Altered Fates: Glueck und Glas, Teil 2
by T:M in 2006
Achtung: In dieser Geschichte gibt es Szenen mit expliziten
sexuellen Handlungen. Ausserdem wird geflucht, und das nicht
selten!
Und noch ein kleiner Hinweis: Die ersten zwei Abschnitte sind bei
allen Teilen der "Gl?ck und Glas" Geschichten identisch, da die
Geschichten das Geschehen aus verschieden Perspektiven beschreiben
und nicht aufeinander aufbauen. So kann jeder Leser, ganz gleich
mit welcher Geschichte er auch beginnt, die selben Vorkenntnisse
haben.
***Prolog***
Eigentlich war alles wie immer: Ein typischer Samstag Vormittag.
Das "Venice", ein kleines Eiscafe, welches nach 22.00 Uhr auch eine
ganz passable Szenebar abgab lag am Rande der malerischen Altstadt,
direkt neben der Rossmann-Br?cke, dem Markenzeichen des Ortes,
welche ?ber einem kleinen Fluss verlief. Wie immer der kleine,
runde Tisch in der hintersten, dunkelsten Ecke, direkt neben der
T?r zu den Personalr?umen.
Und wie immer waren sie zu dritt:
Der langhaarige Zottel, der lustlos in seinem Cappuccino
herumr?hrte hiess Walter, wurde aber auf Grund eben dieser haarigen
Frisur von der Allgemeinheit schon seit langem nur noch "Wuschi"
gerufen. Doch damit konnte er leben. Im Vergleich zu manchen
unbeliebteren Mitsch?lern, deren Spitznamen schon an hart
Beleidigungen grenzten hatte er noch ein halbwegs gutes Los
gezogen. Nicht, das er zu einer dieser endcoolen Cliquen geh?ren
w?rde (oder gerne in einer w?re), aber er war damit zufrieden f?r
alle "der Wuschi" zu sein, der auf Partys immer f?r die richtige
Stimmung sorgte.
Nur schien es in letzter Zeit nicht mehr m?glich, ihn in gute
Stimmung zu bringen. Deprimiert trank er einen Schluck nach dem
anderen, ohne dabei ein Wort zu sagen.
Seinem Kumpel Wilhelm, der links von ihm sass und sich nicht
entscheiden konnte, ob er jetzt mit der kleinen, roten H?kelnadel
in seinen Rastaas herumspielen sollte oder doch lieber damit
anfangen, an seinem mittlerweile fast g?nzlich geschmolzenen Eis zu
l?ffeln schien es ?hnlich zu gehen.
Ihn nannten die meisten Sch?ler der kleinen Berufsschule meistens
den "Buschmann". Mit seinen langen Rastaas, seinem Lieblings
Hawaiihemd und dem Faible f?r indianischen Schmuck gab es
eigentlich keinen besseren Rufnamen. Und auch er konnte sicher
sein, dass ihn mit dem Namen niemand beleidigen wollte. Das h?tte
sich bei seiner K?rpergr??e von knapp 2,05m auch niemand, der nicht
unbedingt mit dem Kopf voraus in einer verdreckten Schulklosch?ssel
stecken wollte getraut.
Der dritte im Bunde, Frank, der coolness wegen auch oft "Franky"
gerufen hatte sich mit einer ?hnlich guten Stimmung aus dem
"Gespr?ch" zur?ck und in seinen ?rmel verzogen, in dem er nun eine
Art Halbschlaf verbrachte.
Seine Gedanken dabei konnte man nur erahnen. Nach Wuschis
Einsch?tzungen lagen sie irgendwo zwischen seiner neuen Flamme
Rebecca, die er schon seit einigen Tagen mit mehr oder weniger
erfolg anbaggerte und dem Ska-Konzert, auf dem er letzte Woche
abgefeiert hat.
***Weiber***
"Wisst ihr, was mich am meisten Ankotzt?" entfuhr es Wuschi
pl?tzlich. Wilhelm drehte sich gelangweilt zu ihm, wollwissend was
als n?chstes kommen w?rde: Wutentbrannte Hasstiraden ?ber seine Ex,
Anja.
"Diese elende Schlampe Anja!" "Was hat sie denn jetzt schon wieder
angestellt?" fragte Wilhelm tr?stend. Frank zog es w?hrenddessen
scheinbar vor, weiterhin in seinem ?rmel liegend ?ber das Thema zu
meditieren.
"Ich durfte mir heute nach der Englischklausur von Frank sagen
lassen, dass sie seit neustem in irgend so einem scheiss Gothic-
Forum ?ber mich l?stert. Ich k?nnte ihr echt nen Kabel um den Hals
wickeln, sie an unseren Opel h?ngen und 30 Kilometer hinterher
schleifen! Jaja, ich weis das klingt heftig, aber dann w?re die
ganze Sache wenigstens endg?ltig vorbei." Er lehnte sich zur?ck,
holte tief Luft und Atmete mit einem tiefen, n?rgelnden Grollton
aus, welcher die meisten, die Wuschi nicht kannten spontan an Marge
Simpson erinnerte. "Ich geb mir ja gr??te M?he sie zu vergessen.
Aber wie soll ich das denn, wenn sie weiterhin Scheisse hinter
meinem R?cken baut!?"
Buschmann nickte ihm zu. Was genau zwischen ihm und Anja
vorgefallen war wusste eigentlich keiner so genau, wahrscheinlich
nicht einmal die beiden selbst.
Da er zusammen mit Walter und Frank ein richtiges "Trio Infernale"
bildete, bei dem jeder f?r den anderen die Hand ins Feuer legen
w?rde hat er die Geschichte nat?rlich aus Wuschis sicht geh?rt. Der
war n?mlich eine knappe Woche mit Mandy zusammen gewesen, bis diese
ihn schliesslich mit den Worten "vielleicht entwickelt sich sp?ter
noch was draus" abservierte. Nat?rlich hat Wuschi sich das dann
nicht zweimal sagen lassen und ihre nach allen Regeln der Kunst den
hof gemacht, doch sie distanzierte sich immer weiter von ihm. Als
er dann ein paar ihrer Freundinnen fragte warum erz?hlten ihm
einige, die es mit der Schweigepflicht wohl nicht so genau nahmen,
dass Anja schon seit Ewigkeiten heimlich ?ber ihn l?stert. Sogar
einen "Aufdringlichen, r?udigen Hund" soll sie ihn schon genannt
haben, womit auch klar w?re, warum ihn in letzter Zeit viele
Mitsch?ler immer so schr?g angrinsten.
Dabei regte ihn besonders auf, das sie ihm doch einfach h?tte sagen
k?nnen, das sie kein Interesse hat. Damit w?re die Sache seiner
Meinung nach vom Tisch gewesen. Doch da hat er die Rechnung wohl
ohne Anja gemacht, die alles verbal so hindrehen konnte, das sie am
Besten dabei wegkam.
Buschmann kannte Wuschi schon lange. Er hat ihn bisher immer als
relativ aufdringlich M?dchen gegen?ber erlebt, dachte sich
insgeheim also, das es mit dem "aufdringlichen Hund" wohl nicht so
weit her war. Das es allerdings mehr als sch?ndlich war, seinen
Kumpel Numero Uno deswegen so in den Dreck zu ziehen sah er ein und
unterst?tzte Wuschi wo er nur konnte, haupts?chlich nat?rlich durch
gutes Zureden.
Dieser hatte es sich mittlerweile zum Ziel gemacht, Franky
entg?ltig aus seiner Trance zu befreien. "Vielleicht wehre ich mich
einfach mit einem NUKLEARSCHLAG!" br?llte er in Frankys linkes Ohr,
das zwischen den kr?ftigen dunklen Haaren und dem Bob Marley T-
Shirt hervorlugte.
