Die Wirtschaftskrise war schuld. Gerade hatte ich es in den Nachrichten
geh?rt, was meine eigenen Erfahrungen best?tigte: "... sind dieses Jahr
kaum Ferienjobs f?r Sch?ler und Studenten vorhanden ..." In den Firmen
herrschte Kurzarbeit, kein Platz f?r einen Studenten.
Deshalb las ich erneut eine Anzeige, die ich sonst ignoriert h?tte:
Reisef?hrer gesucht. Keine Erfahrung erforderlich, aber
Aufgeschlossenheit f?r etwas Besonderes.
Auf den ersten Blick sah das nach einer zwielichten Geschichte aus. Das
mysteri?se "Besondere" war am ehesten etwas aus dem Rotlichtmilieu, etwa
ein Mann der eine junge, attraktive und sehr weibliche Begleitung suchte.
Aber da stand "Reisef?hrer" und nicht "Reisebegleitung". Vielleicht war
doch etwas Seri?ses daran?
Nach unz?hligen erfolglosen Versuchen einen Job zu bekommen war ich
bereit, nach jedem Strohhalm zu greifen. Ich w?hlte die angegebene
Nummer.
"Magic Travel", meldete sich eine ?ltere m?nnliche Stimme.
"Hallo, ich rufe auf Ihre Anzeige an. Wegen des Jobs als Reisef?hrer. Ist
der noch zu haben?"
Die Stimme z?gerte ein wenig. "Ja, eine Stelle ist noch frei."
"Um was handelt es sich da?"
"Wie es in der Anzeige steht, ein Job als Reisef?hrer."
"Und was f?r eine Reise ist das?"
"Das m?chte ich lieber pers?nlich mit Ihnen besprechen."
"Oh... Ich glaube, dann ist das nichts f?r mich."
"Ah, jetzt verstehe ich, Sie vermuten etwas Anst??iges? Dann kann ich Sie
beruhigen. Um es ganz direkt zu sagen, der Job hat nichts mit Sex zu
tun."
"So? Und warum sagen Sie dann nicht, um was es geht?"
"Es ist - hmm, sagen wir mal, eine ziemlich au?ergew?hnliche Reise. Es
ist besser, wenn ich Ihnen das pers?nlich zeige."
'Klingt ja ziemlich merkw?rdig', dachte ich, aber wollte meinen
Gespr?chspartner nicht verprellen und es laut sagen. Vielleicht war ja
doch ein Job drin? 'Anschauen schadet nicht', beschloss ich und machte
einen Termin aus.
##
Am n?chsten Tag fand ich mich p?nktlich an der angegebenen Adresse ein.
Es war ein nicht mehr ganz frisches B?rohaus, um es vorsichtig zu sagen.
Ich fand kein Firmenschild, nur eine von vielen Klingen war mit "Magic
Travel" beschriftet. Wieder beschlich mich ein unangenehmes Gef?hl. Aber
ich brauchte dringend einen Job. Ich dr?ckte die Klingel.
Fast sofort summte der T?r?ffner. Ich dr?ckte die T?r auf und ging eine
sp?rlich beleuchtete Treppe hinauf. Dort waren mehrere T?ren, eine davon
mit einem kleinen Schild "Magic Travel". Sie war einen Spalt ge?ffnet,
was ich als Aufforderung interpretierte einzutreten.
Ich fand mich in einem B?ro, das direkt aus einem klassischen alten
amerikanischen Detektivfilm stammen konnte. Keine Sekret?rin, aber mit
dem Flair, dass die Miete wohl eher unregelm??ig bezahlt wurde. Selbst
ein gro?er, sich langsam drehender Ventilator war an der Decke.
"Ah, Sie sind wohl Herr Baum", begr??te mich ein Mann mit einem wei?en
Bart und langen wei?en Haaren, der hinter einem Schreibtisch sa?.
Heutzutage sind lange Haare ja nichts Ungew?hnliches, aber bei ?lteren
M?nnern eher nicht. So machte er den Eindruck, als w?rde er direkt aus
einem Historienfilm kommen.
"Ja, ich habe einen Termin wegen eines Jobs."
"Sehr sch?n. Ich freue mich, Sie kennenzulernen." Er kam zu mir und ich
war erstaunt, wie kr?ftig sein H?ndedruck war. "Nehmen Sie Platz."
Ich setzte mich auf die einzige Sitzgelegenheit, einen eher unbequemer
Stuhl, vor den Schreibtisch.
"Sie m?ssen mein B?ro entschuldigen, es ist ein Provisorium. Es ist nicht
einfach ein vern?nftiges B?ro zu finden, ohne gleich einen
Zehnjahresvertrag unterschreiben zu m?ssen."
Ich nickte. Zumindest fand er eine halbwegs gute Ausrede f?r das
gammelige B?ro.
"Ich baue diese Reiseagentur erst auf. Bislang schien mir wenig Bedarf
f?r meine Dienste zu sein, aber mit der Wirtschaftskrise ..." Er machte
eine Pause, bei der er sich langsam durch den Bart strich. "Ich biete
eine ganz besondere Form von Reisen an. Ohne das man tats?chlich reist,
sondern nur der Geist ist an einem anderen Ort."
"So etwas wie Virtual Reality?"
"Oh nein, ?berhaupt nicht. Obwohl, mit diesem Computerzeugs ist etwas
?hnliches m?glich. Aber das taugt nichts. Ich meine ein perfektes
Erlebnis."
"Und wie soll das gehen, au?er mit VR?"
"Magie."
"Magie? So etwas gibt es nicht."
"So? Ich gebe zu, heutzutage wei? man nur noch wenig ?ber Magie. Die
Zeiten haben sich ge?ndert." Er sch?ttelte bedauernd den Kopf. "Was aber
nicht hei?t, dass es Magie gibt."
Ich schaute ihn mehr als skeptisch an und bereute, mich auf diesen Termin
eingelassen zu haben.
"Ich sehe an Ihrem Gesichtsausdruck, dass Sie mir nicht glauben. Dann ist
wohl eine kleine Demonstration n?tig."
Auf einmal schien er nach unten zu sinken. Nein, das stimmte nicht, ich
war nun h?her als er. Ich schaute nach unten. Ich schwebte etwa einen
Meter ?ber dem Stuhl, ohne das ich erkennen konnte, wie das m?glich war.
Ich griff unter mich, dann rund um mich, ohne auf Widerstand zu sto?en.
Immer wieder versuchte ich zu finden, was mich in der Luft hielt, doch
?berall war nur Luft.
"Leider denkt heutzutage jeder nur an Physik und Technik", sagte er
bedauernd. "Zu anderen Zeiten war das nicht so. Wie erkl?ren Sie das
nun?", fragte er mit einem listigen Blinzeln, dabei auf meinen Abstand zu
dem Stuhl deutend.
"Ich ..." Mein Gehirn spuckte eine Idee nach der Anderen aus.
Magnetismus? Nein, der K?rper ist nicht magnetisch. Starke Luftstr?mung?
Nein, kein Luftzug zu sp?ren. Ein verborgenes Seil? Nein, ich m?sste den
Zug sp?ren, und es war nichts zu tasten oder zu sehen.
Nachdem ich alle m?glichen und unm?glichen Ideen durchgegangen war, blieb
nur eine Antwort ?brig: "Ich wei? es nicht."
"Immer noch ungl?ubig?"
Pl?tzlich drehte sich der Raum. Nein, nat?rlich dreht ich mich, aber ich
f?hlte davon nichts. Meine Haare lagen immer noch auf dem Kopf anstatt
abzustehen, und auch mein T-Shirt hob nicht ab. Es war, als w?re die
Gravitation pl?tzlich umgekehrt worden.
Ich wusste nichts zu sagen, also sch?ttelte ich als Beantwortung seiner
Frage einfach den Kopf. F?hlte sich an wie immer.
"Gut, dann k?nnen wir also fortfahren. Meine Reisen werden mittels Magie
durchgef?hrt. Der K?rper bleibt dabei an Ort und Stelle. Der Geist jedoch
wandert auf eine andere Welt."
"Andere Welt? Gibt es denn mehr als unseren Planeten?"
"Oh ja! Es gibt unz?hlige andere Welten. Nicht erreichbar mit heutiger
Technik, aber mit Magie. F?r meine Reisen habe ich erst einmal eine sehr
?hnliche Welt ausgesucht, um es zu testen."
"Zu testen? Sie haben es noch nie gemacht?"
"Aber sicher, nat?rlich war ich schon oft auf anderen Welten. Tats?chlich
ist dies nicht meine Welt. Ich m?chte es f?r touristische Zwecke testen."
"Und warum? Wenn Sie Magie k?nnen, dann brauchen Sie sich doch nur Geld
herbeizuzaubern."
"Oh, so funktioniert Magie nicht. Au?erdem sind mir andere Dinge
wichtiger als Geld."
"Und was ist das? Und - k?nnen Sie mich wieder umdrehen? Es ist sehr
verwirrend auf dem Kopf zu stehen."
Ich sah, wie ich mich drehte und auf den Stuhl sank, ohne das Geringste
zu sp?ren.
"Ich denke, meine Ziele sind f?r Sie ohne Belang. Ich brauche nur einen
Reisef?hrer, um die Praktikabilit?t einer magischen Reise f?r diese Welt
zu testen. Sie k?nnen es machen oder nicht, aber Sie m?ssen sich jetzt
entscheiden."
"Hmm, da es ja anscheinend Magie gibt... Wie lange dauert denn diese
Reise, und was zahlen Sie?"
"Ich plane Reisen von zwei oder drei Wochen anzubieten. Aber da dies ein
Test ist und zum ersten Mal in dieser Form gemacht wird, dachte ich an
f?nf Wochen. Ist das m?glich?"
"Ich bin Student und habe Semesterferien, das ist also kein Problem."
"Gut. In Bezug auf das Gehalt, das ist etwas schwieriger. Noch hat meine
Firma keine Einnahmen, sonst w?re ich nicht in diesem B?ro."
Ich konnte es nicht glauben. Da hatte dieser Typ die F?higkeit mich
schweben und rotieren zu lassen, und hatte kein Geld?
