder, hat euere Mama was gegen die Farbe 'rot'?"
Sie hatte es nicht gecheckt! Habe ich etwa bis zu diesem Moment die Luft
angehalten gehabt? Ich weiss es nicht mehr. Und dann kam der naechste
Knaller: "Ja, vielleicht haben Sie recht. Diese Kombination ist wirklich recht
nett. Und warum sollte man auch so triste Farben immer verwenden. Der
Rock selbst ist ja auch schon recht dunkel. -- Aber nein trotzdem, was sagst
du dazu, Dani?"
Jetzt sollte ich was sagen! Wie sollte ich jetzt noch einen vernuenftigen Satz
zustande bekommen? Aber ich bemuehte mich und gab Tina Recht, dass
Rot dann vielleicht doch noch etwas zu gewagt waere. Das aber schien die
Verkaeuferin wieder nicht zu verstehen. "Na bitte, wenn ihr meint. Ich
kenne euere Mutter ja nicht. Obwohl, doch, ich glaube, ich kann mich an sie
erinnern. Du warst doch schon ein paarmal hier, nicht wahr?" Das
bestaetigte ihr Tina.
"Also, magst du die beige mal anprobieren?", wurde meine Schwester
gefragt. Daraufhin sie: "Wieso ich? Ich kann Roecke nicht ausstehen, und
Strumpfhosen noch viel weniger. Ich gebe hier Daniel doch nur
Rueckendeckung, weil er sich nicht allein traute, hier herzukommen."
Jetzt war's heraussen! Ich bekam ein Summen in den Ohren und wurde
vielleicht sogar etwas schwindlig. Ich war eh schon in der Hocke, weil die
Strumpfhosen so weit unten hingen. Ich weiss nicht was dann geschah.
Jedenfalls sass Tina ploetzlich neben mir auf dem Boden und umarmte
mich. "Alles OK?", war ihre Frage, die ich ganz aus der Ferne zu mir
durchdringen hoerte.
"Wieso! Wieso hast du mich so verraten!", klagte ich Tina an, als ich
wieder zum Sprechen in der Lage war.
"Ist doch gar nicht so schlimm!", meinte daraufhin Tina. "Was sollte denn
schon Grosses passieren. Und solltest du ausgelacht werden, NA UND?!
Ausserdem, die Chefin dieses Ladens hat sich bisher aeusserst hilfsbereit
und freundlich uns gegenueber verhalten. Noch dazu moechte sie ja was
verkaufen. Glaub's mir. Es passiert dir nichts! Komm mit kleiner Bruder",
und damit zog sie mich hoch, schnappte sich eine beige 164er und zog mich
hinter sich her zu der Verkaeuferin, die uns mal kurze Zeit alleingelassen
hatte.
"Und, was ist jetzt?", fragte sie nun doch etwas neugierig.
"Daniel probiert jetzt mal diese Strumpfhose hier. Er ist genau 164 aber wie
Sie sehen aeusserst schlank. Was meinen Sie, koennte die ihm passen?"
Ich stand nur daneben und liess alles ueber mich ergehen. Ich wagte
niemanden anzusehen. Ich wollte kein haemisches Grinsen auf irgendeinem
Gesicht wahrnehmen.
"Dann packe ich sie euch mal aus", meinte die Chefin. Da drueben gleich
die erste Kabine ist frei. "Hast du schon mal eine Strumpfhose getragen?",
wurde ich gefragt. Ich verneinte. "Na, dann komm ich wohl am besten mal
mit und zeige dir, wie man die anzieht, oder weisst du wie das geht wegen
deiner Schwester?"
Bevor ich was antworten konnte sprach Tina fuer mich: "Ja, bitte helfen Sie
ihm. Von mir kann er's kaum lernen. Ich trage ja so gut wie nie
Strumpfhosen."
Oh Mann, wie peinlich! Der fremden Frau gegenueber sollte ich mir meine
Hose ausziehen und mich dann in der Unterhose auf den Stuhl in der
Umkleidekabine setzen. Der Vorhang blieb offen. Tina stand schmunzelnd
draussen und die Chefin stellte sich neben mich, ging in die Hocke und
zeigte mir was vorn und hinten bei der Strumpfhose war und wie ich die
Strumpfbeine vor dem Hineinschluepfen zu schoppen hatte. Ich probierte es
wie es mir gezeigt wurde und bekam sofort einen Dreher ins Strumpfbein.
"Na ja, das ist Uebungssache, aber das kriegst du mit der Zeit schon hin.
Du bist zwar ein Bub, aber auch Buben koennen so was erlernen." Dabei
lachte sie ein wenig. So, und dann gibt's auch noch eine andere
Moeglichkeit, wie man Strumpfhosen anziehen kann. Schau mal her. Also,
Du laesst die Strumpfhose ganz normal runterhaengen, schaust, dass sie
nicht total verdreht ist, und dann schluepfst du mit deinem Arm ganz in das
Hosenbein hinein bis du vorn an der Zehenspitze ankommst. Um ganz vor
zu kommen schoppst du das Strumpfhosenbein so wie ich es dir gerade
vormache auf dein Handgelenk drauf. Und wenn du nun ganz vorn bist,
dann schlupfst du einfach mit deinem Fuss hinein und ziehst langsam von
unten beginnend das Hosenbein an deinem Bein hoch. Na, also dann
probier's mal."