"Wiewo...waaahaee?" stammelte er, w?hrend er mit weit aufgerissenen
Augen auf die Stuhllehne zur?ckschnellte und dabei heftig mit den
Armen wedelte. "Mein lieber Scholli! Bist du heute so neben der
Kappe oder hattest du Gestern wieder ein Date mit Mary-Jane?"
fragte Buschmann ihn mit einem breiten Grinsen, bevor er und Wuschi
in lautstarkes Gelaechter ausbrachen.
"Ach Leute..." antwortete Franky, immer noch leicht irritiert durch
sein pl?tzliches Erwachen. "ich mach mir in letzter Zeit einfach zu
viele Gedanken ?ber Rebecca, das wisst ihr doch!"
Oh ja, das heikle Thema Rebecca. Frankys neuste Hoffnung, nachdem
das mit dem norwegischen Au-Pair Maedchen nichts wurde. "Gibt?s
denn mittlerweile was neues?" fragte Wuschi interessiert. "Eben
nicht! Das ist ja mein Problem... Ich hab immer das Gef?hl wir
beide wollen, aber sie ist irgendwie immer so abweisend....Wu"
"Tja, sieht wohl so aus als h?tte ich mal wieder die einzige
funktionierende Beziehung in diesem Saftladen." Unterbrach
Buschmann ihn triumphierend. Die anderen Beiden senkten das Haupt
und drehten sich weg von ihm. Nicht nur, weil sie sein ewiges
Rumgeprahle nicht l?nger ertragen konnte, sondern weil sie sich
sorgen um ihren Freund machten.
Seit knapp 6 Monaten war er jetzt mit Nina zusammen. 6 Monate, in
denen sie zwar angeblich viel miteinander unternommen haben, in
denen sie von Franky und Wuschi aber nur 4 oder 5 mal zusammen beim
ausgehen ertappt wurden. Im allgemeinen war es so das Wilhelm
irgendwie immer alleine oder mit seinen Kumpels, also ihnen
unterwegs war. Genau so wie seine Freundin, die liebend gerne in
diversen RnB Diskotheken das Bremer Nachtleben unsicher machte, und
dabei sicher mehr als einmal angeflirtet wurde, oder mit anderen
Typen tanzte. War das etwa eine funktionierende Beziehung?
"Nun ja, was ich dich fragen wollte Wuschi:" wandte Franky schnell
ein, um das Gespr?ch wieder in eine andere Richtung zu lenken. "Wie
war das denn bei dir mit Rebecca? Komm schon, raus damit. Ich bin
echt verzweifelt."
"Klar helf ich dir. Wof?r hast du mich denn, wenn schon nicht zu
Mathehausaufgaben abschreiben" Sagte Wuschi, an dem w?hrend der
Jahre schon so mancher Mathematiklehrer verzweifelte. "aber ich bin
grade ein bisschen zu deprimiert um anst?ndig zu reden. Ruf mich
sp?ter doch mal an. Ich muss sowieso bald gehen, ich will wissen ob
mein P?kchen schon da ist." Franky willigte ein. Danach herrschte
wieder Stille in der kleinen M?nnerrunde.
"Wuschi, Buschmann... ich muss ehrlich sagen, dass mir unsere
abendlichen Diskussionstouren immer wieder gut tun ". Sagte er
schliesslich.
"...ABENDLICH!?" erwiderten die beiden verwirrt. "Du solltest echt
mit dem Kiffen aufh?ren Franky" meinte Buschmann in einem
m?tterlichen Tonfall, nachdem er begriffen hatte das Franky es mit
der Uhrzeit tats?chlich ernst zu meinen schien. "Wir haben gerade
mal Elf!"
"Und das h?ttet ihr mir nicht sagen k?nnen, bevor ich die doppelte
Whiskey-Cola bestellt hab?" fragte er zur?ck, w?hrend er die Arme
?ber seinem Kopf, in dem gerade ein ganzes Zeitkontinuum
zusammenbrechen schien ausstreckte und herzhaft g?hnte, woraufhin
die versammelte Mannschaft noch einmal laut zusammen loslachen
musste.
***Spielz?ge***
Das Gel?chter, die Stimmung, ja eigentlich sein ganzes
selbstbewusstes Auftreten hatte Wilhelm seinen zwei besten Freunden
vorgegaukelt. Er dachte zwar immer er sei ein mieser Schauspieler,
doch Walter und Franky schienen ihm aus der Hand zu fressen, was
ihm dabei half die Dinge zu regeln bevor sie zu sehr in die
?ffentlichkeit r?cken w?rden wie bei Wuschis griff ins Klo mit
dieser Gothic-Psychopatin. Die Br?cke, die er m?hevoll zwischen
sich und Nina aufgebaut hatte begann langsam aber sicher zu
zerbrechen. Er wusste nicht wie er das Spiel zu seinen Gunsten
entscheiden sollte.
"Hey du Pfeife! Du darfst dich nicht gehen lassen nur weil der Ball
gerade im anderen Strafraum ist. Bleib Konzentriert, Trottel!" Dem
ruppigen Lokaltrainer waren Wilhelms Beziehungsprobleme, die er
gerade verarbeitete nat?rlich scheissegal. Nachdem Wuschi nach
Hause gegangen war und Franky pl?tzlich mit Rebecca am Handy hing
hatte er spontan beschlossen das Fu?balltraining heute
ausnahmsweise nicht zu schw?nzen, so wie er es in letzter Zeit
immer wieder getan hatte. Auch wenn er sein Herzblut ins runde
Leder investierte, seit er alt genug war um in einer Mannschaft
spielen zu d?rfen: Nina war ihm wichtiger als alles andere. Er
wollte nicht, das ihm dieses Gl?ck aus den H?nden rann wie s?mtlich
B?lle, die heute bereits in seinem Kasten gelandet waren....
"Die Linke, achte doch auf die Linke!!! Der Ball ist schon ?ber die
Mittellinie und du glotzt nur dumm wie das Sch?flein auf der Weide!
Tu was, du drei Wochen altes Kind!" flog es zusammen mit einer
?berportion Speichel unter dem bauschigen, grauen Schnauzbart von
Herr Asmussen hervor, der daf?r bekannt war das letzte aus seinen
Jungs zu pressen. Zu schade f?r ihn, das Wilhelm nicht einmal
zuh?rte.
In seiner Position als Torwart hatte er eigentlich schon fr?h
gelernt, Gef?hrliche Situationen rechtzeitig einzusch?tzen und
unter Kontrolle zu bringen. Doch am St?rfaktor "Marcel", oder "das
?bel", wie er ihn immer nannte biss er sich die Z?hne aus.
Die Lage war aber auch mehr als verzwickt: Wilhelm und Nina waren
Nachbarskinder. Er kannte sie schon seit ihrer Geburt, an die er
sich noch gut erinnern konnte, was an dem immensen
Altersunterschied zwischen ihm und "seiner Kleinen" lag. Sie war
mit ihren zarten 18 Jahren immerhin stolze f?nf Jahre j?nger als
er. Logisch, dass sie sich da erst in letzter Zeit mehr zueinander
hingezogen f?hlten als gute Freunde. So kannte er sie
gl?cklicherweise schon sehr gut bevor sie eine feste Beziehung
eingingen. Wilhelm wusste bereits bescheid ?ber all ihre Vorlieben
und Abneigungen, lernte aber leider auch schon vor langer Zeit
ihren besten Freund kennen: Marcel.