"Diese Gesellschaft ist viel zu sehr auf Profit ausgerichtet", meinte er
bedauernd. "Man sollte meinen, so ein au?ergew?hnliches Erlebnis w?re
Lohn genug."
"Leider muss ich von irgendetwas leben, und von Erlebnissen kann ich
meine Miete nicht bezahlen."
"Ich verstehe. Geld habe ich zwar nicht, aber ich denke, ich kann Ihnen
etwas Gleichwertiges bieten."
Er machte eine halbkreisf?rmige Bewegung mit ausgestrecktem Arm. Hinter
seiner Hand bildete sich eine Art bunter Schweif. Als er den Halbkreis
vollendet hatte, sah es sehr realistisch wie ein Regenbogen aus. Nun
griff er an das eine Ende und zog aus dem Nichts ein Gef?? mit einem
Henkel hervor. Dann verschwand der Regenbogen.
Er hielt mir das Gef?? hin, das wie ein kleiner Eimer aussah. Darin
schienen M?nzen zu sein.
"Gold am Ende des Regenbogens", sage er mit leiser Stimme. "Es steht in
so vielen Legenden, und doch glaubt niemand daran."
Ich griff in den Eimer und zog ein paar M?nzen heraus. Es war Gold, ganz
zweifellos.
"Ist das eine angemessene Entlohnung?"
Ich kannte zwar den Goldkurs nicht, aber dieser Eimer war einiges Wert.
Ziemlich sicher mehr, als ich in der Zeit mit jedem anderen Job verdienen
konnte. Ich nickte.
"Gut, wann k?nnen Sie anfangen?"
"Die Semesterferien haben bereits begonnen, also jederzeit."
"Das ist gut. Dann fangen Sie morgen an."
"Morgen? Sie meinen, ich soll morgen auf Reise gehen?"
Er nickte.
"Ich soll aber doch ein Reisef?hrer sein? Ich wei? doch ?berhaupt nichts
?ber die andere Welt!"
"Oh, diese Ungl?ubigen! Sie werden alles wissen, sobald Sie auf der
anderen Welt sind. Als ob Sie dort schon immer gelebt h?tten."
"Durch Magie?"
Er nickte. "Ich frage ich manchmal, wie Sie hier ohne Magie ?berleben
k?nnen. Selbst die einfachsten Dinge sind hier schwierig."
"Bis jetzt dachte ich, alles w?re ziemlich einfach. So eine automatische
Wissensvermittlung w?re f?r mein Studium h?chst interessant."
Er schaute mich an, als ob ich etwas v?llig Verr?cktes gesagt h?tte. Dann
sch?ttelte er nur den Kopf, ohne etwas zu sagen.
"Eine Frage habe ich aber hoch noch: Wenn ich Reisef?hrer sein soll, dann
gibt es doch sicherlich weitere Reisende?"
"Oh ja, sonst w?re es ja kein richtiger Test. Die Gruppe besteht aus f?nf
Personen. Alles ebenfalls Studenten."
"Wissen die, dass sie auf eine andere Welt gehen? Dass es mit Magie
geschieht?" Ich wusste nicht, warum ich auf einmal misstrauisch war, es
kam einfach aus dem Bauch heraus.
"Ich habe es gesagt, aber nat?rlich glauben sie nicht daran."
"Haben Sie es wie bei mir gezeigt?"
"Das w?re nicht m?glich gewesen."
"Wieso?"
"Man muss selbst ein gewisses magisches Talent haben und bereit sein.
Genausowenig wie ich Geld herbeizaubern kann, kann ich Magie auf jemanden
gegen deren Willen anwenden. Jedenfalls auf dieser Welt. Und jetzt
sollten Sie gehen, wir sehen uns morgen um 9 Uhr hier. Seien Sie bitte
p?nktlich. Und ehe Sie fragen - nat?rlich brauchen Sie nichts zu packen."
Irgendwie fand ich mich pl?tzlich im Treppenhaus wieder, ohne mich daran
erinnern zu k?nnen, das B?ro verlassen zu haben. Und ich hatte diesen
schweren Eimer in einer Hand.
Ich wollte schon wieder die T?r ?ffnen, um zur?ck in das B?ro zu gehen,
da hatte ich so ein Gef?hl, es besser nicht zu tun.
Unentschlossen stand ich da, v?llig verwirrt. Dann dachte ich, besser mal
?berpr?fen, ob ich nicht hereingelegt wurde. Mal sehen, was meine Bank zu
dem Gold sagt. Aber so mit einem Eimer Gold ?ber die Stra?e gehen? Ich
zog meinen Pulli und das Unterhemd aus, und dann den Pulli wieder an.
Dann legte ich das Unterhemd ?ber den Eimer.
Als ich das Geb?ude verlassen hatte und mich auf den Weg zu meiner Bank
machen wollte, hatte ich pl?tzlich Bedenken. Was w?rden die zu einem
Eimer voll Gold sagen?
Aber wo sollte ich hin damit? Schlie?lich entschloss ich mich, den Eimer
zu Hause zu verstecken und nur eine M?nze zu einem M?nzh?ndler zu
bringen. Als ich zuhause war, konnte ich das aber vergessen, denn es war
viel sp?ter, als ich dachte. Ich war doch keine halbe Stunde in dem B?ro
gewesen, wieso war es jetzt schon abends?
Nichtsdestotrotz war ich erstaunlich m?de. So m?de, dass ich trotz aller
Fragen sofort einschlief, als ich ohne etwas zu Essen zu Bett ging.
##
Um Punkt Neun stand ich vor dem Haus mit dem B?ro. Heute erschien es mir
noch unansehnlicher. Ich lie? meinen Blick noch einmal dar?ber schweifen,
bevor ich klingelte. Nein, unansehnlich war nicht richtig. Es war einmal
ein sehr sch?nes und stattliches Geb?ude gewesen. Obwohl kein direkter
Verfall zu sehen war, wirkte es irgendwie sch?big. So wie ein zu alter
wertvoller Teppich.
Aber bei genauerem Hinsehen war das nicht richtig. Eigentlich war das
Geb?ude ziemlich pr?chtig. Es war nur alt, sehr alt, und passte nicht in
diese Zeit.
Ich konnte aber nicht herausfinden, warum das Geb?ude nun sch?big wirkte.
Nichts war kaputt, die Fassade einwandfrei.
Ich h?rte eine Glocke neun Mal schlagen. H?chste Zeit, zu dem alten Mann
zu gehen.
Ich fand die T?r wie beim letzten Mal angelehnt und ging hinein.
"Ah, Herr Baum. P?nktlich, das ist sehr gut", begr??te mich der alte
Mann. "Gehen wir gleich zu den Anderen."
Er f?hrte mich in einen Nebenraum. Dort stand eine Gruppe um einen
kleinen Bistrotisch, Kaffee trinkend und sich unterhaltend. Bei unserem
Eintritt schauten sie uns erwartungsvoll an.
"Darf ich vorstellen, dies ist Ihr Reiseleiter, Cornelius."
Ich hatte pl?tzlich wieder so wein merkw?rdiges Gef?hl. Hatte ich ihm
jemals meinen Vornamen gesagt? Und ich hatte sicherlich nicht mein
Einverst?ndnis gegeben, nur mit dem Vornamen vorgestellt zu werden.
"Da Sie ja f?r die n?chste Zeit eine Gruppe bilden werden, ist es wohl am
Besten, wenn wir bei den Vornamen bleiben." Niemand schien anderer
Meinung zu sein.
Er zeigte nacheinander auf die Studenten. "Andreas, Monika, Bernd, Uwe
und Claudia."
Ich lie? meinen Blick ?ber sie schweifen. Alles ziemlich normale Typen,
wie sie in jedem H?rsaal zu finden waren. Claudia war vielleicht einen
Tick h?bscher als der Durchschnitt der Studentinnen. Was aber daran
liegen k?nnte, dass sie nicht wie die anderen Jeans trug, sondern einen
Rock mit Leggings darunter. Das war anscheinend in. Nicht dass ich das
schlecht fand, sie hatte die passenden schlanken Beine daf?r. Ein echter
Hingucker.
"Sie werden ja gen?gend Zeit haben sich kennenzulernen, deswegen sollten
wir keine Zeit verschwenden. Cornelius, kommst du bitte zu den Anderen?"
Ich ging zu dem Bistrotisch. Ob auch ein Kaffee f?r mich da war?
Pl?tzlich begann der Tisch zu gl?hen. Da die Gruppe und ich unmittelbar
danebenstanden, wurden alle von dem unheimlichen Gl?hen eingeh?llt. Es
wurde immer intensiver, bis ich nur noch glei?endes Wei? sah.
##
Ich h?rte Insekten summen. Oder war das nur eine Einbildung? Mein
maltr?tierter Kopf? Ich ?ffnete die Augen. Eine bunte Wiese lag vor mir
und zahlreiche Insekten flogen von Bl?te zu Bl?te. Das erkl?rte das
Summen. Es war also nicht mein Kopf.
Ich r?kelte mich wohlig. Irgendwie f?hlte ich mich so gut wie schon lange
nicht mehr. Aller Stress war abgefallen, ich f?hlte mich v?llig
entspannt. Mehr noch, alle die kleinen Wehwehchen waren weg - etwa der
M?ckenstich, der mich total genervt hatte.
Das Summen der Insekten war eine wunderbare Melodie. Ich hatte sie noch
nie so intensiv geh?rt. Und die Sonne war so angenehm!
Moment mal, dachte ich. Ich war rotblond und hatte ein Problem mit zuviel
Sonne. Nein, eigentlich schon mit ein bisschen Sonne. Ich sollte sofort
aus der Sonne, vor allem mit den nackten Armen und Beinen.
So langsam fing mein Gehirn wieder an zu arbeiten. Nackte Beine? Ich
hatte doch eben noch eine Hose angehabt ...
Etwas mehr wach schaute ich noch einmal auf meine Beine. Es waren
wirklich sch?ne Beine, aber nicht meine. Diese hier waren schlank und
wohlgeformt, und leicht gebr?unt. Meine Haut wurde aber nicht braun.
Weswegen ich die Sonne meiden musste.
Mit einer unbewussten Bewegung strich ich mir die Haare aus dem Gesicht.
Dann sah ich wieder auf meine Beine. Diese Schuhe kannte ich auch nicht.