Diese Methode hat bei mir auf Anhieb geklappt. Ich habe das Hosenbein
nicht verdreht, und als ich die Strumpfhose anhatte gratulierte man mir glatt
zu meinem Erfolg. Inzwischen gesellten sich auch die beiden anderen
jungen Verkaeuferinnen zu uns dazu, und das Ganze wurde fuer mich noch
viel peinlicher als ich es mir in meinen wildesten Traeumen jemals haette
vorstellen koennen. Da stand ich nun in meiner Strumpfhose halb
angezogen vor vier weiblichen Personen. Na ja, eigentlich zaehlte Tina
nicht.
"Also, so halb angezogen nehme ich dich aber nicht mit nach Hause.",
lachte Tina.
Was erwartete man denn jetzt von mir? Ich brauchte nicht lange auf die
Antwort warten, denn Tina hielt mir den mitgebrachten Rock hin und bat
mich, ihn anzuziehen. Nein, das ging nun doch zu weit dachte ich und
weigerte mich. "Ach komm schon! Trau dich halt hoerte ich jetzt die eine
junge Verkaeuferin sagen, und die Chefin meinte, so koenne ich wirklich
nicht rumlaufen. Da wuerden alle nur lachen und sagen, der hat wohl seinen
Rock vergessen. Nun musste aber ich schmunzeln. Denn das, das wuerde
sich sicherlich niemand denken.
Also zog ich ihn an. Ich wollte ihn ja sowieso mit dieser Strumpfhose
tragen. Warum nicht also gleich hier? Hier, wo man meinen Wunsch
anscheinend akzeptieren konnte.
"Der passt dir gut!", "hey super!", "toll, schaut stark aus!", waren die
Bemerkungen, die ich zu hoeren bekam. Tina laechelte mich nur an. Es
schien alles so zu laufen, wie sie es sich erhofft hatte. Sie, die doch
eigentlich meine kleine Schwester war!
Ich schaute mich im Spiegel an. Ja, gefiel mir ganz gut -- gefiel mir sehr
sehr gut. Nur mein Haar, das fand ich zu kurz, zu bubenmaessig, zu
machomaessig, einfach nicht so ganz dazupassend.
Tina rollte meine Hose zusammen und war drauf und dran, diese von einer
jungen Verkaeuferin einpacken zu lassen. "Hey ich brauche meine Hose!",
rief ich. Doch da lachten alle und Tina meinte nur: "Wofuer?"
Ja, wofuer eigentlich. Ich war komplett angezogen und zwar so, wie ich mir
selbst richtig gut gefiel. Ploetzlich fiel mir der letzte Rettungsanker ein: "In
meiner Hose ist mein Geldbeutel."
"Ach so ja, den habe ich gespuert", entgegnete Tina und holte ihn mir aus
der Hosentasche heraus. Meine Hose wollte sie mich gar nicht mehr
beruehren lassen.
Somit zahlte ich, wir bedankten uns fuer die freundliche Bedienung und
dann gingen wir. Das erste Mal so richtig im Rock unterwegs. Das war
einfach ein Wahnsinnsgefuehl! Beschaemt, feige, oder irgendwie solche
Worte passten in diesem Moment ueberhaupt nicht zu mir. Vier weibliche
Personen standen in gewisser Weise hinter mir. Und alle vier fanden mich
keineswegs laecherlich gekleidet. Das Wichtigste aber war: Ich fuehlte mich
total wohl und gluecklich. Ich strahlte und Tina schmunzelte. Ich umarmte
Tina und sie laechelte mich an. "Jetzt fehlt bloss noch ein Kuss, und dann
denken die weiter entfernt stehenden Leute, dass wir ein lesbisches Paar
sind.", warnte sie mich. Also liess ich sie wieder los. Was die Leute ueber
mich denken, das war mir ploetzlich egal. Aber meine Schwester wollte ich
da nicht auch noch mit hineinreiten. Wo hatte sie ueberhaupt dieses eine
'erwachsene' Wort schon wieder mal aufgeschnappt? Dieses Wort kenne
ich selbst ja erst seit rund einem Jahr.
Viel weniger Menschen als vermutet sahen mich etwas merkwuerdig an.
War meine Frisur tatsaechlich nicht so maennlich wie ich es vermutet hatte.
Na ja, meine Ohren wurden schon von meinen Haaren bedeckt. Vielleicht
hielten mich viele gar fuer ein Maedchen. "Fallen dir die Blicke mancher
Leute auf?", frage mich dann ploetzlich Tina. "Ja", meinte ich. Ist mir aber
nur ein ganz kleines Bisschen peinlich. "Magst du die Blicke? Oder waere
es dir lieber, wenn du voellig unauffaellig wirken wuerdest?"
"Ginge das denn?", zweifelte ich.
"Also, willst du ganz unauffaellig werden?", stocherte Tina weiter.
"Ja, gern", gab ich zoegernd zur Antwort und wusste schon im Voraus,
dass das meiner Maennlichkeit einen Abbruch tun wuerde. -- Scheiss drauf!
Tina zog mich daraufhin ins Drogeriegeschaeft Mueller und fuehrte mich in
den Bereich, wo es Haarspangerl gab. "Das geht doch nicht! Da lacht dann
aber wirklich jeder wenn er mich sieht." Nein, also ich war dieses Mal
gegen Tinas Vorschlag.