Marcel und Nina waren ein Herz und eine Seele. Nicht im Sinne einer
Beziehung, das war ihm Klar. Dachte er zumindest. Es war eine rein
freundschaftliche Sache. Die beiden unternahmen so viel zusammen.
Einkaufen, Kino, Tanzen.... Nina liebte es zu Tanzen, doch war sie
nie zusammen mit Wilhelm auf dem Parkett. Seine beiden linken F??e,
die ihn immer in den unpassendsten Momenten zum stolpern brachten
sorgten daf?r, dass er die Abende, an denen sie als Paar unterwegs
waren mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand an der Bar
verbrachte und ihr bei ihren Tanzkunstst?cken zusah, die sie dem
staunenden Publikum mit Marcel als Partner vorf?hrte. So klar
schien ihm das alles also doch nicht zu sein. H?tte er nur damals
schon erkannt, das Marcel heimlich in Nina verliebt war...
Genau da lag Wilhelms Frustrationspunkt. Seit Marcel Nina seine
gro?e Liebe gestanden hat war ihm jede Sekunde, in der er nicht bei
ihr sein konnte unheimlich. Er war sich verdammt sicher das dieser
schmierige Wicht jede Chance nutzen w?rde um sich an seine Freundin
ranzumachen. Und am liebsten w?rde er ihm schon auf Grund dieses
Gedankens seine Faust tief ins Gesicht rammen. Aber solange nichts
ernstes zwischen ihnen passiert kann er einfach nicht eingreifen.
Auch wenn sie beteuerte, dass sie seine Gef?hle verstehen w?rde und
Marcel auf abstand halten konnte. Nina w?re schneller Weg als er
"Vergiss ihn" sagen k?nnte, wenn er ihr ohne triftigen Grund den
Umgang mit ihrem besten Freund verbieten w?rde. Und bei wem sie
nach einem solchen Streit landen w?rde war ihm bewusst.
Er m?sste sie nur einmal im richtigen Moment erwischen um mit ihr
ernsthaft ?ber das ?bel zu sprechen. Ihr einmal Nina klarmachen,
dass Marcel die romantische Beziehung, die sie und Wilhelm noch bis
vor kurzem voll ausleben konnten mit solchen Kindereien gef?hrdet
und die Sache w?rde sich wieder einrenken, dachte er sich. Doch wo
war dieser erl?sende Moment f?r ihn? "Direkt hinter dir du
D?nnbrettbohrer!" h?rte er Asmussen noch einmal schreien, dann traf
ihn ein gewaltiger Schlag in den Nacken und er verlor die
Besinnung.
***Blaues Auge***
Irgendwie muss er sich beim Nachdenken doch nach links gedreht
haben, wie Asmussen es ihm befohlen hatte. Leider kam diese
Bewegung einen Tick zu sp?t, denn mittlerweile kam der St?rmer im
roten Trikot von der anderen Seite. Nur so konnte ihn der Ball am
Hinterkopf treffen. Und seinen Kopf gegen den linken Pfosten
schleudern. Und nur in dieser Position konnte er bei seinem Sturz
auf dem harten Stollenschuh des Spielers landen der ein Tor
verhindern wollte.
Er f?hlte sich wie die Melone, die auf den harten Asphalt geworfen
wird um Grundschulkindern zu demonstrieren was passiert, wenn man
ohne Helm Fahrrad f?hrt. Trotzdem h?tte es nicht besser ablaufen
k?nnen. Um zu verhindern das er sich beim n?chsten Sto? mehr
zuzieht als ein blaues Auge und eine dicke Beule hat ihn der
Trainer, der seine Wut auf den "unf?higen Keeper" nur mit gr??ter
M?he unter Kontrolle halten konnte f?r die n?chsten drei Wochen von
den Trainingseinheiten befreit und direkt nach Hause geschickt.
Begeistert zog sich Wilhelm seine Bermudashorts und sein Hawaiihemd
an, bevor ihm die Frau des Platzwartes noch einen kleinen
Gehlverband anlegte. Er wollte n?mlich unbedingt noch bei Nina
vorbeischauen, die Samstags immer um diese Uhrzeit von ihrer
Tanzstunde nach Hause kam. Das Spiel hatte ihm nicht nur seine
Kopfhaut, sondern auch seinen Verstand ge?ffnet. Er musste endlich
mit ihr Reden, bevor ihn diese Sache noch st?rker in ein
depressives Trauma zog. Oder bevor Marcel, angeregt durch Wilhelms
Nichtstun die Gelegenheit zum Handeln ergriff...
Mit einem f?r seinen Zustand sehr gewagten Satz schwang er sich auf
sein abgenutztes Mountain-Bike und radelte in H?chstgeschwindigkeit
vom Fu?ballplatz, die Altstadt hinunter und ?ber die Rossmann-
Br?cke, wobei er mit seinem rasanten Fahrstil mehrere Passanten
beinahe ?ber den Haufen fuhr. Auf seinem Weg stibitzte er noch ein
paar h?bsche Blumen aus dem Garten von Frau Bachmeier, die auf
Grund ihres hohen Alters gerade noch dazu in der Lage war ihm b?se
hinterher zu drohen. Sehr auf die Strecke musste er sich ja nicht
konzentrieren, er musste ja nur zum Nachbarhaus. Er freute sich
schon auf ihr Gesicht, wenn sie den kleinen Straus sehen w?rde.
Als er das kleine, zitronengelbe Haus mit der Nummer 6 erreichte
war er vollkommen au?er Atem. Hastig wischte er sich mit dem
Hemd?rmel ?ber die verschwitzte Stirn und versteckte den Strau?
hinter seinem R?cken. Doch gerade als er die Klingel dr?cken
wollte, ?ffnete sich die T?r wie von selbst. Vor ihm stand Marcel,
die eine Hand an der T?rklinke, die andere um Ninas Hals gelegen.
Reflexartig lies Wilhelm den Blumenstrau? fallen. Die ?berraschung
stand den Dreien tief ins Gesicht geschrieben. Es war einer von
diesen Momenten, in denen man sich so sehr zur Konzentration
gezwungen sah, dass man seine Umwelt kaum noch wahrnehmen konnte.
Sekundenlang starrte er entgeistert in Marcels weit ge?ffneten
Augen. Danach ging alles sehr schnell. Ein gezielter Griff von
Wilhelms gewaltiger Pranke um das Handgelenk des k?rperlich
unterlegenen Marcels. Mit gl?hendem Temperament schleuderte er ihn
aus dem Haus und direkt in den Vorgarten.
F?r einen kurzen Moment streckte Nina sich nach ihm aus, doch
Marcel sch?ttelte nur verbittert den Kopf und st?rmte durch das
wei?gestrichene Gartentor davon. Wilhelm hingegen brauchte, besser
gesagt wollte sie zu diesem Moment eigentlich nicht hereinbitten.
Er hob die Blumen von selbst wieder auf, dr?ckte sie ihr ohne einen
wohlwollenden Blick in die Hand, ging ins Wohnzimmer und setzte
sich mit zusammengefalteten H?nden und wutentbranntem
Gesichtsaufdruck auf die Couch.
***Trauerspiel***
Die Klimaanlage, eines der neusten Modelle tat ihr bestes um die
Raumtemperatur bei angenehmen 23 Grad zu halten. Doch selbst das
teuerste Modell konnte gegen die Hitze zwischen Nina und Wilhelm
nichts ausrichten. Es war die Art von Hitze die man sp?ren konnte
bevor sich ein Gewitter entlud. Obwohl keiner sprach konnte man die
wei?en Blitze zwischen ihnen hin- und herfliegen sehen. Um aus
einer solchen Situation herauszufinden ohne den Partner zu
verletzen bedarf es nicht nur einer ordentlichen Portion von
diplomatischem Geschick und einem gewissen Hang zur Empathie,
sondern vor allem auch der F?higkeit, sich selbst (und vor allem
dem Partner) Fehler eingestehen zu k?nnen. Doch weder der sture
Wilhelm noch seine bereits eingesch?chterte Freundin hatten eine
dieser Gaben.