Es waren keine Schuhe, wie ich sie trug, sondern kleine Stiefel aus
braunem Wildleder, die bis gerade ?ber die Kn?chel gingen. Ziemlich
klein, s??e kleine Stiefelchen. Ich hatte noch nie etwas S??es getragen.
Verwundert betrachtete ich meine Beine. Meine knubbeligen Waden waren
verschwunden, statt dessen sah ich ganz sanft gerundete, aber ?beraus
schlanke Waden. Sehr sch?n, aber nicht meine. Vor allem war statt meinen
drahtigen Haaren nur ein feiner, kaum sichtbarer Flaum zu sehen. Wirklich
sch?n, aber wo waren meine Beine? Keine anderen waren zu sehen.
Erneut strich ich mir die Haare aus dem Gesicht, die mir bei dem Blick
auf die Beine ins Gesicht gefallen waren. Wieso hatte ich eigentlich auf
einmal kurze Hosen an? Und auch noch aus Wildleder, passend zu den
Schuhen? Wenn auch die Farbe nicht ganz eindeutig zu sein schien, eher
schillernd?
Moment mal, da stimmte etwas nicht. Eine Hose m?ndete in zwei Beinen,
diese aber nicht. Die hier war nur f?r ein Bein. Sie war wohl kaputt,
keine Ahnung warum.
Mein Blick fiel auf meinen Arm. Wo waren meine Muskeln geblieben? Nicht,
dass ich viel davon hatte, aber so schlank war mein Arm h?chstens vor der
Pubert?t gewesen. Nein, selbst dann nicht. Vor allem nicht mit so
schlanken H?nden. Ich bewegte die Finger einer Hand. Ja, es war
anscheinend meine Hand.
Aber wieso war auch dort die Haut leicht gebr?unt? Mein Blick wanderte
und blieb direkt vor mir auf meiner Brust stehen. Dort befanden sich zwei
Rundungen, in Wildleder geh?llt, die nicht dort sein sollten.
Das brachte mein Gehirn endg?ltig auf volle Touren. Ich sah auf zwei
Br?ste aus einer Perspektive, die v?llig unm?glich sein sollte! Und um es
noch unwirklicher zu machen, waren sie von blauen Haaren umrahmt.
Unbewusst strich ich mir wieder eine blaue Str?hne aus dem Gesicht.
Unbewusst? Nur zum Teil. Nun wurde ich mir dessen bewusst, dass diese
langen blauen Haare von meinem Kopf stammten. Und diese schlanken Arme
und wohlgeformten Beine auch zu mir geh?rten. Und diese kurze Hose war
nicht kaputt, sondern ein Rock.
Nein, ein weiterer Blick belehrte mich dar?ber, dass das angenehm weiche
Material von meinem Oberk?rper bis zu den Oberschenkeln reichte. Ich trug
ein Kleid.
Ein Schreck durchfuhr mich. Aber die deutlich sichtbaren Br?ste, die
schlanken Arme und wohlgeformten Beine ?berzeugten mich, dass ein Kleid
die richtige Bekleidung f?r diesen K?rper war.
Das brachte mich endlich zu der Erkenntnis, dass ich in einem anderen
K?rper war. Richtig! Der alte Mann, die magische Reise, bei der die
K?rper zur?ckblieben ... Nur logisch, dass ich jetzt in einem anderen
K?rper war. Aber warum ausgerechnet weiblich? Und mussten diese Haare so
lang sein? Und warum waren die so intensiv blau?
Ich rappelte mich auf. Das Gras war ganz sch?n gro? hier. Nun deutlich
wacher betrachtete ich alles, was ohne Spiegel von meinem K?rper zu sehen
war. Ja, es war ganz ohne zweifel ein weiblicher K?rper. Und soweit ich
es aus dieser Perspektive sagen konnte, ein sehr wohlgeformter. Das
einzig Ungew?hnliche, sah man von der pl?tzlichen Geschlechtswandlung ab,
war die Haarfarbe. Leuchtend blau, auch mit wacheren Sinnen.
Aber irgendetwas anderes war auch nicht wie gewohnt. Ich bewegte erst die
Beine und dann Arme und H?nde. Das war es nicht. Ich f?hlte noch etwas
anderes, fast so wie ein weiteres Paar Arme. Nein, das war es nicht ganz.
Es f?hlte sich mehr an wie Arme ohne H?nde.
Probeweise bewegte ich diese zus?tzlichen Arme, wenn es so etwas war.
Schlie?lich sah ich nur zwei ganz gew?hnliche, wenn auch sehr weibliche
Arme vor mir. Fast w?re ich gest?rzt, ohne das ich mir erkl?ren konnte,
warum.
Noch einmal ganz langsam. Es gab ein kaum h?rbares Ger?usch, wie ein
leiser Luftzug. Trotzdem sp?rte ich eine Kraft auf meinen K?rper
einwirken. Das Ganze kam von meinem R?cken.
Ich tastete nach hinten. Mein Arm war unglaublich flexibler als ich es
gewohnt war, sodass ich problemlos die fragliche Stelle auf meinem R?cken
erreichte. Dort war etwas, was bei einem Menschen nicht zu finden sein
sollte. Etwas ragte aus meinem R?cken, und ich konnte dort f?hlen, wie
meine Hand dar?ber strich! Es war kein Kost?m, es geh?rte zu mir!
Nun halte ich mich f?r halbwegs intelligent. Zumindest gut genug, um an
einer Universit?t zu studieren. Eigentlich sollten mir alle bisherigen
Fakten schon ziemlich eindeutig sagen, was da auf meinem R?cken war. Aber
es war einfach zu ungeheuerlich, und deshalb blockierte mein Gehirn f?r
einige Zeit die Tatsachen.
Aber schlie?lich blieb keine andere M?glichkeit als zu akzeptieren, dass
etwas auf meinem R?cken war, das ich f?hlen und bewegen konnte. Und das
dabei ziemlich viel Wind dabei machte.
Ich hatte Fl?gel.
Und nun, da die Blockade in meinem Kopf sich zu l?sen begann, wurde mir
etwas anderes klar. Nicht das Gras war riesig, ich war winzig.
Winzig, weiblich, Fl?gel, blaue Haare ... Das Einzige, was mir dazu
einfiel, war eine Elfe. Das war aber ein reines Fantasieprodukt, so etwas
gab es nicht. Ich brauchte einen Spiegel, um aus dieser Halluzination
aufzuwachen.
Jetzt musste ich mir erst einmal eine ?bersicht verschaffen, wo ich
eigentlich war. Das Gras war viel zu hoch als das ich viel sehen k?nnte.
Ich versuchte mir einen Weg durch die Halme zu bahnen, aber es war sehr
m?hselig. Nach einigen Minuten kam ich an eine kleine freie Stelle. Aber
viel half das auch nicht, ich war von hohem Gras umgeben.
Aber dort lag ein umgefallener Baum. Nein, es war eher ein riesiger Ast.
Da k?nnte ich hinaufklettern. Gesagt, getan. Dieser K?rper war sehr
gewandt, so bereitete das Klettern kein Problem. Aber wegen der
ungewohnten Leichtigkeit passte ich nicht richtig auf, und so rutschte
ein Fu? von einer moosbewachsenen Stelle.
Ein riesiger Schreck durchfuhr mich, ich war schon ganz sch?n hoch. Aber
- ich st?rzte nicht. Es war, als w?rde ich mich mit meinen zus?tzlichen
Armen nach oben ziehen. Tats?chlich gewann ich an H?he, statt zu fallen.
Eigentlich brauchte ich keinen Spiegel mehr, um zu sehen, ob ich Fl?gel
hatte. Das Schweben in der Luft war Beweis genug. Und obendrein sp?rte
ich den durch die Fl?gel verursachten Luftzug und h?rt das leise dadurch
verursachte Ger?usch.
Neugierig betrachtete ich meine Umgebung, da ich nun nicht mehr im Gras
versunken war. Ich war auf einer Waldlichtung. Die Sonne schickte ihre
Strahlen schr?g durch die B?ume, und ?berall flogen Insekten. Es war fast
unwirklich sch?n und friedlich.
Nun, da ich einen Vergleich hatte, sah ich, dass mein Baum ein nicht sehr
gro?er Ast war. Nicht weit entfernt lag der dazu geh?rige Baum. Dort
schienen bereits drei von der Gruppe zu sein.
Wie steuerte man nun seine Fl?gel? Aber anscheinend wusste ich, was zu
tun war, denn ich flog problemlos in Richtung Baum. Ganz langsam, denn
ich war mir meiner Sache nicht sicher.
Als ich mich der Gruppe gen?hert hatte, sah ich, dass es nicht die
Studenten waren. Aber einen Moment sp?ter wurde mir klar, dass sie wie
ich nun andere K?rper hatten.
Am meisten fiel mir eine Frau auf. Zumindest war sie auf den ersten Blick
eine Frau. Sie war komplett in ein zart gemustertes Fell gekleidet. Der
Kopf hatte zwar menschliche Z?ge, vor allem das Gesicht, sah aber sonst
wie der einer Katze aus, inklusive Katzenohren.
Sie hatte eine traumhafte Figur mit schmaler Taille und
wohlproportionierten Br?sten. Fast erwartete ich Pfoten, aber die H?nde
sahen normal genug aus. Wenn auch an den Fingern die N?gel eher wie
Krallen aussahen. Ich sah sie im Profil, so konnte ich auch ihren langen
Schwanz sehen, der sich wie bei einer Stubenkatze bewegte. Ihre
Aufmerksamkeit war auf die Anderen gerichtet, sodass sie mich nicht sah.
Sie redete mit einem Mann, der als hervorstechendes Merkmal lange
silberne Haare hatte. Dabei war er nicht alt, vielleicht um die drei?ig.
Spitze Ohren ragten durch die Haare. Sein Gesicht war fast zu sch?n f?r
einen Mann. Wenn ich jemals einen Elben gesehen hatte, dann war es
dieser. Obendrein hatte er einen Bogen samt K?cher auf dem R?cken.
Die letzte der Gruppe war eine klassische Amazone. Sehr gro?, athletisch,
aber mit all den n?tigen Rundungen, um eine wundersch?ne Frau zu sein.