'Man muss den eigenen Bruder zu seinem Glueck wohl zwingen', war
anscheinend an diesem Tag Tinas Denkweise. Jedenfalls schleifte sie mich
schon wieder hinter sich her. Dann blieb sie stehen und bat eine
Verkaeuferin, uns beim Auswaehlen von Haarspangerl zu helfen. Sie
erzaehlte ihr, dass ihre Schwester Daniela nach Jahren nun endlich wieder
bereit waere, sich ihr Haar wachsen zu lassen. Auch unsere Mama waere
darueber gluecklich und gern bereit, Geld fuer Haarspangerl auszugeben.
Jedes Monat duerfe sie sich nun irgendeinen Haarschmuck kaufen, einfach
um ihr Interesse fuer ihr Haar wieder zu wecken.
Ich bewunderte Tina. Also, das Luegen, das beherrschte sie wirklich
perfekt. Ihr Gesichtsausdruck, ihre Tonlage, ich war sprachlos. Aber wem
tat sie damit weh? Eigentlich doch niemandem. Die dunkelblau glitzernden
hatten es Tina angetan. Die haette sie vermutlich am liebsten fuer sich selbst
gekauft. Meinetwegen, dachte ich mir. Wenn sie ihr so gut gefallen. Ich
find' sie ja auch ganz nett.
Wiedermal zahlte ich Geld fuer etwas sehr Maedchenhaftes. Wieso
eigentlich 'wiedermal'? Die Strumpfhose war keine Maedchenstrumpfhose
sondern eine Kinderstrumpfhose. Aber die Haarspangerl, die waren jetzt
wirklich nur was fuer Maedchen. Nach dem Bezahlen steckte mir Tina die
Spangerl ins Haar, und sagte dabei laut: "Lass mich machen, du hast das so
lange nicht mehr getan, du kannst das sicherlich eh nicht mehr richtig."
Tina, Tina! Ich laechelte und wir gingen. Rund zwei Stunden hielten wir uns
in der Stadtbuecherei auf, schmoekerten in Buechern und hoerten uns CDs
an. Dann mussten wir es packen. Der Zugfahrplan war unerbittlich. Die
Haarspangerl hatte ich im Haar bis wir mit dem Zug in unserem Dorf
angekommen waren. Dann aber meinte auch Tina, dass sie jetzt raus
muessten, weil wir Bekannte auf dem Heimweg treffen koennten. Sie hatte
uebrigens Recht gehabt. Nachdem ich Haarspangerl in meinem Haar hatte,
erlebte ich keinen einzigen fragenden Blick mehr im Gesicht
vorbeigehender Passanten.
Vor Mama fuerchtete ich mich schon etwas. Und angelogen hatte Tina
Mama eigentlich ebenfalls. Das war nicht toll. Ja, wir waren zwar schon in
der Buecherei gewesen, aber der Hauptgrund, warum wir in der Stadt
geblieben waren war ganz eindeutig ein anderer gewesen.
Tina ging laut lachend und "Mama"-rufend ins Haus. Ich war ganz ganz
still und ging hinter ihr her. Wir hatten noch nichts zu Mittag gegessen, aber
momentan empfand ich auch kein Hungergefuehl. Mama sprach bereits mit
Tina als sie mich in die Kueche hereinkommen sah. Erst schien sie mich
nicht ganz wahrgenommen zu haben, doch dann blieben ihr ihre weiteren
Worte im Halse stecken. Sie starrte mich an. Ich sah sie an. Bis ich nicht
mehr konnte. Dann fing ich an zu weinen und lief in mein Zimmer.
"Hey Dani, bleib doch da!", schrie mir Tina nach, doch ich stolperte nur
noch die Treppen hoch in mein Zimmer, verriegelte es, sperrte es dann aber
gleich wieder auf, denn es konnte ja sein, dass Mama oder Tina
hereinkommen wollten, und schmiss mich auf meine Couch. Ich weinte
bitterlich. Ich weinte weil ich mich so fuehlte wie ich mich fuehlte --
eigentlich recht wohl. Aber ich durfte mich in dieser Maedchenbekleidung
doch gar nicht wohlfuehlen! Perverse Sau, Schwuchtel, Tunte,
Schwanzlutscher. Alle moeglichen Begriffe gingen mir durch den Kopf.
Und nicht ein einziger dieser Begriffe traf doch eigentlich auf mich zu.
Sexuell ekelte es mich vor Buben. Als ich genug geweint hatte zog ich mir
MEINEN Rock aus und eine Jogginghose ueber die Strumpfhose an. Ich
schaffte es nicht, die Strumpfhose ebenfalls auszuziehen. Das haette mich
gefuehlsmaessig irgendwie zerrissen. So wie ich es machte war es in
diesem Moment ein gangbarer Kompromiss.
Nachdem ich mir mein Gesicht mit kaltem Wasser gewaschen hatte und
frisch gekaemmt war ging ich in die Kueche hinunter. Inzwischen hatte sich
naemlich bei mir der Hunger wieder gemeldet.
Tina war wohl beim Hausaufgaben machen, doch Mama war in der
Kueche. "Komm setz' dich mal her", war ihre Aufforderung, "Tina hat
schon gegessen, ich bring dir auch noch einen Teller. Magst du doch,
oder?"