Hilflos und mit leichten x-Beinen stand Nina hinter der
K?chentheke, die den Wohn- vom Kochbereich trennte. Die H?nde fest
um ihren Gl?cksbringer, ein kleines Bettelarmband gelegt
durchsuchte sie eifrig ihren Geist nach den Worten, mit denen sie
ihren Freund am wenigsten verletzen w?rde. Mit einem grundlos
schulderf?llten Blick starrte sie auf ihren Koloss von Freund, der
immer noch regungslos auf dem Sofa verharrte. Sie konnte es ihm nie
recht machen. Egal, was sie jetzt sagen w?rde. Er w?rde wieder
grundlos ausflippen und sie auf Grund seiner Eifersucht zur
Schnecke machen.
"Es ist nicht so wie du denkst..." stammelte sie vorsichtig, kaum
laut genug um es ihn h?ren zu lassen.
"Und wie soll es sonst gewesen sein?!" Als h?tte er nur darauf
gewartet sprang Wilhelm aus seiner Position auf und schlug Verbal
zur?ck. Er wusste, das sie so reagieren w?rde. Ihm war es
unverst?ndlich, dass sie sich auf eine derartig unversch?mte Weise
aus der Aff?re stehlen wollte.
"Wieso kannst du nicht akzeptieren, das er nur ein Freund von mir
ist!?" kreischte es schrill aus ihrer d?nnen Kehle. Die Lautst?rke
klang unwirklich: Nina hatte schon immer eine sehr leise Stimme und
redete auch selten in einer Lautst?rke, die einen ganzen Saal
aufhorchen lassen konnte. Obwohl in diesem Streit erst wenige S?tze
gefallen sind war sie nervlich bereits am Ende. "Siehst du denn
nicht, das du unsere Freundschaft zerst?rst?"
"Siehst DU denn nicht, das du UNSERE Beziehung ruinierst????"
Schachmatt. Dadurch, das Wilhelm den ganzen Streit ?ber
Freundschaft auf die intime zwischenmenschliche Ebene zwischen
ihnen getrieben hatte ?berrumpelte er Nina v?llig. Geleitet von
Zorn entfuhr ihm das Geschw?r, das er so lange mit sich herumtrug.
Ninas Lippen verkrampften sich zu einer Wellenlinie, die Augen
kniff sie leicht zusammen. Eine Tr?ne ran ihre ungeschminkte Wange
herunter.
Seine immer noch geballte Faust entspannte sich blitzartig und auch
die grimmig in Falten gelegte Stirn entspannte sich. Was hatte er
nur getan? Nina begann zu schluchzen. Ihre Zerbrechlichkeit, ihr
hilfloses Gewimmer f?hrten im vor, wie falsch und idiotisch er sich
verhalten haben musste. Er wollte sie nicht verletzen. Er wollte
dieser besonderen Person, die ihm seine erste Blume schenkte,
seinen ersten Urlaub ohne Eltern, seinen ersten Kuss nicht
verletzen.
Nina weinte immer noch bitterlich, und als wolle er ihr eine
Antwort darauf geben breitete er die Arme aus. Durch diese
K?rperhaltung bot er sich ihre zwar geradezu f?r einen Konter an,
doch er wusste aus Erfahrung, das sie ihn richtig verstehen w?rde.
Noch bevor er ihr "Es tut mir leid" zufl?stern konnte rannte sie
ihm entgegen und sprang in seine Arme. Er lies sich r?ckw?rts auf
das Sofa fallen. Zwar musste er seine langen Beine auf dem
unbequemen Teppich abstellen um genug Platz f?r beide zu schaffen,
doch das war ihm egal.
Instinktiv legten sich ihre K?pfe umeinander, verschr?nkten sich
ihre Beine und arme. Beide konnten die innere Hitze des anderen
sp?ren, und da im ganzen Haus nur noch das leise Schluchzen seiner
Freundin zu h?ren war, um das er sich k?mmern wollte waren sie
schon nach wenigen Sekunden von der Au?enwelt abgekapselt.
***Schutzengel?***
Er musste tief geschlafen haben. Als Wilhelm versuchte aufzustehen
hatte er wahnsinnige Kopfschmerzen, denn seit er als kleiner Junge
einmal ungl?cklich von der Schaukel gest?rzt war klemmte sich immer
ein bestimmter Nerv ein, wenn er zu lange in einer ungew?hnlichen
Position lag. W?hrend er mit der rechten Hand massierend durch
seine Haare und ?ber seinen Nacken strich versuchte er, die Augen
noch immer halb geschlossen vom Sofa hochzukommen. Dabei bemerkte
er pl?tzlich, wie kalt ihm eigentlich war. Im fehlte Ninas
w?rmender K?rper, der sich doch vorhin noch so dicht an ihn
schmiegte. Und ?berhaupt: Wann war "vorhin"?
Auf den "Light" Button seiner Armbanduhr zu dr?cken lie? in bereits
schlimmes ahnen, denn mittlerweile war es auch ohne ein
eingeschaltetes Licht im Raum stockfinster. Doch was ihm sein
Zifferblatt verriet entsetzte ihn doch ein wenig: Es war bereits
kurz vor 1 Uhr nachts!
Diese Tatsache gab ihm den dringend ben?tigten Adrenalinschub, der
ihm half die pochenden schmerzen kurzzeitig zu verdr?ngen und
wieder halbwegs klar sehen zu k?nnen. Hastig stolperte er ?ber
mehrere Falten im Teppich zum Lichtschalter gegen?ber des Sofas.
Die grellen Gl?hbirnen, die ?ber die komplette Zimmerdecke verteilt
waren brannten in seinen Augen und verst?rkten den Schmerz
kurzzeitig, doch er gew?hnte sich erstaunlich schnell an diese
Umst?nde. Mit zusammengekniffenen Augen drehte er sich zur?ck zum
Sofa um nach seiner Freundin zu sehen. Wilhelm fand, dass sie
schlafend noch unschuldiger Aussah als sonst, schrieb ihr sogar
einmal einen Liebesbrief in dem er sie in diesem Zustand mit einem
Botticelli-Engel verglich. Doch seine Hoffnungen wurden j?h
entt?uscht. Statt Nina fand er auf der Tagesdecke nur ihre
grossmaschige Strickjacke und einen neongelben Notizzettel: BIN
TANZEN. TREFFE MICH MIT MARCEL. KUSS NINA
Noch nie zuvor f?hlte sich Wilhelm beim verlassen des
zitronengelben Hauses mit der Nummer 6 so wie in dieser Nacht. Es
viel ihm schwer, seine Empfindungen zu definieren. Sein Magen
rebellierte vor Unruhe, die sich ein wenig anf?hlte wie die
Schmetterlinge, die ihn neckten wenn er Nina sah, doch diesmal
schienen sie ihn von innen zu stechen und in seinem Kopf tobte eine
Mischung aus Wut, Angst, Eifersucht und...Verst?ndnis? "Nat?rlich
kann sie mit ihm Tanzen gehen" murmelte er, "Nat?rlich tut er
gelassen, wenn er mich sieht"... heftig sch?ttelte Wilhelm den
Kopf, so das er jede einzelne seine Rastalocken an der Kopfhaut
ziehen sp?rte. War es schon soweit mit ihm gekommen? Begann er
bereits Marcel in Schutz zu nehmen und sich als minderwertig ihm
gegen?ber zu empfinden?