Sie war ziemlich knapp bekleidet, nur etwas Leder um ihre Br?ste und eine
Art Minirock. Auf dem R?cken hatte sie ein langes Schwert, und im G?rtel
steckte ein gro?es Messer.
Sie war es, die mich entdeckte. "Achtung, eine gro?e Libelle", rief sie
und schlug nach mir.
"Nicht schlagen!", rief ich mit aller Kraft, zu der dieser kleine K?rper
f?hig war.
Sie schaute mich verdutzt an. "Das ist gar keine Libelle - das ist eine
Elfe!"
"Nein, ich bin Cornelius", schrie ich.
"Nicht so laut, kleine Elfe. Wir h?ren dich sehr gut, du musst nicht
schreien."
Mit normaler Stimme sagte ich, "Ich bin euer Reiseleiter Cornelius."
"Du bist also daf?r verantwortlich, dass wir pl?tzlich in anderen K?rpern
sind? Und warum muss ich ausgerechnet eine Frau sein?" Sie klang ziemlich
ver?rgert. Bei so einer gro?en Kriegerin h?rte sich das gef?hrlich an.
"Ich bin genauso ?berrascht", antwortete ich, "ich wusste nichts davon.
Sieh nur, ich bin selber eine Frau!"
"Ich dachte, du bist unser Reiseleiter? Dann musst du doch Bescheid
wissen?"
"Der alte Mann hat mir nichts gesagt, au?er, dass ich das n?tige Wissen
magisch bekommen w?rde."
"Nun, wenn wir eine Massenhalluzination ausschlie?en, dann d?rfte es
jetzt bewiesen sein, das es Magie gibt. Also was sagt die Magie dir?" Sie
ging erstaunlich unbefangen mit der h?chst ungew?hnlichen Situation um.
"Gar nichts." Pl?tzlich wurde mir kurz leicht schwindlig. Auf einmal
wusste ich, wer vor mir stand. "Doch, jetzt wei? ich etwas."
Alle drei sahen mich neugierig an.
"Ich wei? nun eure Namen." Ich zeigte auf die Amazone. "Du bist Abura,
vorher Uwe." Dann wandte ich mich an die Katzenfrau. "Und du bist
Lisandra, fr?her Bernd." Ich zeigte auf den Elben. "Und das ist
Gersendis, fr?her Andreas."
"Und wie hei?t du?", fragte Abura, die die Sprecherin der Gruppe zu sein
schien.
"Viola", sagte ich err?tend.
"Das ist ziemlich passend", meinte Gersendis. "Du bist sch?n wie eine
Blume, und auch so zart. Und dein Kleid schimmert sogar violett."
Ich sah an mir herunter. Mein Kleid schillerte tats?chlich in der Sonne
wie bei einem Kolibri. Je nach Blickwinkel und Bewegung ?nderte sich die
Farbe, aber insgesamt blieb ein Eindruck von Violett.
"Und was ist mit den Anderen?", fragte Lisandra, die die ganze Zeit mehr
damit besch?ftigt schien, ihren Schwanz unter Kontrolle zu bringen.
"Ich sp?re sie schon", antwortete ich. "Da kommen Dhira und Kyara."
Zuerst schien es ein Reiter zu sein. Beim N?herkommen zeigte sich aber,
dass das Pferd gar kein Pferd war. Statt eines Pferdekopfes ragte der
Oberk?rper einer Frau hervor, mit langen Haaren im Wind wehend, wie eine
M?hne zum Fell des Pferdek?rpers passend. Es war ein Zentaur. Oder wie
hei?t die weibliche Form davon?
Auf ihrem R?cken sa? eine geheimnisvoll aussehende Frau. Das kam vor
allem durch die gro?e Kapuze, in der ihr Kopf versteckt war. Sie geh?rte
zu einem langen dunklen Mantel, der vorne ge?ffnet war. Darunter konnte
man ein Leder-Bustier und einen ziemlich kurzen Lederrock erkennen, genau
wie die Stiefel in tiefem Schwarz. Dazu kontrastierte das bleiche, fast
wei?e Gesicht in einer unnahbaren Sch?nheit.
W?hrend sie immer n?her kamen fragte ich Abura, "Das Fliegen strengt mich
kann. Darf ich mich auf deine Schulter setzen?"
Sie l?chelte mich an und machte eine einladende Geste. Ich landete auf
ihrer Schulter und hielt mich an den Haaren fest. Dann entschied ich
mich, das Sitzen besser war. Ich setzte mich - um sofort wieder
aufzustehen. Mein Kleid war hochgerutscht. Ich hatte keine Ahnung, was
ich darunter trug. Aber das sollte besser nur ich sehen, und sonst
niemand. Fast f?hlte es sich so an, als w?re nichts unter dem Kleid ...
"Was zappelst du denn so?", fragte Abura.
"Ich bin noch nicht daran gew?hnt, ein Kleid anzuhaben."
"Ja, es ist schon ein merkw?rdiges Gef?hl, wenn man noch nie einen Rock
anhatte, und dann gleich einen so kurzen." Man h?rte es ihrer Stimme an,
dass sie lieber etwas anderes anh?tte.
Ich setzte mich wieder hin, diesmal darauf bedacht, dass das Kleid unten
blieb. Trotzdem f?hlte ich mich unten immer noch sehr exponiert. Ich
schlug die Beine ?bereinander, um wenigstens ein bisschen vor
unerw?nschten Blicken gesch?tzt zu sein.
Gersendis sah mich interessiert an. "Hat dir die Magie auch beigebracht,
dich so sexy hinzusetzen?"
Es war mir noch gar nicht bewusst geworden, dass dieser K?rper sexy war.
Ich hatte es einfach als Tatsache hingenommen, das ich nun eine Frau war.
Aber mir war nicht klar, dass mein Aussehen nat?rlich auf andere wirkte.
Und vor allem auf einen Mann, wie Gersendis war. Aber der war sowieso zu
gro? f?r mich.
Ich schreckte auf. Was dachte ich da? Aber es war keine Zeit f?r weitere
?berlegungen, denn der Zentaur war da.
"Ich nehme an ihr seid der Rest unserer Gruppe?", fragte die
geheimnisvolle Frau.
"Ja", sagte meine Tr?gerin, "unser Reiseleiter, ?h Reiseleiterin Viola
hat euch schon angek?ndigt."
Die Frau sah mich erstaunt an. "Du bist Cornelius?"
"Ja. Aber jetzt hei?e ich Viola, Cornelius passt nicht so richtig zu
meinem Aussehen."
"Ich bin Claudia", antwortete sie.
"Ich wei?." Das entlockte ihr ein Stirnrunzeln. "Als Reiseleiter soll ich
die n?tigen Informationen magisch bekommen, hat der alte Mann gesagt.
Soweit wei? ich als Einziges unsere Namen. Du bist Kyara, wusstest du
das?"
"Nein - aber jetzt erscheint es mir auf einmal, als w?re das schon immer
mein Name gewesen."
"Und der Zentaur hei?t Dhira."
"Gef?llt mir", sagte die ehemalige Monika. "Aber warum ich als einzige
nackte Br?ste haben muss, ist mir unklar."
"Ich habe auch keine Kleidung", meinte Lisandra, die Katzenfrau.
"Aber du hast wenigstens ein Fell dar?ber."
"Trotzdem f?hle ich mich ziemlich nackt, vor allem unten herum. Ich habe
das Gef?hl, das jeder an meine intimsten Stellen kann."
"Du musst auch bedenken, dass sie fr?her ein Mann war", warf ich ein.
"Das ist f?r uns alle nicht einfach."
"Ja, ich bin tats?chlich der einzige Mann", meinte Gersendis.
"Bilde dir blo? nicht ein, du k?nntest das irgendwie ausn?tzen", zischte
Lisandra. Ich glaube, der Ausbruch kam haupts?chlich aus ihrer
Unsicherheit.
Aber mir ging es ja nicht anders. Ich f?hlte mich unten so ungesch?tzt,
so leicht verletzlich. Bei Lisandra musste das noch schlimmer sein, denn
sie hatte dieselbe Gr??e wie der einzige Mann. Und nicht einmal ein Kleid
oder Rock an.
"Immer mit der Ruhe", bes?nftigte Gersendis. "Ich wei? mich zu benehmen."
Lisandra wirkte nicht ?berzeugt, und auch ihr Schwanz bewegte sich
nerv?s.
"Es ist schon merkw?rdig, pl?tzlich auf zwei Br?ste zu schauen", stellte
Abura fest. "Sie sehen riesig aus."
"Das liegt an der Perspektive", meinte ich, als ich auf die wirklich
gro?en Br?ste unter mir sah, die zudem kaum bedeckt waren. "Tats?chlich
sind sie sehr wohlproportioniert."
"Ich w?nschte, ich k?nnte mich in einem Spiegel sehen."
Pl?tzlich hatte ich wieder diesen leisen Schwindel, aber nur ganz kurz.
"Das sollte kein Problem sein. Kyara ist eine Zauberin."
Das verursachte wieder ein Stirnrunzeln bei der Frau, die mittlerweile
von dem Zentaur abgestiegen war. "Ich, eine Zauberin?"
"Ja", antwortete ich, "deine F?higkeit ist die Optik. Du kannst dich
unsichtbar machen, oder eine Illusion erstellen. Zum Beispiel eine Art
Luftspiegelung machen, die wie ein Spiegel wirkt."
Nachdenklich zog sie sich die Kapuze vom Kopf. Pechschwarze lange Haare
flossen ?ber ihre Schulter.
"Ja, jetzt sp?re ich es. Mal sehen, ob das wirklich geht." Sie machte
eine Geste mit der Hand, als ob sie ?ber eine senkrechte Fl?che wischen
w?rde. Die Luft flimmerte wie bei gro?er Hitze. Das Flimmern wurde immer
intensiver, bis es sich pl?tzlich beruhigte. Die Luft war an dieser
Stelle zwar immer noch durchsichtig, aber sie warf auch unsere
Reflexionen zur?ck, etwa wie eine senkrecht stehende Wasseroberfl?che.
Meine Tr?gerin stellte sich vor die spiegelnde Fl?che. Niemand schien ihr
den Vortritt nehmen zu wollen, dazu verbreitete sie eine zu kriegerische
Aura.