Wie konnte Mama nur so nett sein, nachdem ich sie so geschockt hatte? Ich
erfuhr, dass Mama bereits alles von Tina erfahren hatte. So ungefaehr
zumindest. Laut Tinas Version hatte ich um eine Strumpfhose in dem
Bekleidungsgeschaeft gefragt und auch gebeten, sie gleich anziehen zu
duerfen, weil ich fuer mein Taschengeld natuerlich auch eine gut passende
Strumpfhose haben wollte. Das Ganze war laut Tina von mir geplant, denn
sonst haette ich ja den Rock nicht mit in die Schule genommen.
Ich versuchte Tinas Luegen nicht richtig hinzudrehen. Ich selbst haette nie
den Mut gehabt, so weit zu gehen, wie ich heute gegangen war. Und ich
war gluecklich, dass Tina mich so weit gebracht hatte wie sie mich gebracht
hatte. Mama weiss, dass Tina ganz gern mal die Unwahrheit sagt, sie haette
also mir geglaubt, wenn meine Version eine andere gewesen waere. Aber
warum sollte ich da was korrigieren? Tinas Version war Mama gegenueber
sogar noch sinnvoller als die originale. Denn an Tinas Version konnte
Mama erkennen, wie viel mir an dieser Maedchenkleidung lag.
"Warum hast du den Rock nicht mehr an?", fragte mich Mama als ich
gerade so mit dem Essen fertig wurde.
"Ich vermute, du willst mich nicht in einem Rock sehen", antwortete ich
Mama mit gesenktem Blick.
"Na ja, etwas ungewoehnlich ist es schon, einen Sohn zu haben, der Roecke
und Strumpfhosen liebt", bestaetigte mir Mama. "Aber das heisst nicht,
dass ich dich in einem Rock nicht akzeptieren koennte. Zumindest zu Hause
herum. Dass du damit auch im Dorf rumrennst, davon halte ich allerdings
in der Tat nicht viel. Bin schon gespannt was Papa dazu sagt, wenn er
heimkommt. Denn verheimlichen koennen wir sowas ihm gegenueber
natuerlich nicht. Das ist dir schon klar, oder?"
Ich nickte.
"Mir scheint, du hast noch immer deine neue Strumpfhose an. Herinnen im
Haus ist das meiner Meinung nach zu warm. Also entscheide dich.
Entweder ziehst du dir die Strumpfhose aus und deine Socken von heute
morgen wieder an, oder du traegst statt der Jogginghose wieder deinen
Jeansrock."
'Deinen Jeansrock', hatte Mama gesagt. Sie hat ihn also bereits als 'meinen'
Jeansrock akzeptiert. Ich schmunzelte Mama an und meinte, dass ich
momentan gar nicht wisse, wo meine Socken von heute morgen waeren.
Ich umarmte Mama und ging ebenfalls zum Hausaufgaben machen.
An diesem Tag hatte ich extreme Problem, meine Hausaufgaben ordentlich
hinzukriegen. Am schlimmsten war es mit den Englischvokabeln. Ich
konnte mich einfach nicht konzentrieren. Entweder streichelte ich mit
meinen Haenden an meiner Strumpfhose herum, oder ich zog mir meinen
Rock etwas hoch um meine bestrumpften Oberschenkel zu sehen, oder ich
sah so ganz 'beilaeufig' meine Unterschenkel an. ALLES lenkte mich an
diesem Tag von meiner Hausaufgabe ab. Schliesslich zog ich mir meinen
Rock und meine Strumpfhose aus und zog mir die Jogginghose und meine
Socken an, die ich in meinem Schulranzen wiedergefunden hatte. Doch so
ging's auch nicht besser. Nun konnte ich mich gar nicht mehr konzentrieren
und beschimpfte mich nur noch, nicht als Maedchen auf die Welt
gekommen zu sein.
Wobei, so toll war es wohl auch nicht, ein Maedchen zu sein. Ein
Maedchen unter Maedchen zu sein ist sicherlich nichts Besonderes. Und
waere ich dann noch ein Maedchen in Afganistan, dann waere ich, wie Lisa
Fitz mal es zum Ausdruck brachte, 'nur ein bisschen was Besseres als ein
Haustier'. Nein, nein, ein Maedchen musste ich nicht unbedingt sein.
Ausserdem muesste ich als Maedchen spaeter mal einen Mann heiraten und
von den Buben die ich kannte, von denen wollte ich keinen als Mann.
Ging's mir also wirklich nur um die Maedchenbekleidung? Aber es machte
mir doch auch Spass, als Maedchen wahrgenommen zu werden! Oder
wuerde mir das mit der Zeit vielleicht gar nicht mehr so wichtig sein? Na ja,
die naechste Huerde wuerde auf alle Faelle Papa sein. Heimgekommen war
er bereits. Ich hatte ihn schon gehoert. Ob Mama mit ihm schon gesprochen
hat? Aber warum steht er dann nicht schon in meinem Zimmer?
"Tina! Dani! Essen kommen! Haende waschen! Tisch aufdecken!" Jetzt
war's soweit. Mit duennem Pulli, Jogginghose, Socken und Hausschuhen
ging ich also hinunter. Haendewaschen war noch kein Problem. Da traf ich
nur Tina und die drueckte mir ganz fest die Daumen. In der Kueche sassen
Mama und Papa bereits am Tisch. Papa begruesste mich mit, "Hallo
Daniela". "Hallo Papa", sagte ich nur leise und wagte nicht, ihn anzusehen.
Ich sorgte fuer die Getraenke und Glaeser, Tina holte uns Teller und
verteilte das Besteck. Brot und Kuehlschrankzeug waren bereits auf dem
Tisch. Als wir alle am Tisch sassen war es erst etwas sehr still, doch dann
meinte Papa, "also, dann lasst es euch mal schmecken".