Das d?rfte er auf keinen Fall zulassen! Er und Nina passten
zusammen wie Topf und Deckel, nicht Marcel und Nina. Er war f?r sie
da, als sie sich vor 2 Jahren ihr Kniegelenk ?berdehnte und
Tagelang im Krankenhaus lag. Er war f?r sie da gewesen wenn sie
trauerte, wenn sie Angst hatte. Er war IMMER f?r sie da gewesen.
Mit einem lauten zischen verscheuchte er den r?udigen
Strassenkater, der es sich am Vorderreifen seines Mountain-Bikes
bequem gemacht hatte. Mit einem gro?en Satz schwang er sich auf den
Sattel und machte sich auf den Nachhauseweg. Mit jedem ?bertrieben
starken Tritt in die Pedale entfernte er sich weiter von Ninas
Zuhause, huschte schneller und schneller von dem Licht einer
Strassenlaterne in das der n?chsten. Die einzelne Tr?ne konnte sich
dabei nicht lange auf seiner Wange halten.
An der Dunkelheit im Wohnzimmerfenster konnte er erkennen, dass
seine Eltern bereits zu Bett gegangen sein mussten. Seinen Zorn
m?hevoll unterdr?ckend schloss er so leise wie m?glich die Haust?r
auf, zog sich die verdreckten Turnschuhe aus und schlich sich so
leise wie m?glich die Treppe hinauf in sein Zimmer. Mit vor lauter
?berdrehtheit zitternden H?nden schloss er so behutsam er nur
konnte die T?r hinter sich und schlug sich die Hand anschliessend
mit voller Wucht auf den Schenkel. Dies war vielleicht nicht die
beste M?glichkeit Aggressionen abzubauen, doch immer noch besser
als mit der T?r zu knallen und so direkt ein Streitgespr?ch mit
seinen Eltern f?r den morgendlichen Fr?hst?ckstisch zu provozieren.
"Du sieht aus als k?nnte man dir ein wenig himmlischen Beistand
leisten", h?rte er auf einmal eine zauberhafte, wenn auch etwas
rauchige Stimme zu ihm sagen. Erschrocken blickte Wilhelm sich um:
Im Dunkel seines Zimmers konnte er auf den ersten Blick niemanden
ausmachen. F?r einen Moment dachte er sogar, seine bereits arg
?berstrapazierten Nerven h?tten ihm einen Streich gespielt. Doch
dann erkannte er durch das von aussen hereindringende, fahle Licht
der Strassenlaterne pl?tzlich eine hauchzarte Silhouette auf seinem
Bett liegen, die immer deutlicher wurde, je mehr er sich auf sie
konzentrierte.
Zwischen seinem zerknautschten Bettbezug und einer leichten,
zusammengerollten Stoffdecke r?kelte sich ein Engel.
***Mit anderen Augen***
"Wie ulkig.... dein Gesicht sagt mir eindeutig dass du gerade mehr
als verwirrt bist, doch die Zeltstange in deiner Hose erz?hlt mir
gleichzeitig eine ganz andere Geschichte" hauchte das zarte Wesen
auf seiner Matratze in einem ganzen und gar nicht engelhaften Ton
und begann hysterisch zu kichern. Erst Wilhelms Minitaschenlampe,
die er als leidenschaftlicher Nachtmensch immer an seinem
Schl?sselbund trug brachten im wahrsten Sinne des Wortes Licht in
diese mysteri?se Angelegenheit:
"Re...re...Rebecca?" stammelte er erstaunt und sah zur Sicherheit
noch einmal ganz genau hin, doch seine Augen t?uschten ihn nicht.
Auf seinem Bett lag Rebecca, die Angebetete seines Freundes Franky.
Nackt. Das einzige was ihren K?rper bedeckte war ein paar kleiner,
roter Fl?gelchen auf ihrem R?cken, wie man sie eventuell an einem
albernen Faschingskost?m erwartet.
Mit einem mal richtete sie sich auf und setzte sich an die
Bettkante, so dass sich ihre zarte Haut im kaltweissen Licht
reflektierte. Wilhelms Taschenlampe lies Schatten ?ber ihren
Strammen Busen tanzen, durch die leichten Muskeln ?ber ihrem
Bauchnabel und immer weiter in die Richtung ihres Venush?gels.
Trotz seiner gerade jetzt nahezu fanatisch starken Zuneigung f?r
Nina spielten sich vor seinem inneren Auge pl?tzlich Filme ab, die
er eigentlich gar nicht sehen wollte, alleine schon aus Respekt vor
Franky, und nat?rlich Nina gegen?ber. Ihre schroffe Art gab ihm
dazu die n?tige Motivation:
"Mach doch die scheiss Funzel aus Mensch, meine Augen!" knurrte sie
und versuchte sich sporadisch mit ihren H?nden vor dem Licht zu
sch?tzen. Ohne auch nur an Gegenwehr oder zur?ckmaulen zu denken
gehorchte Wilhelm ihr.
Rebecca: "Besser. Hast was gut bei mir!"
Wilhelm: "Wie bist du hier- "
R: "Deine Mum hat mich reingelassen"
Wilhelm wusste nicht was ihn mehr schockieren sollte. Das Rebecca
ihn, wohlwissend das er eine Freundin hat im Adamskost?m aufsuchte,
oder das seine Mutter sie einfach so ins Haus gelassen hat. Rebecca
schien seine Gedanken zu erahnen und grinste.
R: "Ist eine wenig komplizierter, aber du wirst bald verstehen was
ich meine. Ich weiss, das alles erscheint dir jetzt gerade mehr als
Abstrus, und das verstehe ich auch, aber vertau mir einfach und
setzt dich neben mich."
Wie befohlen stapfte Wilhelm langsam und vorsichtig durch das Chaos
auf seinem Fu?boden
Und setzte sich neben Rebecca auf die Bettkante. Brav l?chelnd
legte sie ihren Arm um seine Schulter. Er konnte einen ihrer Fl?gel
durch sein T-Shirt hindurch auf seinem R?cken sp?ren.
R: "Ich m?chte dass du deine Augen schliesst und nur meiner Stimme
folgst. Kapsle dich vollkommen von der Aussenwelt ab. Kehre dich
komplett in dich und such nach allem, was dich bewegt."
Auch wenn ihm dabei nicht ganz wohl war versuchte er, Rebeccas
Anweisungen zu folgen. Sein Kopf schmerzte ein wenig. Obwohl er
schon tief in sich versunken war h?rte er ein leises rasseln und
sp?rte daraufhin, wie sich ein leichtes Gewicht um seinem Hals
legte.
R: "Schon lange hatte ich das Gef?hl, das bei dir und Nina nicht
mehr alles so ist wie es sein sollte. Und ob du?s glaubst oder
nicht, ich kenne dieses Gef?hl. Diese M?dels sind eine Welt f?r
sich, die wir nur von aussen Sehen, wie Besucher in einem Zoo. Wir
bekommen exotische Bilder durch eine Glasscheibe pr?sentiert, die
wir nicht durchschreiten k?nnen um uns einen Eindruck von Wahrheit
zu verschaffen. Es m?sste schon mit Zauberei zu tun haben, wenn wir
das k?nnten."