"Wow", sagte sie nach ein paar Sekunden, "ich sehe wie eine Amazone aus.
Aber so eine sch?ne Amazone habe ich noch nie gesehen." Vertr?umt gab sie
sich ihrem Spiegelbild hin. Der Gesichtsausdruck nahm ihr alles
kriegerische, sie sah dadurch im Gegenteil femininer aus.
Auf der Schulter sa? so etwas wie eine Barbie Puppe. Jedenfalls von der
Gr??e her. Aber schon die leuchtend blauen Haare zerst?rten diesen
Eindruck. Und nat?rlich die hinter der Puppe zu sehenden irisierenden
Fl?gel, wie auch die langen spitzen Ohren.
Ich wirkte so unheimlich zart und verletzlich. Kein Wunder, dass sie mich
mit einer Libelle verwechselt hatte, eine gewisse ?hnlichkeit war da.
Aber am Meisten faszinierte mich mein Gesicht. Es war so fein gezeichnet,
und so unglaublich feminin. Riesig wirkende Augen und sch?n geschwungene
Lippen. Die unglaublich langen blauen Wimpern wirkten wie eine Art
Lidschatten. Dieses Gesicht brauchte kein Make-up - ganz im Gegenteil,
jegliche ?nderung w?rde diese Perfektion zerst?ren.
"Lass die anderen auch einmal", dr?ngte Lisandra. Sie schien ihre
Selbstsicherheit zur?ckgewonnen zu haben. Ungl?ubig sah sie sich im
Spiegel an. "Oh, ich habe nicht nur ein Fell, ich sehe wirklich aus wie
eine Katze ..." Gedankenverloren strich sie sich ?ber ihre Br?ste, sich
nicht dar?ber im Klaren, welche Show sie dabei gab. Aber sie hatte ja
auch noch nie Br?ste gehabt. "Au! Ich muss aufpassen, dass ich nicht
versehentlich die Krallen ausfahre." Durch den Schmerz aufgeschreckt,
wurde sie sich bewusst, was sie da machte. Versch?mt trat sie zur?ck.
Gersendis hatte halb hinter ihr gestanden und sah sich nun vollst?ndig.
"Wow! Ich sehe aus wie aus einem Fantasy Film."
"Bilde dir blo? nichts ein", war leise Lisandra zu h?ren.
"Ich kann den Effekt nicht viel l?nger aufrecht erhalten", sagte Kyara.
"Beeilt euch, das ist anstrengend."
Trotzdem war es nun sie, die am l?ngsten vor ihrem Spiegelbild stand.
Fassungslos fuhr sie sich ?ber das Gesicht. "Keine Hautunreinheit -
einfach perfekt." Dann trat sie zur?ck. "Ich wollte, ich w?rde so im
richtigen Leben aussehen. Schaut nur diese Br?ste an: Als ob sie noch nie
etwas von Gravitation geh?rt h?tten." Sie war sichtlich von ihrem
Aussehen beeindruckt, dabei hatte sich ihr Geschlecht nicht ge?ndert.
Als letzte trat Dhira vor den Spiegel. Sie starrte auf ihre nackten
Br?ste, fasste sie aber nicht an. Man konnte deutlich an ihrem Gesicht
sehen, dass sie es oben ohne nicht mochte. Wohl, weil sie auch schon
immer eine Frau gewesen war und es gewohnt war, ihre Br?ste zu bedecken.
Das sie vom Nabel abw?rts ein Pferd war schien sie hingegen ?berhaupt
nicht zu st?ren.
Wortlos trat sie zur?ck und Kyara lie? mit einem Ausdruck der
Erleichterung den Spiegel verschwinden.
Einige Zeit sa?en wir wortlos beieinander. Dann stellte Abura fest, "Das
werden h?chst interessante f?nf Wochen."
"Ich kann nicht glauben, dass der alte Mann nichts davon gesagt hat, wie
wir hier aussehen", erg?nzte Lisandra.
"Und das wir unser Geschlecht wechseln, jedenfalls die H?lfte von uns",
meinte ich.
"Du bist unser Reiseleiter, und hast nichts gewusst?", fragte Kyara.
"Nein, kein bisschen. Ich glaube nicht, dass ich mich darauf eingelassen
h?tte, wenn ich gewusst h?tte, dass ich zur Elfe w?rde. Ich f?hle mich so
winzig und hilflos."
"Aber du kannst fliegen. Ich stellte mir das toll vor", sagte Dhira mit
tr?umerischem Gesichtsausdruck. "Wie f?hlt sich das an, wenn man Fl?gel
hat?"
Ich zuckte die Schultern. "V?llig normal. Am ehesten wie zwei zus?tzliche
Arme. Bei Armen denkst du auch nicht dar?ber nach, wie du sie bewegst. Du
tust es einfach."
"Entschuldige die etwas indiskrete Frage", sagte Gersendis, "bist du wie
eine menschliche Frau? Ich meine unter dem Kleid."
"M?nner!", zischte Lisandra. Man konnte wirklich nicht glauben, dass sie
noch vorhin selber ein Mann war.
"Ich bin kein Mensch, ich bin ein Lichtalb", sagte ich selbstbewusst. So
langsam verwirrte mich ein unerwartetes Wissen nicht mehr ganz so stark.
"Und wie ich unter dem Kleid aussehe, wird abgesehen von mir h?chstens
ein anderer Lichtalb erfahren."
"Wow, kaum ein paar Stunden eine Frau", grinste Gersendis, "und schon
denkt sie an Sex. Pardon, weiblicher Lichtalb wollte ich sagen."
"Wer redet hier von Sex?", sagte Lisandra mit ver?chtlichem
Gesichtsausdruck. "DU wolltest doch wissen, wie es unter dem Kleid
aussieht."
"Man wird doch noch neugierig sein d?rfen! Schlie?lich ist es nicht ihr
richtiger K?rper; ich wei? nicht, warum sich hier alle so anstellen."
Nun bekam er b?se Blicke aus f?nf Paar Augen. Wohl nicht nur ich dachte,
dass es besser w?re, wenn er auch eine Frau w?re. Genauer eine Elfe, dann
k?nnte er sich selbst ?berzeugen, was unter dem Kleid ist.
##
Nach einigen Minuten eisigen Schweigens meinte Abura, "Lassen wir uns
doch durch ihn nicht die Stimmung verderben. Schlie?lich haben wir
Urlaub."
"Genau", meinte Dhira. "Was machen wir als N?chstes? Ich meine, wir
k?nnen ja nicht ewig auf dieser Wiese bleiben."
"Ja", schloss sich Gersendis an, v?llig unbeeindruckt von den Blicken,
die er von allen bekommen hatte.
Lisandra tuschelte Kyara etwas ins Ohr. Die fing auf einmal breit zu
grinsen an. Dann sah sie zu Gersendis und konzentrierte sich.
Ich folgte ihrem Blick. Auf Gersendis Brust schien kurz die Luft zu
flimmern, dann begannen sich zwei kleine Rundungen zu formen. Innerhalb
kurzer Zeit bildeten sich zwei ziemlich gro?e Br?ste.
Gersendis wunderte sich, warum ihn auf einmal alle anstarrten. Dann sah
er an sich herunter, auf zwei gro?e Br?ste. Sein Gesicht zeigte panischen
Schrecken. "Oh nein!!"
V?llig erstarrt sah er einige Zeit auf seine neuen Rundungen. "Oh nein,
oh nein, oh nein!" sagte er immer wieder. "Das kann nicht wahr sein! Ich
kann nicht auch noch zu einer Frau werden!"
"Willst du nicht unter dein Hemd sehen?", sagte Lisandra sp?ttisch. "Dann
brauchst du nicht mehr unter Violas Kleid zu schauen."
Nun, da es um ihn selbst ging, war er davon ?berhaupt nicht angetan.
"Nein ..." Wie zum Schutz breitete der seine Arme ?ber die Br?ste aus.
Die jedoch sanken durch die Br?ste hindurch, als wenn sie Luft w?ren. Was
sie ja auch waren. Kyara gab die Illusion auf.
Gersendis sah verbl?fft auf eine nun wieder flache Brust. "Es war nur
eine Illusion ..." Dann wurde ihm klar, wie er sich eben verhalten hatte,
und das Blut schoss ihm ins Gesicht. Verlegen ging er ein paar Schritte
zur Seite.
"Das wird ihm hoffentlich eine Lehre sein", sagte Lisandra. "Nur schade,
dass sie nicht echt waren."
Als das allgemeine Gekichere aufh?rte rief ich, "Alle bitte herh?ren."
"Wir ?bernachten heute in einer H?tte nicht weit von hier. Wir sollten
uns auf den Weg machen, damit wir vor der Dunkelheit mit allem fertig
sind."
"Wohnt jemand in der H?tte?", fragte Abura.
"Nein, zurzeit nicht. Sie wird sonst von den Menschen zum Holzf?llen
benutzt."
"Was, Menschen gibt es hier auch?", fragte Lisandra.
"Ja, aber nicht sehr viele." Mein Wissen verbl?ffte mich wieder.
"Warum sind wir dann keine Menschen geworden?"
Ich zuckte die Schultern. "Lasst uns aufbrechen. Ich fliege voran." Genau
das tat ich dann auch, auf einmal genau wissend, in welche Richtung wir
gehen, ?h ich fliegen musste.
##
Nach einiger Zeit sp?rte ich, wie ich m?de wurde. Sehr ausdauernd war ich
im Fliegen nicht, keine Chance, mit einem Zugvogel zu konkurrieren. Ich
kehrte zu Abura zur?ck, die mich wieder bereitwillig auf ihrer Schulter
sitzen lie?.
Kurz darauf stoppte sie. "Du zerrst zu sehr an meinen Haaren."
"Ich muss mich ja irgendwo festhalten."
"Das geht aber so nicht auf die Dauer, ich habe sonst bald keine Haare
mehr."
"Ich habe mich ganz gut ausgeruht, ich fliege wieder ein St?ck. Ist auch
besser das ich Ausschau halte."
"Ausschau? Warum?"
"Wir sind nicht die einzigen Lebewesen hier."
"Oh. Gibt es denn gef?hrliche Lebewesen?"
"Was glaubst du, warum du ein gro?es Schwert hast? Das ist kein Kost?m,
und das Schwert ist nicht aus Holz."