Also, 'Donnerwetter' erst spaeter, oder wie? Hatte uebrigens Papa "Daniela"
gesagt? Oder hatte ich mich da verhoert?
Nach dem Essen fragte mich Papa, ob ich mit meiner Hausaufgabe schon
fertig waere. Ich bestaetigte dies. Dann wuerde er sich gern mit mir nachher
im Wohnzimmer ein wenig unterhalten. So so. Jetzt kommt's.
Nachdem Tina und ich Mama in der Kueche aufraeumen geholfen hatten
ging ich bangen Schrittes ins Wohnzimmer. "Na komm, setz dich mal her",
lud mich Papa ein. "Da habe ich ja Sachen von dir gehoert!"
"Es tut mir Leid!", sagte ich kleinlaut.
"Was tut dir Leid?", erkundigte sich Papa ganz erstaunt.
"Was ich heute getan habe."
"Wieso, hast du irgendwas Schimmes getan?", fragte nun Papa nach.
"Weiss nicht, wohl schon.", meinte ich zoegernd.
"Na, dann erzaehl doch mal.", schlug mir Papa vor.
Also erzaehlte ich. Und weil Papa nicht einmal dazwischensprach, erzaehle
ich ihm die gesamte Geschichte der letzten drei Tage. Auch erzaehlte ich
ihm von Tinas Luegen bzw. ihrer Version, die sie Mama erzaehlt hatte und
wie froh ich war, dass Tina mich so gedraengt bzw. auch ein klein wenig
beschaemt hatte. Denn ohne sie, so vertraute ich Papa an, haette ich nur
immer mir unerfuellbar erscheinende Sehnsuechte, die dauernd an mir
zehren wuerden. Und er duerfe Tina auf keinen Fall schimpfen weil sie
mich blossgestellt hatte, bat ich ihn. Auch waere es besser, wenn Mama
nicht erfahren wuerde, dass Tina ihr eine nicht ganz richtige Geschichte
erzaehlt hatte. Denn Tinas Geschichte, so sagte ich, haette sich auch
ereignen koennen, haette ich nur ganz einfach mehr Mut gehabt. So aber
brauchte ich einfach Tina um soweit zu kommen wie ich nun war.
Nach meiner Erzaehlung war es erst mal lange Zeit ganz still in unserem
Wohnzimmer. Nein, eine Explosion meines Vaters erwartete ich nicht.
Aber ich hatte Angst, er koenne mir das Tragen von Maedchenbekleidung
verbieten. Das aber waere entsetzlich gewesen. Ich war mir sicher, ich
wuerde es nicht lassen koennen, gelegentlich Maedchenkleidung zu tragen.
Das aber wuerde bedeuten, dass ich Papa hintergehen wuerde. Und das
wolle ich auf keinen Fall.
"Tja", sagte Papa schliesslich, "fuehlst du dich eigentlich als Bub, oder
mehr als Maedchen? War es verkehrt, dass Mama und ich dich im Haushalt
haben mitarbeiten lassen? Haette ich dafuer sorgen sollen, dass du in einem
Fussballverein aufgenommen wirst? Bist du traurig, kein Maedchen zu
sein? Wuerdest du gern mit Tina tauschen? Bevorzugen wir Tina deiner
Meinung nach? Oder hast du vielleicht das Gefuehl, schwul zu sein?" Bei
allen Fragen antwortete ich wohl so, wie es sich das Papa erhofft hatte.
Zum Schluss kam noch eine letzte Frage:
Erlaubst du mir, dich mal maedchenhaft gekleidet zu sehen? Jetzt gleich
vielleicht?
'Ja', war meine Antwort und ich verliess im Laufschritt das Wohnzimmer.
Auf dem Weg in mein Zimmer fing mich Tina ab und fragte, wie es
gelaufen sei. Ich strahlte. "Also gut gegangen! Toll!", atmete sie auf.
"Ich soll mich fuer ihn umziehen. Er hat mich darum gebeten."
"Echt? Ist ja stark!" Darf ich dann mit ins Wohnzimmer kommen? Ich
moechte zu gern Papis Gesichtsausdruck sehen, wenn er dich zum ersten
Mal sieht."
"Meinetwegen", sagte ich zu ihr und dachte mir 'warum nicht'? Ausserdem
wuerde eine negative Reaktion dann in Gegenwart von Tina vielleicht nicht
ganz so negativ ausfallen. Tina ging also bereits ins Wohnzimmer
waehrend ich mich umzog. Natuerlich ohne Haarspangerl aber mit schoen
gekaemmtem Haar betrat dann auch ich das Wohnzimmer.
Papa sah mich an und biss auf seiner Unterlippe herum. "Dreh dich mal",
meinte er schliesslich. Also drehte ich mich. "Weisst du was mir etwas
negativ auffaellt?", fragte mich Papa schliesslich. Ich verneinte. "Deine
Haltung ist irgendwie nicht so recht aufrecht. Dein Kopf gehoert weiter
nach hinten. Wie bitte? Papa regte sich ueber meine Koerperhaltung auf und
ueber meine Maedchenbekleidung sagte er gar nichts.
"Ja, ja, so ist's besser", bestaetigte er, als ich meinen Kopf hoch und nach
hinten drueckte. "Was sagst denn du dazu, Tina?", erkundigte sich Papa bei
meiner Schwester.