Wilhelm wurde immer mulmiger zumute. Nicht nur konnte er Rebeccas
wirrem Gefasel kaum noch folgen. Er war ein Mann eindeutiger
Aussagen, den derartiger Hippibullshit, wie er ihn sonst nur von
Franky kannte immer in Rage brachte. Ausserdem f?hlte er sich
irgendwie nicht besonders. Wie bei einer Erk?ltung, die erst
Ausbricht nachdem man den Stress des Arbeitstages hinter sich
gelassen hat f?hlte er sich mit einem mal, als ob sich alles in ihm
drehen und verbiegen w?rde. Beinahe musste er sich ?bergeben.
R: "Lass die Augen noch ein wenig geschlossen und versuch dich
auszuruhen. Wenn du sie wieder ?ffnest und immer noch nicht
verstanden hast k?nnen wir uns im Venice treffen...."
***Reinigung***
Sein Verstand schien mit seinen ?ngsten um die Wette zu rennen, so
schwer pochte es in seiner Stirn und in seinem Magen. Schweiss ran
ihm aus allen Poren und seine ganze Haut f?hlte sich an als w?rde
ein ganzen Ameisenvolk ?ber ihn hinwegziehen. Was geschah nur mit
ihm? Hatte ihm Rebecca Drogen verabreicht, ohne das er es merkte?
War es die kleine Platzwunde nach dem Fu?ballspiel, der verspannte
Nacken oder doch der emotionale Stress, der seinen gesamten K?rper
zittern lies und ihm ungewohnte Gef?hlsschauer durch den Leib
jagte?
Wilhelm wusste sich nicht mehr zu helfen und bekam es langsam aber
sicher mit der Angst zu tun. Er war als guter Freund des exotischen
Wuschis und des Partyg?ngers Franky erfahren darin, mit einem
?bermass an Alkohol oder einem verdorbenen Magen umzugehen, doch
all diese Symptome waren ihm neu. Trotz des Schwindelgef?hls einen
klaren Gedanken zu fassen viel ihm verst?ndlicherweise schwer, aber
nach einem kurzen Moment meinte er eine gute Entscheidung getroffen
zu haben.
Von der Hoffnung auf Besserung getrieben sprang er auf und rannte
los, mit hastigen Schritten in Richtung des kleinen Badezimmers,
welches er von seinem Zimmer aus erreichen konnte. Seine Eltern
haben diesen Miniraum mit WC, Waschbecken und Duschwanne
ausgestattet, um ihn an Studenten vermieten zu k?nnen, sobald er
ausziehen w?rde und ihm damit einen geeigneten Altar gebaut, um
seine n?chtlichen S?nden zu b?ssen. Wenn sich etwas krankmachendes
in seinem Magen befand w?rde er es wohl oder ?bel auskotzen m?ssen
und sich danach den Sch?del unter dem eiskalten Duschwasser
abk?hlen. Inwiefern in diese seltsame Methode von seinen Leiden
erl?sen sollte wusste er zwar nicht, doch hatte er keine besseren
Ideen. So schwach wie er sich in diesem Moment f?hlte musste etwas
getan werden, vollkommen egal was!
Das er auf dem Weg zum Bad, der ihm ungewohnt lang vorkam sowohl
den Gehlverband als auch seine sonst eng sitzenden Hosen verlor
irritierte ihn zwar, doch musste er sich in diesem Moment auf
wichtigeres besinnen. Mit einem heftigen klatschen dr?ckte er den
Lichtschalter, warf sich ?ber das Waschbecken und w?rgte mit aller
Kraft. Nach einigem Husten konnte er tats?chlich etwas Magens?ure
aus sich herausquetschen. Er meinte auch tats?chlich, dass er sich
kurz darauf etwas besser f?hlen w?rde. Doch das verging ihm schnell
wieder als sich mit den Ellenbogen am Beckenrand aufst?tzte und
unter einem gewaltigen Schwall rotblonder Haare nicht sich selbst
im Spiegel sah...
***Neue Welt***
"Ich bin betrunken...ich stehe unter Drogen...ich bin nicht bei mir
selbst" stammelte die blasse Jugendliche, die unter einem
Wasserstrahl in der Duschwanne sa? immer und immer wieder, als w?re
es ein Gebet, das alles wieder gutmachen k?nne. "Sie" war
offensichtlich ein Double von Wilhelms Freundin Nina. Und das
gr??te Problem an der Sache war nicht etwa ihr vor schreck
erbleichter Teint, sondern dass es sich in Wahrheit um Wilhelm
selbst handelte! Wieder und wieder hob "er" sich ein kleines St?ck,
pochte dann mit dem R?cken gegen die Duschwand und murmelte
weiterhin seine Gebetsformel. Es muss sich um Halluzinationen
handeln dachte er, seine Verstand musste sich selbst etwas
vorgaukeln, davon war Wilhelm felsenfest ?berzeugt.
Doch das er bei jedem zur?ckwippen sp?rte wie das Gewicht auf
seiner Brust f?r einen kurzen Moment leichter wurde, das er dabei
jedes Mal durch die Br?ste seiner Freundin starrte, hinunter ?ber
ihren schmalen Bauch, ihre Weiblichkeit, ihre glatten Beine, dass
ihn jeder einzelne Wassertropfen auf eine ungewohnte, emotionale
Art erregte, dass er sich dadurch immer leerer zwischen seinen
Schenkeln f?hlte... gab ihm immer wieder Gr?nde seine These in den
Wind zu schiessen, auch wenn es ihn unglaublicherweise entspannte.
Ohne es aktiv zu wollen begann Wilhelm sein unheimlich real
wirkendes neues Selbst abzutasten. Langsam fuhr er sich ?ber die
schmale Stirn, welche ja eigentlich seiner Freundin geh?rte, ?ber
ihre Stupsnase, den Hals entlang, umrundete ihre Linke Brust und
spielte ein wenig an ihr, was das Gef?hl der Leere in seinem
jetzigen K?rper nur noch verst?rkte. Die zierliche Hand mit den
langen, weiblichen Fingern?geln, auf die Nina so stolz war rutschte
tiefer und tiefer hinab ?ber die zarte K?rperlandschaft, doch riss
abrupt ab und dr?ckte sich Fest auf den Keramikboden. "Was zum
Teufel mache ich hier eigentlich!?" Fragte Wilhelm sich selbst in
einer Zuckers??en, wenn auch b?se klingenden M?dchenstimme. Wollte
er grade wirklich das tun, f?r was er es hielt?
Wilhelm musste so schnell wie m?glich aus dieser Dusche, um nicht
vollkommen auszuflippen! Eilig drehte er das Wasser ab und stemmte
sich hoch. Offensichtlich hatte seine neue Gestalt einige Marotten
seiner Kleinen ?bernommen, die er nur bedingt in Aktion erleben
wollte. Mit tapsigen Schritten ging er auf und ab, das Gewicht auf
seiner Brust als steige Ermahnung, nicht abzulassen und dachte
Krampfhaft ?ber diese h?chst ungew?hnliche Situation nach.
Irgendwie hatte er sich in ein Abbild seiner Freundin verwandelt,
das gestand er sich mittlerweile ein, oder versuchte es zumindest.
Klar war auch, das er sich keine Hilfe von Aussen holen konnte. Was
w?rden seine Eltern mit ihm machen wenn er sie in diesem Zustand
wecken w?rde, oder gar die Polizei anrufen? Niemand w?rde ihm in
dieser Situation glauben, nicht einmal er selbst!
"Was tun, Fr?ulein?" fragte Wilhelm sich selbst und betrachtete
sich dabei im Badezimmerspiegel. Ein kleiner Hinweis war alles, was
er wollte. Nur eine kurze Idee, die ihn auf den richtigen Weg
brachte... Langsam musterte er sich von oben bis unten, angefangen
bei Ninas Po, den er nun zum ersten mal aus dieser mehr als
verf?hrerischen Position betrachten konnte.