Sie wurde auf einmal sehr still.
##
Wir kamen ohne Zwischenfall an der H?tte an, die wie erwartet leer war.
Sie lag sehr romantisch an einen gro?en Felsen gelehnt. Das hatte wohl
eher praktische Gr?nde, denn so sparte man eine Wand.
Dhira schaute skeptisch auf die kleine T?r. "Wie soll ich da
hineinkommen?"
"Immer mit der Ruhe", antwortete ich von ihrem R?cken aus. Warum Abura an
den Haaren zerren, wenn man ein Pferd dabei hat? Ok, ein Zentauer, ist
aber auch nicht schlechter. Vor allem hatte sie einen sehr ruhigen Gang.
"So gro? bist du nun auch wieder nicht, du d?rftest problemlos durch die
T?r passen. Aber lass erst einmal die Anderen hineinsehen."
Abura war wie immer vorne dran. Die T?r klemmte zwar, aber da zeigte sich
ihre ungeheure Kraft. Der Versuch die T?r zu ?ffnen endete mit Abura auf
dem R?cken liegend, und die T?r obenauf. Der Anblick war zu komisch. Alle
fingen an zu lachen. Dann flog die T?r zur Seite.
Abura sah sich verdutzt um, und fing dann auch an zu lachen.
Der Vorfall hellte die Stimmung in der Gruppe deutlich auf. Da konnte es
auch nicht mehr st?ren, als Lisandra ihren Kopf in die H?tte steckte und
sofort wieder herauszog. "Was ein Chaos!"
Holzf?ller scheinen wirklich nicht die Ordentlichsten zu sein. Lisandra
hatte es perfekt beschrieben: Chaos.
Kurz darauf waren wir alle besch?ftigt. Ich war der Scout und machte mich
auf die Suche nach Wasser und Brennholz. Wasser war einfach, direkt neben
dem Felsen entsprang eine Quelle.
Brennholz fand ich ein St?ck weit weg: Die Reste des letzten
Holzeinschlages, nicht wert, abtransportiert zu werden. Und anscheinend
trocken genug. Zur?ck an der H?tte verk?ndete ich mein Ergebnis.
"Sch?n", meinte Abura schwitzend. "Und wie bekommen wir das Holz
hierher?"
"Hmm, da h?tte ich auch dran denken k?nnen. OK, neue Erkundung."
Dazu brauchte ich nicht lange. Neben der H?tte war ein Schuppen, und
darin war ein ganz einfacher Karren. F?r ein Pferd ...
"Nein, ich lasse mich doch nicht vor einen Karren spannen!", sagte Dhira
emp?rt.
"Aber Dhira, ?berlege einmal, niemand sonst hat soviel Kraft. Und beim
Aufr?umen in der H?tte kannst du nicht helfen."
Sie be?ugte misstrauisch die Riemen, mit denen der Karren an einem Pferd
befestigt wurde. "Mit den ganzen Riemen k?me ich mir vor wie gefesselt."
Ok, das stimmte ein wenig. War der Karren an ihr, konnte sie ihn aus
eigener Kraft nicht mehr loswerden. Ich wei? nicht, wie ich das sehen
w?rde, wenn ich mit Riemen an etwas befestigt w?rde.
"Dhira, es ist doch nur f?r ganz kurze Zeit. Und wie sollen wir sonst das
Holz transportieren?"
Endlich lie? sie sich ?berreden. Abura, als die mit der gr??ten Kraft,
zog den Karren aus dem Schuppen und befestigte ihn dann an Dhira. Die war
erneut nicht begeistert, als sich die Riemen eng um sie zogen. Aber sie
lie? es sich gefallen - wenn auch widerwillig.
Schlie?lich ging es den ausgefahren Weg zu der Einschlagstelle. Abura
begleitete uns, irgendwie musste das Holz ja auf den Wagen kommen. Ich
kam mir reichlich unn?tz vor, als Abura schwitzend den Karren belud,
w?hrend Dhira missmutig davor stand.
Nicht viel sp?ter waren wir zur?ck an der H?tte. Drinnen waren Lisandra
und Kyara flei?ig gewesen, es sah mittlerweile rustikal gem?tlich aus.
Gersendis war nirgends zu sehen. Da ich sowieso nicht weiter helfen
konnte, machte ich mich auf die Suche nach etwas Essbaren. Schnell fand
ich leckere blaue Beeren, die mein magisches Wissen als essbar einstufte.
Sehr ergiebig war mein Sammeln nicht, wenn ich das Ergebnis in der
klobigen Holzsch?ssel nach f?nf Fl?gen sah. Dabei war ich fix und fertig.
Ich denke, der gute Wille z?hlt.
Nun waren auch alle anderen fertig mit ihren Arbeiten. Frisches Laub war
f?r das Nachtlager gesammelt, und auf der einfachen Feuerstelle brannte
ein Feuer. Alle waren ziemlich geschafft, aber ein Problem hatten wir
noch: die paar Beeren reichten keinesfalls, um uns satt zu machen.
"Mann, Urlaub habe ich mir irgendwie anders vorgestellt", st?hnte Kyara.
"Wo ist eigentlich Gersendis?"
"Hat sich wohl um die Arbeit gedr?ckt", glaubte Lisandra.
"Ich mache mir langsam Sorgen", meinte ich. "Schlie?lich bin ich als
Reiseleiter verantwortlich f?r ihn. Moment - ich sp?re ihn kommen." Es
war eine meier neuen F?higkeiten: Ich sp?rte die Ann?herung von
Lebewesen.
Ich sah, das Lisandra schon etwas Giftiges sagen wollte, aber als er
hereinkam, blieb ihr die Rede im Hals stecken. Er hatte ein gro?es Tier
?ber den Schultern. Sein vorher sauberer Anzug war mit Blut besudelt. Er
lie? das Tier zu Boden gleiten. Es sah ein wenig wie ein Reh aus.
"Hallo allerseits", sagte er in die erstaunte Runde. "Ich dachte, etwas
zu essen w?re nicht schlecht ..."
Vor allem Abura schaute begeistert. "Mann, das ist eine Erl?sung! Wenn
ihr w?sstet, was f?r einen Hunger ich habe. Ein Hoch auf den J?ger: Hip
Hip Hurra!"
Alle stimmten in den Ruf ein, sogar Lisandra. Gersendis sah sichtlich
zufrieden aus. "Ich ziehe ihm das Fell ab. K?nnt ihr die Zubereitung dann
?bernehmen? Ich muss mich dringend etwas sauber machen ..."
"Ich helfe Gersendis beim Zerlegen", sagte Abura. "Ich habe schon einmal
beim Hausschlachten geholfen."
Bald waren alle emsig bei der Arbeit. Ein Grill wurde gebastelt, er
bestand ganz schlicht aus einem langen Ast in zwei Astgabeln. Das Feuer
wurde verst?rkt, um Glut f?r das Grillen zu erzeugen. Und Wasser wurde in
einem gro?en Kessel aufgesetzt.
Als es d?mmrig wurde, sa?en wir alle vor den langsam braun werdenden
gro?en Fleischst?cken. Es herrschte eine sehr freundliche Atmosph?re,
selbst zwischen Lisandra und Gersendis.
Sp?ter a?en wir alle unglaubliche Mengen des k?stlichen Fleisches. Ich
muss sagen, mir hat noch nie etwas so gut geschmeckt, obwohl es v?llig
ungew?rzt war. Den guten Geschmack gab vor allem der Rauch.
##
Die Nacht verlief friedlich, und alle schliefen nach den ungewohnten
Anstrengungen ausgezeichnet. Zum Fr?hst?ck gab es Fleischsuppe, in der
die letzten Fleischbrocken die ganze Nacht gezogen hatte und die
entsprechend gut schmeckte. Ein wenig Salz w?re aber nicht schlecht
gewesen.
Beim Essen fragte Abura mich, "Und wie geht es nun weiter?"
"Wir gehen zu unserem n?chsten Ziel, einem Dorf."
"Und was ist das Endziel?", fragte Gersendis. Er hatte sich sehr bem?ht
zu allen freundlich zu sein. Dann hatte er vor allem Dhiras Herz
gewonnen, als er ihr, w?hrend der Braten gegrillt wurde, eine Art Bustier
aus dem sorgf?ltig sauber geschabten Tierfell gebastelt hatte. Gegerbt
war es zwar nicht, aber mit hei?er Asche abgerieben. Zum N?hen dienten
feine Knochen des Tieres und Fasern eines Grases. Ich muss sagen, das
Ergebnis konnte sich sehen lassen.
"Ich habe keine Ahnung", antwortete ich. "Das Wissen kommt nur
st?ckchenweise."
"Hmm, ich muss sagen, so sch?n letztendlich der gestrige Tag geworden
war, m?chte ich das nicht jeden Tag machen."
"Heute werden wir in einem Gasthof ?bernachten."
"Und wer bezahlt das? Ich nehme an, auch auf dieser Welt gibt es so etwas
wie Geld."
Ich zuckte die Schultern. "Keine Ahnung. Ich wei? nur das heutige Ziel.
Ich habe diese Reise auch nicht geplant, ich soll nur die Teilnehmer
betreuen."
"Das ist schon eine merkw?rdige Reise," sagte Kyara. "Eine fremde Welt,
deren Bewohner wir nicht kennen - eigentlich kennen wir ?berhaupt nichts.
Dazu in fremden K?rpern, unterwegs ohne Ziel - oder zumindest, ohne dass
uns das Ziel bekannt ist. Und ein Reiseleiter, der praktisch nichts wei?
und auf magische Eingaben angewiesen ist."
"Ich muss sagen, ich fand es soweit gar nicht schlecht", meinte Abura.
"So eine Art Abenteuerurlaub. Und ich habe mich mittlerweile sogar an die
Dinger auf meiner Brust gew?hnt."
"Aber f?nf Wochen?", meinte Dhira. "Ich meine, es ist zwar ganz nett, mal
ein Zentauer zu sein, aber auf die Dauer ist das doch ganz sch?n
einschr?nkend mit so einem K?rper. Wie soll ich mich denn so in eine
Kneipe setzen?"