"Also, wenn Dani gut schulterlanges Haar haette, dann saehe es in der Tat
schoener aus, wenn seine Haltung besser waere.", gab Tina Papa Recht.
So wie ich momentan dastand, da kam ich mir vor wie ein bloeder stolzer
Hahn auf einem Viehmarkt, der nicht weiss, dass er innerhalb des
naechsten Tages geschlachtet werden soll.
"Aber Dani, es stimmt schon, eine rote Strumpfhose haette zu diesem Rock
auch gepasst.", dabei schmunzelte mich Papi an.
Mensch hey, kann Papa einen aus dem Konzept bringen. Mit diesem Satz
hatte ich in diesem Moment mal wieder ueberhaupt nicht gerechnet. War
ich also nun mit dieser Bekleidung zumindest mal bei uns zu Haus
akzeptiert? Es schien glatt so.
"Na, was ist?", forderte Papa mich auf. Ich verstand ihn nicht. "Na, deine
Haltung ist schon wieder erbaermlich!"
Wie kann sich Papa in solch einem Moment ueber meine Haltung
aufregen? Mir gehen ganz andere Gedanken durch den Kopf.
"Du moechtest wissen, ob wir damit einverstanden sind, dass du so
angezogen herumlaeufst wie du momentan angezogen bist, stimmt's?",
stellte er schliesslich die alles entscheidende Frage. Ich nickte und bemuehte
mich in diesem Moment wieder aeusserst aufrecht dazustehen und eine gute
Haltung zu zeigen.
"Na, dann hol' mal die Mama", meinte er. Also noch mal eine
Verzoegerung! Schliesslich waren wir zu viert im Wohnzimmer.
"Also", begann Papa, "Dani moechte wissen, ob wir es gestatten, dass er
sich maedchenhaft kleidet", erklaerte Papa Mama dieses Treffen. "Mir ist
aufgefallen, dass Dani eine ziemlich schlechte Haltung hat, wenn er
Maedchenbekleidung traegt. Aber vermutlich hat er grundsaetzlich eine
solche Haltung und nicht nur wenn er Maedchenbekleidung anhat.
Grundsaetzlich habe ich nichts dagegen, wenn er sich maedchenhaft kleidet.
ABER: Ich moechte, dass er eine ordentliche Haltung dabei zeigt. Denn mir
scheint, dass Danis schlechte Haltung noch viel stoerender auffaellt, wenn
er die von ihm anscheinend so geliebte Kleidung traegt. Also schlage ich
wohl hiermit zwei Fliegen mit einer Klappe, wenn ich ihm hiermit das
Tragen von Maedchenbekleidung erlaube, sofern er dafuer sorgt, von nun
an eine ordentlichere Haltung an den Tag zu legen. Eine
Schulungsmoeglichkeit waere sicherlich Ballett, aber dafuer ist er schon zu
alt. So was wie rythmische Sportgymnastik aber koennte fuer ihn durchaus
moeglich sein. Ich werde mich mal erkundigen. Sollte ich dich nochmal mit
nach vorne haengenden Schultern oder einem nach vorn haengenden Kopf
sehen, so werde ich dir so lange verbieten Maedchenbekleidung zu tragen,
bis wir dich erfolgreich in einer Turngruppe untergebracht haben, die dafuer
sorgt, dass du eine bessere Haltung bekommst, Dani. -- Bist du damit
einverstanden, Inge?"
"Und was ist mit unseren Nachbarn, Verwandten, und so weiter?",
erkundigte sich Mama.
Papa: "Ich weiss nicht, ob es OK ist, was ich hier fordere oder gar erlaube,
aber ich glaube nicht, dass bei diesem Thema ein Verbot was bringen
wuerde oder erfolgreich waere. Ich fuerchte einfach, Dani wuerde uns
hintergehen, weil er einfach gar nicht anders kann. Ich will nicht, dass er ein
Leben im Verborgenen lebt, weil er niemanden hat, mit dem er ueber seine
Gefuehle und Sehnsuechte sprechen kann.
"Ach ja, und noch was. Ich werde mich nach einem Facharzt umsehen, der
von Menschen wie Dani eine Ahnung hat. Ob das Dani was bringt oder
nicht, das weiss ich nicht. Aber immerhin kann der mir dann vielleicht
sagen, ob es falsch ist, dass ich Dani das erlaube wonach er sich
anscheinend so sehr sehnt."
Mama: "Wenn du meinst. Aber einfach wird das fuer uns nicht werden.
Und wer weiss, wie viele Bekannte und Verwandte wir damit auf nimmer
wiedersehen verlieren werden."
Papa: "Wenn manche Leute uns nicht mehr sehen wollen, dann waren sie
es nicht Wert, unsere Freunde zu sein."
Toll! Papa stand hinter mir. Mama war einverstanden, und Tina strahlte
geradezu ueber diesen Ausgang. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich konnte
also auf meine Eltern zaehlen. Das mit meiner Haltung, das war mir in den
letzten Wochen selbst mal aufgefallen. Wenn ich also auch noch eine Hilfe
bekam, meine Haltung zu verbessern, dann dann ... was wollte ich noch
mehr?!
Mein Haar sollte laenger werden. Mindestens schulterlang. Aber, kommt
Zeit, kommt Haar -- oder so aehnlich.