Da bemerkte er pl?tzlich etwas, das ihm vorher nicht aufgefallen
war und das im Schlagartig die n?tige Erinnerung zur L?sung des
R?tsels verschaffte. Durch den Spiegel und die offene Badezimmert?r
konnte auf seinem Bett ein paar r?tlich schimmernde Fl?gel
erkennen.
*** "kleines" ***
Aber nat?rlich! Rebecca ist die Ursache und h?chstwahrscheinlich
auch die L?sung auf all seine Probleme. Sie hatte ihm doch sogar
f?r ein Tete-a-Tete im Venice angeboten, falls er nicht Verstand
was sie mit diesem ?blen Hokus Pokus bezwecken wollte. Wilhelm
l?chelte selbstverliebt. Zwar hatte er noch keinen Erfolg dabei,
das perfide Spiel Rebeccas komplett zu verstehen, oder zu begreifen
wie sie in der Lage war die Grenzen der Biologie und der Chemie zu
?berschreiten, doch zumindest ?ber seinen n?chsten Schritt war er
sich nun klar: Ab ins Venice, Rebecca zur Rede stellen,
triumphierend ein Bierchen trinken. Ein klitzekleines Problem hatte
er dabei allerdings noch: Sich selbst!
Schon als Kind war Nina immer ein wenig kleiner als die anderen
Kinder in der Nachbarschaft, und w?hrend ihre Freundinnen in der
Pubert?t allesamt einen Wachstumsschub erlebten kam sie gerade
einmal auf 1,51m . Nicht, dass es Wilhelm st?ren w?rde. Er fand
kleinere Frauen immer deutlich Attraktiver als "zu ihm Passende"
?ber eine Gr??e von 1,75, vor allem da Nina stets sehr auf ihre
Figur achtete und ihr ein allabendliches Workout heilig war. Und
h?tte es der Tanzlehrer damals nicht urkomisch gefunden, den
Gr??ten und die Kleinste seines Kurses einander zuzuteilen h?tten
sie sich wahrscheinlich nie kennen gelernt!
Von der anderen Seite der M?nze aus betrachtet be?ngstigte ihn die
aus seiner fr?heren Sicht beinahe schon zwergenhafte Statur seiner
Freundin geradezu.
Den Boden abtastend suchte er nach den Klamotten Ninas, welche sie
"zur Sicherheit" bei ihm Lagerte, bis er sie schliesslich
notd?rftig unter dem Bett zusammengepfercht fand: Eine Jeans mit
leichtem Schlag, ein einfaches Top in gr?n, eine Jeansjacke.
Gespannt hielt Wilhelm den Atem an und suchte weiter.
Sekunden sp?ter entwich ihm die Luft wieder mit einem satten "Puh",
den Nina hatte lediglich ein einfaches, weisses H?schen dagelassen.
W?hrend sich Wilhelm innerlich beim Lieben Gott daf?r bedankte, das
kein Tanga war und weder pink, noch mit R?schen best?ckt entschied
er sich trotzdem dazu, den BH auszulassen. Dieser war zwar auch
weiss und sehr schlicht gehalten, doch war der Gedanke in voller
Damenmontur umherzustolzieren noch zu bizarr f?r ihn.
Anschliessend warf er noch einen kurzen Blick in den Spiegel um zu
?berpr?fen, dass sein Top richtig sitzt (also keinem Gaffer zu
intime Einblicke erlaubt!) und einen auf seine Digitaluhr, die ihm
verriet das er sich lieber etwas sputen sollte. Nerv?s schloss er
seine Zimmert?r hinter sich und schlich die Treppe herunter.
Vor der Haust?r sah er sich allerdings dazu gezwungen, Inne zu
halten. Das ihm so vertraute Viertel mit den sauberen
B?rgersteigen, den spiessiegen Vorg?rten mit ihren Gartenzwergen
und der Realschule in unmittelbarer n?he war zu einem
?berdimensionalen, dunklen Ort mutiert. Alles um ihn schien ihm auf
einmal so Fremd und monstr?s, als w?rde die Welt nur darauf Warten
ein hilfloses M?dchen wie ihn zu verschlingen. Das ihm ein grosser
Glatzkopf mit einer Bomberjacke von der naheliegenden Bushalte
stelle aus zwielichtige Blicke zuwarf ?ngstigte ihn nur noch mehr.
Die Panik in ihm wuchs langsam, aber unaufh?rlich. Fr?her h?tte er
damit keinerlei Probleme gehabt. Wenn ihm fr?her jemand bl?d kam
reichte eine aggressive K?rperhaltung oder im extremsten Fall eine
Schelle, schon waren alle Probleme aus der Welt.
Was dieser Kerl allerdings jetzt alles mit ihm anstellen k?nnte
(und offensichtlich auch w?rde!) wollte er sich lieber gar nicht
erst vorstellen. Wilhelm begann zu zittern. Gab es denn wirklich
niemanden, der ihm helfen wollte oder konnte?
"Kleines?" h?rte er urpl?tzlich eine Stimme rufen, so dass er vor
Schreck sogar zusammenzuckte. Er drehte sich nach Links in Richtung
Gartentor und war seltsamerweise mehr als erleichtert eine ihm
eigentlich sehr unangenehme Person zu sehen. "Marcel!" schluchzte
er und n?herte sich seinem Konkurrenten, zu dem er nun aufblicken
musste.
"Ich dachte du wolltest dich zuhause etwas ausruhen und die neuen
Schritte verarbeiten? Aber anscheinend hast du es dir ja noch mal
?berlegt..." Meinte er beleidigt. Innerlich kochte Wilhelm. Wollte
sich diese Witzfigur etwa allen ernstes hinter seinem R?cken noch
weiter in die Beziehung mit Nina einmischen? Anstatt ihm allerdings
hier und jetzt die Meinung zu geigen verliess nur ein sch?chternes
"hab?s mir noch mal ?berlegt." Wilhelms Mund.
"Also besteht da noch eine gewisse Chance, dich auf einen Drink
einladen zu d?rfen Kleine?" hakte Marcel direkt nach und zog dabei
?bertrieben Gigolohaft die rechte Augenbraue hoch. Wilhelm konnte
nicht anders als zu schmunzeln und dabei den Kopf leicht zur Seite
zu drehen. Auch, wenn er sich wohl lieber freiwillig auf einen
Zahnarztstuhl setzen w?rde als Zeit mit Marcel zu verbringen
entwickelte sich bereits eine weitere Strategie in seinem Kopf. Die
Zuneigung dieses Schwachkopfes zu seiner Freundin konnte er doch
ausnutzen, um sich mit ihm als Besch?tzer sicher einen Weg zu
Rebecca zu bahnen, um diese Nacht endlich mit einem Happy End
abzuschliessen und sich am n?chsten Tag wieder voll und ganz der
richtigen Nina widmen zu k?nnen. Das er bereits genug
Angewohnheiten seiner Liebsten ?bernommen hatte war ihm l?ngst
bewusst. Jetzt galt es nur noch zu handeln.
"Aber nur wenn wir ins Venice gehen!" sagte Wilhelm l?chelnd und
versuchte dabei, so verf?hrerisch er nur konnte die Wimpern auf und
nieder zu schlagen. Sein Plan ging auf: Marcel erwiderte das
l?cheln, legte seinen Arm um "Ninas" Schulter und w?hrend der im
falschen K?rper gefangene Wilhelm versuchte ?ber alles weitere
nachzudenken schlenderten sie in Richtung Disko...