"Dhira, du ?bertreibst schon wieder. In diese H?tte hast du gepasst, also
wirst du auch in die Kneipe passen. Die siehst zwar aus wie ein Zentauer,
aber gr??enm??ig doch eher ein Pony. Ich glaube, wenn Abura auf dir
reitet, w?rden die Beine auf den Boden schleifen."
Dhira schaute v?llig verdutzt. Sie wusste nicht, ob das nun positiv oder
negativ gemeint war.
"Fakt ist, ohne dich w?re das Fleisch gestern roh geblieben. Wir brauchen
alle einander, jeder nach seinen speziellen F?higkeiten." Niemand h?tte
Gersendis solche Worte zugetraut.
"Vielleicht sollten wir das Ganze erst einmal durchsprechen", meinte
Kyara. "Ich meine, wir haben diese H?tte auf Hochglanz gebracht, wir
k?nnen auch noch eine Nacht bleiben. Dann hat sich die Arbeit wenigstens
gelohnt."
"Scheint mir keine schlechte-"
Ich unterbrach Lisandra. "Da n?hert sich jemand. Drei Personen. Und ich
habe ein ungutes Gef?hl dabei ..."
"Ungutes Gef?hl? Weil sich drei Personen n?hern?", fragte Gersendis.
"Nein, das ungute Gef?hl kommt durch eine Art negative Aura der Personen.
Ich glaube, wir sollten besser aufpassen."
"?h", sagte Gersendis beim Aufstehen, "wie genau ist das mit dem Wort
'Personen' zu sehen?"
"Keine Ahnung. Ich wei? nicht, was f?r Lebewesen es sind. Ich sp?re nur
die Anwesenheit."
"Ok, alle raus aus der Bude", sagte Gersendis bestimmt. "Ich warte auf
die Fremden, und ihr helft mir, falls n?tig."
Keiner erhob Widerspruch, sondern alle standen auf und gingen hinaus. Ich
sah Kyara neben die H?tte gehen, wo sie pl?tzlich unsichtbar wurde. Als
ich zu den anderen sah, waren alle verschwunden. Ich schwebte ein paar
Meter hoch und flog dann zu einem Baum. Ich wei? nicht, wie die V?gel das
machten, ich hatte jedenfalls eine Riesenangst mich mit den Fl?geln in
den ?sten zu verfangen. Aber ich kam sicher auf einem Ast an.
Kaum hatte ich mich gesetzt kamen auch schon drei Gestalten. Und genau,
wie wir mythologische Kreaturen waren, waren sie auch welche. Von der
dunklen Seite. Am ehesten erinnerten sie mich an Trolle, aber es waren
sicherlich keine. Aber aus der N?he war ihre negative Aura noch viel
st?rker, mir wurde fast ?bel davon.
Und auch andere merkten das. Die Ger?usche des Waldes waren auf einmal
verstummt. Pl?tzlich wusste ich auch, was die Kreaturen waren: Orcs. Sehr
treffend nach der Unterwelt - Orcus - benannt.
Einer der Orcs schnupperte in der Luft und sagte zu den anderen, "Sie
waren hier. Goroth hat wie immer recht gehabt."
"Lass uns nachschauen. Da ist jemand in der H?tte, ich rieche es."
Auf einmal erschien es mir ?berhaupt keine gute Idee zu sein, dass
Gersendis in der H?tte geblieben war. Er hatte nur einen Bogen, eine
Fernwaffe, wie wollte er etwas gegen diese Orcs ausrichten? Sie hatten
Schwerter, auf kurze Distanz viel besser.
Ich musste Gersendis Bescheid geben. Er rechnete nie und nimmer mit
solchen Orcs, die zudem anscheinend ?ber uns Bescheid wussten. Aber wie
sollte ich zu ihm kommen? Die T?r war repariert und zu.
Nein, das war sowieso keine gute Idee. Selbst wenn ich zu ihm kam, dann
konnte er trotzdem nichts machen, und ich war garantiert keine Hilfe.
Da ?ffnete sich die T?r und ein Bogen schaute heraus. Ich h?rte Gersendis
Stimme, "Was wollt ihr hier?"
"Es ist wirklich einer da. Den holen wir uns. Goroth wird sich freuen."
"Lebendig?"
"Davon hat Goroth nichts gesagt."
Sie st?rmten auf die H?tte zu. Ein Pfeil flog ihnen entgegen. Er traf
einen Orc in den Oberschenkel, was den ?berhaupt nicht beeindruckte.
Nun hatte ich riesige Angst um Gersendis. Was sollte ich nur tun? Die
wollten ihn umbringen! Was macht ein Reiseleiter in so einer Situation?
Pl?tzlich brach einer der Orcs zusammen. Ein Schwert steckte in seiner
Brust, auf das er verwundert starrte, um dann leblos auf die Seite zu
fallen. Ich sah ein wenig die Luft flimmern und wusste, wer das gewesen
war. Kyara, Himmel sei dank!
Die anderen zwei hatten noch nicht begriffen, was geschehen war, da
sprang Lisandra hervor und rannte zu einem der Orcs. Mit einer
katzengewandten Geschicklichkeit sprang sie auf seine Brust und fuhr mit
ihrer Hand ?ber die Kehle. Ich konnte bis hier die langen Krallen sehen!
Wieso waren die mir noch nie aufgefallen?
Der Orc brach zusammen, w?hrend aus dem Hals eine Fontaine schwarzen
Blutes str?mte.
Der dritte Orc schaute fassungslos auf die Leiche, was ihn aber nur dazu
motivierte, auf die T?r zuzust?rmen, das Schwert erhoben in der Hand.
Aber auch er kam nicht weit. Dhira galoppierte heran, mit Abura auf dem
R?cken. Eine Sekunde sp?ter fiel der Kopf des Orcs auf den Boden und
Abura schwenkte triumphierend das Schwert ?ber dem Kopf.
Dhira stoppte und trabte langsam zur?ck, und Abura stieg ab. Kyara wurde
sichtbar und Lisandra kam aus den B?umen. Ich sah auf ihre H?nde: Keine
langen Krallen zu sehen.
Die Schlacht war wohl geschlagen die Orcs tot. Und ich hatte nichts dazu
beigetragen. Ich lie? mich langsam zu den anderen sinken.
##
Staunend standen wir vor den Leichen. Die Orcs wirkten tot noch riesiger.
"Ich kann es kaum glauben, sie sind tats?chlich tot", sagte Gersendis.
"Als mein Pfeil wirkungslos blieb, bekam ich doch Bedenken." Er sah eher
so aus, als h?tte er es m?hsam vermieden, sich in die Hose zu machen.
"Es war ma?los leichtsinnig von dir. Ein Bogen ist f?r den Nahkampf nicht
geeignet, und du bist unge?bt", stellte Abura fest.
"Aber erstaunlicherweise konntest du ziemlich gut mit dem Schwert
umgehen", erwiderte ich. "Ich denke, wie ich Wissen ?ber die Welt
bekomme, habt ihr Wissen ?ber eure Waffen bekommen."
"Da gebe ich Viola recht", sagte Lisandra. "Ich h?tte nie gedacht, dass
ich meine Krallen so verwenden k?nnte ..." Sie sah auf ihre ganz normal
aussehende Hand und schien es immer noch nicht zu glauben.
"Ich m?chte dich nicht als Gegner haben", meinte Abura. "Du bewegst dich
so geschmeidig, und so unglaublich schnell."
"Mir stellt sich eine ganz andere Frage", sage Kyara nachdenklich.
"H?tten wir sie nicht besiegt, h?tten sie uns dann ungebracht? Und w?ren
wir dann auch in unserer Welt tot?"
Alle wurden sehr ruhig als sie das verdauten.
"Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie uns umgebracht h?tten", sagte ich
schlie?lich. "Ich h?rte einen so etwas sagen."
"Stellt sich die Frage, ob wir hier in akuter Lebensgefahr sind", meinte
Kyara.
"Wir wissen es nicht, deshalb sollten wir vorsichtig sein", sagte
Lisandra.
"Kann man diesen 'Urlaub' abbrechen?", fragte Dhira. "Es ist wirklich
nicht das, was ich mir vorgestellt habe. Ich dachte eher an exotische
Str?nde ..."
"Wir haben keinen Kontakt zu dem alten Mann", erwiderte ich. "Wie sollen
wir also den Urlaub abbrechen?"
"Das hei?t", meldete sich Gersendis zu Wort, "wir m?ssen die f?nf Wochen
durchstehen." Es schien in nicht sehr zu belasten, eher im Gegenteil. Ich
konnte ein unternehmungslustiges Funkeln in seinen Augen sehen.
Die Gesichter zeigten sehr unterschiedliche Reaktionen. Die Wenigsten
zeigten Zustimmung. Abura schien noch am ehesten zufrieden.
Mir fiel auf, dass die Einstellung relativ gut zu den Charakteren passte.
Hatten sie diese Eigenschaft mit dem neuen K?rper bekommen, oder hatten
sie die K?rper passend zu ihrem Charakter bekommen? Schade, dass ich sie
nicht vorher kannte. Sollte die zweite Variante stimmen, stellte sich die
Frage, warum fast alle weiblich waren ...
##
Wir hatten beschlossen, dass es zu gef?hrlich war, in der H?tte zu
bleiben. Schlie?lich wusste dieser "Goroth", das wir hier waren. Wer auch
immer das war; ein Bandit, ein H?uptling oder ein General?
Eine Untersuchung der Leichen hatte vieles f?r uns N?tzliches erbracht.
Riemen, Beutel und anderes hatten bis jetzt gefehlt. Ein kleiner Vorrat
Salz war fast wichtiger als eine Anzahl Goldst?cke.
Ich hatte es mir wieder auf Dhira bequem gemacht und flog nur ab und an
etwas voran, um den Weg zu sondieren. Weg war auch grenzenlos
?bertrieben: Am Besten waren noch Karrenspuren, aber oft waren es auch
einfach Tierpfade. Und die Tiere hatten sie nicht getreten, um am
Einfachsten von A nach B zu gelangen. So kamen wir nur langsam vorw?rts.
Wir gingen schweigsam durch den Wald, als Gersendis und auf einmal mit
einer Geste bedeutete anzuhalten. Dann hielt er einen ausgestreckten
Finger vor den Mund. Alle schauten sich verwundert um, aber sagten
wunschgem?? nichts.