Mein aeusseres Erscheinungsbild liess sich nicht lange geheimhalten. Hatte
ich ja auch gar nicht vor. Von allen moeglichen Typen wurde ich bloed
angemacht, auch dann, wenn ich keine Maedchenbekleidung trug -- was
aber gerade in meiner Freizeit immer seltener der Fall war. Auch unsere
Verwandten hatten natuerlich schnell Wind davon bekommen. Als dann
auch meine Cousine Andrea von meinen Veraenderungen hoerte, da dauerte
es nicht lange bis sie bei uns mal wieder auftauchte und mir noch ein paar
weitere Kleidungsstuecke von sich mitbrachte. Ausserdem wollte sie ja ihre
neue Cousine kennenlernen, so drueckte sie sich bei der Begruessung aus.
Tina lachte und meinte dass Daniela, also ich, wirklich eine nette Schwester
waere. "Hae -- hae -- hae!", machte ich, freute mich aber dennoch ueber
Andreas gutgemeinten Besuch. In den darauffolgenden zwei Stunden kam
ich mir vor wie ein Model in einer Argentur. Ich wurde aus- und
angezogen, bekam eine Manikuere, wurde geschminkt, gefoehnt, und und
und. Wenn die beiden Damen es fuer richtig hielten, dann musste ich mein
reizendstes Laecheln aufsetzen und wurde fotografiert. Es war die vollste
Gaudi, und es war der erste Tag in meinem Leben an dem ich Nagellack
und Schminke trug. Mit roten Baeckchen konnte ich mich nicht anfreunden,
doch der blaue Liedschatten, der gefiel mir schon sehr gut. Mit rotem
Nagellack kann ich auch nichts anfangen. Ich finde den einfach nicht
schoen. Mir gefaellt er bei Frauen nicht, bei Maedchen schon gleich gar
nicht. Da stehe ich mehr so auf Rosa. Und bei mir selbst, da finde ich roten
Nagellack ganz einfach tuntig. Nein, also ich schwaerme mehr so von
violett, blau oder silbrig glaenzenden Farbtoenen, so mit Glittereffekt.
Daher habe ich mich zum Beispiel mit rotem Nagellack auch nicht
fotografieren lassen. Zu dem weiss-rosa-hellblauen Spitzenkleid zum
Beispiel trug ich rosa Nagellack. Ja, ich weiss schon, ich bin ein bisschen
eine Sissy. Ich sage ja auch nicht, dass ich so unter die Leute gehen wuerde
-- nicht unter Bekannte meine ich -, aber gefallen habe ich mir in diesem
Kleid schon sehr gut. Auch das rosa Haarband fand ich nicht fehl am Platz.
Nur, na ja, mein Haar ist damals ganz einfach noch ein bisschen zu kurz
dafuer gewesen, das gebe ich zu, wenn ich so im Nachhinein mir die Bilder
von vor gut einem Jahr ansehe.
Auf jeden Fall war der Besuch von Andrea der volle Erfolg. Sogar einen
weiteren Kleiderschrank bekam ich in mein Zimmer gestellt. Denn
nachdem ich bei mir umgeraeumt hatte, da war fuer meine
Bubenbekleidung nur noch im Speicher Platz. Das aber passte weder Mama
noch Papa. Beide wollten mir die Moeglichkeit geben, in meinem Zimmer
sowohl Buben- als auch Maedchenbekleidung auszuwaehlen und
anzuziehen.
Bald fing ich an, bei meinen Eltern so 'nebenbei' zu erwaehnen, dass ich der
Meinung waere, nicht gar so klobige Halbschuhe und Sandalen wuerden zu
meinem Outfit besser passen. Meine Eltern sind ja nicht bloed, und daher
merkte ich gleich, wie sie sich gegenseitig Zeichen gaben nachdem sie
meine Bemerkung gehoert hatten. Mama machte Papa ein genervtes
Zeichen, und Papa hob nur mal kurz seine Schultern.
Tags darauf machte man mir beim Fruehstueck den folgenden Vorschlag:
Entweder bekomme ich fuer diesen Sommer wieder zwei Paar absolut neue
Schuhe, die ich mir selbst aussuchen duerfte, oder aber meine Eltern
wuerden mal mit Gabi und Andrea reden. Das aber war nun so eine Sache.
Ganz ohne Bubenschuhe wollte ich nun auch nicht sein. Ich wollte meine
Freiheit geniesen, nicht aber in ein anderes Gefaengnis gesteckt werden.
Also sprach ich mich gegen Andreas Schuhe aus. Da warfen sich meine
Eltern aber erstaunte Blicke zu! Mittags holte uns Mama von der Schule ab
und wir machten uns auf den Weg in ein Schuhgeschaeft. Tina bekam neue
Sandaletten und ich sollte mir heute Sandalen aussuchen. Da drinnen wollte
man mir doch tatsaechlich mal wieder so klobige Dinger verpassen. "Die
schauen doch cool aus!", wurde mir von der Verkaeuferin gesagt.
Daraufhin ich: "Ich stelle mir immer vor, wie ich mit diesen Dingern
aussehe, wenn ich einen knielangen Rock mit glattgestrickter Strumpfhose
dazu trage. Finden Sie denn nicht auch, dass da diese Dinger
gefuehlsmaessig fast in Richtung Bergschuhe gehen?"
An diesem Nachmittag bekam Tina ein paar Sandaletten und ich nichts.