Gersendis zog einen Pfeil aus seinem K?cher und spannte seinen Bogen. Ich
hatte keine fremde Anwesenheit gesp?rt, also konnte nichts Gef?hrliches
in der N?he sein.
Der Pfeil flog davon und nun sahen wir, was Gersendis wollte. Ein gro?er
Vogel lag tot auf dem Boden. "Wir brauchen doch etwas f?r das
Mittagessen?", sagte er grinsend.
Gersendis Beliebtheit stieg wieder ein St?ck. Das Leben in der Natur und
die viele Bewegung machten hungrig. Der Vogel wurde an Dhira befestigt.
Sie schien keine Probleme mehr damit zu haben.
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Der Vogel war lecker gewesen, hatte aber trotz seiner Gr??e kaum f?r alle
gereicht. Schlie?lich gab es nur Fleisch und nichts dazu.
Wir n?herten uns langsam dem Gasthof, wie ich durch meine neue F?higkeit
sp?rte. Er lang einsam in einer Lichtung an einer Kreuzung zweier Wege.
Am Rand der Lichtung hielten wir an.
"Wartet hier," gebot ich den Anderen. "Ich fliege vor und erkunde die
Lage."
Ich stieg auf Baumkronenh?he und n?herte mich vorsichtig dem Haus. Das
romantische Aussehen nahm ich nicht zur Kenntnis, vielmehr hielt ich
Ausschau nach Gefahren. Auf einer Koppel befanden sich ein paar Pferde,
alles schien friedlich und idyllisch.
Ich flog zu einem der Fenster, nachdem ich sicher war, dass drau?en
niemand war. In der Gaststube war, was ich ?berhaupt nicht erwartet
h?tte: eine Gruppe Menschen. Raue Gesellen, anscheinend Waldarbeiter. Der
Wirt schien selbst sein bester Gast zu sein, jedenfalls nach dem
Leibumfang zu urteilen. Ich hatte genug gesehen und flog zur?ck.
"Alles scheint friedlich zu sein", berichtete ich den Anderen. "Au?er dem
Wirt ist nur eine Gruppe Menschen zu sehen. Keine Orcs."
"Gut, dann lasst uns gehen", erwiderte Abura.
Wenig sp?ter betrat Abura als Erste den Gasthof. Ich h?rte sie mit dem
Wirt reden, der dann mit ihr vor die T?r kam.
"Ihr seid mir ja eine merkw?rdige Truppe", meinte er. "Katzenmenschen
sind sonst immer Einzelg?nger. Und der Zentauer kommt mir nicht herein,
der kann bei den Pferden bleiben."
"Wir sind eine Gruppe und bleiben zusammen", erwiderte Abura. Damit gab
sie ihm eines der Goldst?cke. Der Wirt untersuchte es kurz und steckte es
weg. "Ok, aber wenn sie mir in die Bude kackt, fliegt sie raus."
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Unser Eintreten erregte bei den Menschen einiges Aufsehen. Die vorher
laute Unterhaltung wurde nun ged?mpft fortgef?hrt, mit vielen Blicken zu
uns. Ich h?tte nie gedacht eine Gruppe Menschen als eine andere Spezies
zu empfinden, und doch war es so. Ich war der Katzenfrau und dem Zentaur
viel n?her als ihnen.
Etwas sp?ter tischte der Wirt auf und wir lie?en uns es schmecken. Es war
einfache K?che, aber sehr lecker. Als der gro?e Krug d?nnes Bier geleert
war, ging es uns allen deutlich besser. Ein neuer Krug wurde bestellt.
Es kamen neue G?ste. Die meisten sahen uns misstrauisch an und setzten
sich zu den Menschen, aber ein Neuank?mmling trat zu uns und fragte, ob
er sich dazu setzen k?nnte.
Es war ein Mann von knapp drei?ig Jahren. Ich erwischte mich dabei, wie
ich meinen Blick ?ber seinen muskelbepackten K?rper gleiten lie?.
Wirklich nicht schlecht, dachte ich mir, ein wahrer Adonis. Dann kam mir
aber die Bewunderung f?r sein Aussehen etwas merkw?rdig vor. Nicht dass
ich auch fr?her einen solchen Mann interessiert betrachtet h?tte, aber
doch eher ein wenig neidisch und mit dem Wunsch, selber ein bisschen so
auszusehen. Nun aber ... Ich wollte nicht weiter dar?ber nachdenken und
sah woanders hin.
Bein Blick fiel auf Abura, die auch bewundernd auf den Adonis starrte.
Man konnte die gemischten Gef?hle auf ihrem Gesicht sehen: erst
Bewunderung, dann Scham. Es schien ihr nicht anders zu gehen als mir. Bei
ihr war es aber schlimmer, denn der Adonis schien sie auch attraktiv zu
finden. Es ist schon merkw?rdig genug f?r einen Mann auf einmal im K?rper
einer Frau zu sein, aber dann auch noch so angesehen zu werden ...
Nachdem er alle absch?tzend betrachtet hatte, sagte er, "Ich bin Faithur,
der Waldl?ufer." Es klang sehr selbstbewusst.
Abura war wie immer die Sprecherin. "Sei uns willkommen." Dann nannte sie
unsere Namen.
"Man sieht nicht oft eine Gruppe wie die Eure", sagte er, sich
nachdenklich am Kopf kratzend. "Es ist das erste Mal, das ich einen
Katzenmenschen in Gesellschaft sehe. Und einen Zentauren sieht man
heutzutage noch seltener. Noch dazu in einem Wirtshaus."
"Es hat sich durch Zufall so ergeben", antwortete Abura. "Es mag nicht so
aussehen, aber wir passen gut zusammen."
Er sah uns nachdenklich an. Dabei blieb sein Blick einen winzigen Moment
l?nger auf Aburas Br?sten haften. Ein merkw?rdiges Gef?hl durchfuhr mich.
Was war das - Eifersucht?
"Was ist euer Ziel, wenn ich fragen darf?", fragte er schlie?lich.
"F?r heute dieses Wirtshaus", antworte Abura ausweichend.
"Aha, ein Geheimnis also. Ich liebe Geheimnisse."
"Und was ist dein Ziel?"
"Auch dieses Wirtshaus", sagte er grinsend. "Das Essen soll nicht
schlecht sein." Nach einer kleinen Pause fuhr er fort, "Es ist schon
mutig von euch, sich in ein Wirtshaus voller Menschen zu setzen. Die
Zeiten sind nicht friedlich."
"So? Wir waren lange nicht mehr in Gesellschaft und kennen die
Neuigkeiten nicht."
"Dann m?sst ihr aber wirklich lange niemanden mehr gesehen haben. Es geht
die Kunde, dass es im Nachbar-K?nigreich einen neuen K?nig gibt. Es soll
ein b?ser Zauberer sein, mit dem Namen Goroth."
Wir sahen uns vielsagend an.
"Ich sehe, dieser Name ist euch nicht fremd. Wenn ihr die Neuigkeiten
nicht wisst, woher kenn ihr diesen Namen?"
Abura z?gerte kurz. "Von ein paar Orcs."
"Orcs? Wo habt ihr welche getroffen?"
"Eine Tagesreise von hier."
"So nahe? Goroth muss schon mehr Macht haben, als ich dachte. Wohin sind
sie?"
"Nirgends. Sie sind tot."
Er sah Abura pr?fend an. Dann fiel sein Blick auf ein paar schwarze
Blutspritzer auf dem Schwert. Abura hatte versucht sie abzuwaschen, aber
nur mit Wasser war es nicht gelungen.
Er nickte verstehend. "Gut. Kein Wunder, dass ihr kein Problem habt in
dieses Wirtshaus zu gehen." Er dachte einen Moment nach. "Wenn ihr auf
keiner dringenden Mission seit, w?rdet ihr mit mir gehen?"
Wir sahen ihn erstaunt an. Abura fragte, "Und zu welchem Zweck?"
"Ich muss dringend an die Grenze. Ein Auftrag des K?nigs. Ich wei? mich
zwar auch zu wehren, aber wenn es hier schon Orcs gibt, dann ist eine
schlagkr?ftige Gruppe viel sicherer."
Abura sah mich pr?fend an. Ich zuckte die Schultern. Kein neues Wissen
?ber unser n?chstes Ziel war in meinem Kopf aufgetaucht. Obwohl der Blick
von Abura kaum zu bemerken war, hatte Faithur es gesehen.
Nun warf Abura einen Blick in die Runde. Es war keine Ablehnung zu sehen.
"Gut, ich denke, wir gehen mit dir. Vielleicht finden sich ja noch ein
paar Orcs auf dem Weg", grinste sie.
Angeberin, dachte ich. Oder flirtete sie etwa mit ihm?
##
Der n?chste Morgen. Es war noch sehr fr?h, aber das Fr?hst?ck lag bereits
hinter uns. Ich war unausgeschlafen. Mit den Fl?geln fand ich einfach
keine bequeme Position zum Schlafen. Auf dem Bauch liegen ging auch
nicht, denn meine Br?ste waren ?beraus empfindlich.
Dhira murrte, "Wenn ich gewusst h?tte, dass ich hier zum Packesel werde,
w?re ich nicht mitgekommen."
"Du kannst nicht jeden Tag ein Schlachtross auf der Jagd nach Orcs sein",
sagte Kyara l?chelnd.
Nun l?chelte auch Dhira. Ihr Protest war nicht ernst gemeint gewesen. Es
war aber auch eine ganz sch?ne Menge Gep?ck, das sich angesammelt hatte.
Das, was wir den Orcs abgenommen hatten, Faithurs wenige Habseligkeiten,
und vor allem viel Proviant und ein paar T?pfe samt einigen getrockneten
K?chenkr?utern. Und Decken f?r ein Biwak. Wir waren deutlich besser
ausger?stet als zu Anfang.
Faithur trotte schweigsam voran. Ich f?hlte mich ein wenig meiner Aufgabe
enthoben, aber es hatte sich weiterhin kein neues Wissen eingefunden. So
pr?fte ich vor allem mit meinem neuen Sinn auf gef?hrliche Lebewesen und
verschaffte mir ab und zu ?berblick mit einem kleinen Flug.
Vor allem Letzteres verschaffte mir die Achtung Faithurs.