War irgendwie auch nicht anders zu erwarten. Da musste ich mit meinen
Eltern einfach noch etwas mehr reden. Am Abend erzaehlte Mama Papa,
was sie heute mit mir im Schuhgeschaeft erlebt hatte. Daraufhin er lachend:
"Da bin ich ja froh, dass ich nicht mit dabei war! Oder eigentlich, ich haette
das Gesicht der Verkaeuferin doch zu gern gesehen."
"Du, nach dem Vorfall war die Verkaeuferin zu uns gar nicht mehr so nett.
Mir schien richtig, die wollte uns loshaben.", klaerte Mama Papa auf.
"Na, dieses Verhalten haben wir in den letzten Wochen ja schon mehrmals
erlebt -- dank Danis Veraenderungen.", dabei sah er spoettisch zu mir
rueber. Das war doch irgendwie bissig von Papa, oder? Aber konnte ich es
ihm veruebeln? Unsere traditionsbewusste, katholische, konservative,
baeuerliche Umgebung war wirklich in den letzten Wochen etwas sehr
zurueckhaltend uns gegenueber, um es mal hoeflich auszudruecken. Wer
daran Schuld war, das wusste ich: ICH natuerlich -- und angeblich auch
meine Eltern, weil sie bei mir laut Meinung unserer Nachbarn in der
Erziehung versagten. "Ein paar tuechtige Schlaege mit dem Guertel seines
Vaters", so sei in unserer Umgebung meiner Mutter mal gesagt worden,
"die wuerden Eueren Sohn sicherlich wieder auf die richtige Bahn bringen."
Na tolle Nachbarschaft!
Bei uns zu Hause hatte ich eigentlich alle meine bisherigen Spielkameraden
verloren. Als mich da vor einigen Wochen meine Freunde das erste Mal in
Rock und Strumpfhose sahen, da lachten sie, kurz darauf veraenderte sich
ihr Lachen in Staunen, und das war's dann. Als Michael und ich an diesem
Abend zu ihm gingen, da vertraute er mir an, dass ihm meine Kleidung
schon auch ganz gut gefallen koennte, doch haette er weder den Mut dazu,
sie zu tragen, noch wuerde es ihm sein Vater erlauben. "Da waere die
Hoelle los!", so drueckte er sich damals mir gegenueber aus.
Die Hoelle muss bei ihm auch so los gewesen sein. Mehrere Tage hoerte
ich nichts von ihm und dann bekam ich einen Brief in dem er mir mitteilte,
dass es ihm von nun an verboten waere, auf unser Grundstueck zu gehen
oder sich ueberhaupt ganz allgemein mit mir zu beschaeftigen. Sein Vater
haette gesagt, er wuerde dafuer sorgen, dass aus seinem Sohn keine solche
Schwuchtel werden wuerde wie aus -- mir.
Danke fuer die Blumen. Ich wusste, Michael konnte nichts dafuer. Dennoch
ging von nun an auch ich ihm aus dem Weg, um ihn nicht in irgendeine
fuer ihn unangenehme Situation zu bringen. Michael war kein Fahrschueler
und somit konnten wir uns auch im Zug nicht 'versehentlich' mal ueber den
Weg laufen. Mit der Zeit trennten sich unsere Wege. Jetzt nach ueber einem
Jahr muss ich sagen, dass ich eigentlich schon lange nichts mehr von ihm
gehoert habe. Nur von meiner Mutter hoerte ich mal, dass es Michaels
Mutter gar nicht gut ginge, sie bei den Frauentreffen immer sehr blass
aussaehe, und ihr Mann auch ihr gegenueber nicht sehr nett waere -- vor
allem dann, wenn er mal wieder zu viel getrunken hatte.
Dass ich keine Freunde mehr in unserer Umgebung hatte, das gefiel meinen
Eltern nicht besonders. Dafuer baute ich recht erfolgreich, auch dank meiner
Schwester, Kontakte zu den Maedchen in unserer Nachbarschaft auf. War
ich bisher in ihren Augen einfach nur ein bloeder Bub, so wurde ich nun
ploetzlich beachtet. Man fand Gefallen an mir und meinem Verhalten,
jedoch nur, wenn ich Maedchenbekleidung trug, stellte ich mit der Zeit fest.
Das aber war ja fuer mich inzwischen kein Problem mehr. In Rock und
Strumpfhose fuehlte ich mich bereits bedeutend wohler als in einer Hose
und ueberlegte daher schon, ob ich nicht auch mal im Rock in die Schule
gehen koennte. Von meinen Vorlieben wusste eh schon jeder in meiner
Klasse. Warum nicht also gleich die ganze Schule. Und dann gab's
wenigstens auch keine Heimlichtuereien mehr.
Papa war meine Idee unheimlich. Er befuerchtete Mobbing unter dem ich
ab dann in der Schule wuerde leiden muessen. Doch dieser Wunsch von
mir, dieser Druck in mir, allen ins Gesicht zu schreien, 'ihr koennt mich
nicht in diesen bloeden Hosen einsperren', der war irgendwann so gross,
dass ich mit Rock einfach in die Schule gehen musste. Resigniert gaben
meine Eltern daher meinem Wunsch nach, verlangten aber dass ich mit
einem knoechellangen Rock und nicht mit einem knielangen in die Schule
gehen wuerde. Mama war dafuer extra mit mir in der Stadt beim
Einkaufen. Ich entschied mich fuer einen duennen, hellgrauen Jersey-Rock.
Dazu wollte ich ein dunkelblaue