***Stimmungswechsel***
"Eigentlich ist er doch gar kein so schlechter Mensch, wie ich
immer dachte" musste Wilhelm sich eingestehen als Marcel ihm den
Stuhl zurechtr?ckte, so dass er bequem und ohne Umst?nde an dem
Tisch, an dem er normalerweise mit Wuschi und Franky sass platz
nehmen konnte. Doch nicht nur hier bewies Marcel ihm, dass er ein
absolut perfekter Gentleman ist. Der gemeinsame Spaziergang zum
Venice erschien ihm einfach himmlisch!
Marcels Bl?deleien liessen ihn vollkommen in einer Welt abtauchen,
in der es keine Probleme gab. Kein Streit mit Nina, kein ?rger mit
dem Trainer oder den Eltern und vor allem: Kein ?rger zwischen
Marcel und ihm! Jedes Sp?sschen mit dem er ihn zum L?cheln brachte
liess ihn wehm?tig auf die vergangenen Stunden der Abscheu
zur?ckdenken. Heimlich erhoffte er, diesen Eindruck vor seiner
R?ckverwandlung korrigieren zu k?nnen.
Bei all dem zwischenmenschlichen Frieden konnte er sogar die
eindeutigen Ann?herungsversuche Marcels ignorieren. Die kleine
Umarmung hier und sein ?ber die Schulter gelegte Arm waren ihn in
seinem Kopf zwar peinlich, doch so konnte er immerhin seinen Mangel
an k?rperlicher St?rke vergessen. Es tat gut zu wissen, dass Marcel
auf ihn aufpassen w?rde. Zumindest so lange er ihm nicht sein
"wahres ich" zeigte. Und als Marcel dann schliesslich auch noch vor
den Augen der wartenden Kundschaft den T?rsteher zur Sau gemacht
hat weil dieser es wagte, "seine Kleine" nach dem Personalausweis
zu fragen, obwohl "eine solche absolut nicht kindliche Sch?nheit
offensichtlich ?lter als 18 sein musste", woraufhin dieser bullige
Riese die beiden mit leicht ?ngstlichem Blick passieren liess war
es um Wilhelm geschehen. Das er Marcel nur so lange falsch
einsch?tzen konnte...
"Verr?tst du mir an was du gerade denkst?" Fragte Marcel ihn. Keine
Reaktion von Wilhelms Seite. "Denn wenn du grade ans K?ssen denkst
k?nnte ich dir vielleicht dabei helfen, die Sache zu vertiefen"
"Was!?" quiekte der aus seinen Gedanken gerissene Wilhelm zur
Antwort, der Marcels letzten Kommentar wohl ?berh?rt hatte, was
diesem die Chance gab sein St?rmen und Dr?ngen nochmals zu
?berdenken.
"Ach ich....mich....ja, mich w?rde interessieren warum wir heute
?berhaupt ins Venice gegangen sind. Du wolltest doch unbedingt
hierher. Weswegen eigentlich?" Fragte er erneut und ?nderte so die
Gespr?chsrichtung, was Wilhelm aber nur noch mehr aus dem Konzept
brachte.
"Scheisse, Rebecca!" Dachte Wilhelm laut. Da war doch tats?chlich
etwas, das er verschwitzt hatte. Wilhelms eigentlicher Verstand
meldete sich wieder zu Wort, und zwar so laut und deutlich wie
schon lange nicht mehr. Er konnte Marcel auf den Tod nicht leiden,
er war KEIN M?dchen und wollte deswegen so schnell wie M?glich
Rebecca finden, um sie irgendwie dazu zu bewegen, ihre Magie oder
was auch immer sie mit ihm angestellt hat r?ckg?ngig zu machen. Er
konnte schliesslich nicht f?r immer so herumlaufen.
Wie von der Tarantel gestochen sprang Wilhelm auf und suchte hastig
die W?nde ab, bis er Rebecca schliesslich sah, wie sie gelangweilt
und versteckt hinter einigen bekannten von Franky an der Wand
lehnte.
"Rebecca!" rief er in ihre Richtung, was einige verdutzte Blicke
auf ihn zog. "Lass mich bitte aufstehen, ich muss zu ihr!" flehte
er Marcel an, weiter in Richtung Rebecca starrend, die ihn trotz
des Rufens noch nicht bemerkt zu haben schien. Doch w?hrend er
schon dabei sich in Bewegung zu setzen sp?rte er pl?tzlich etwas
angenehm warmes an seiner Hand.
"Geh jetzt bitte nicht Nina" hauchte Marcel z?rtlich und l?chelte.
Da verschwand das Bed?rfnis, Rebecca zu sprechen pl?tzlich aus
Wilhelms Gedanken. Das sch?ne Gef?hl in seiner Hand breitete sich
mit einem sanften Kribbeln ?ber seinen Arm aus. Langsam setzte er
sich wieder, ohne dabei auch nur ein Wort zu sagen oder seinen
schier ?berquellenden Blick von Marcel abzuwenden. Als sein hintern
dem Stuhl n?her kam sp?rte er pl?tzlich Marcels andere Hand durch
Ninas Jeans auf seinem Oberschenkel, was sich fast noch besser
anf?hlte.
"Ich wollte mit dir ?ber etwas reden" brachte der Herzensbrecher
schliesslich heraus, w?hrend sein Kopf sich langsam "Ninas" Kopf
n?herte. Nun nahmen die Gef?hle endg?ltig ?berhand. Wilhelm f?hlte
sich wie auf einer Wolke. Sein ganzer, oder besser gesagt "ihr"
ganzer K?rper bebte vor Erwartungen. Marcels Gesicht, dessen
Sch?nheit ihr bis dahin noch nie aufgefallen war wurde von einer
Aura umrandet, die alles, was nicht dazugeh?rte aus ihrem Sichtfeld
blendete bevor sie endg?ltig die Augen schloss. Kurz darauf machte
sich diese zauberhafte Emotion auch hinter ihren Lippen breit...
***Tochter der Luft***
Von der n?chsten halben Stunde bekam Wilhelm kaum etwas mit. "Sie"
sp?rte lediglich wie sich Marcels Arme immer enger und bequemer um
sie spannten, sie f?hlte sich darin sicher und geborgen, so wie in
einem Kokon. Je tiefer sich seine Zunge in ihren Hals bahnt, desto
angenehmer f?hlte sie sich dabei, w?hrend seine Hand, die z?rtlich
um ihre Schenkel spielte ihr dabei halfen, nur noch an diesen
einen, unvergesslichen Moment zu denken.
Zwischenzeitlich meinte sie, Gel?chter zu h?ren, so stark und laut
gr?lend, dass es sie fast aus ihren naiven Tr?umen vom ewigen Gl?ck
riss, doch als ihr bewusst wurde dass sie nicht das Ziel des
Gesp?tts war und die tosende Menge ihrer nicht bedarf, verdr?ngte
sie die Aussenwelt wieder mit steigender Sicherheit.
Nach einer Weile verstummte das Gel?chter wieder genau so pl?tzlich
wie es aufgetaucht war. Immer mehr G?ste verschwanden mit der Zeit,
Gespr?che begannen zu verstummen, der DJ legte immer langsamere und
leisere Scheiben auf. Im zarten Licht der Diskokugel h?tte sie ihn
ewig k?ssen k?nnen, noch einmal so lang und eine weitere Ewigkeit
an seinen Lippen h?ngen und nur zu unterbrechen, wenn sie seinen
Hals oder seine Wangen ber?hren und k?ssen wollte. Doch
offensichtlich hatte Marcel noch viel mehr mit dieser Nacht vor,
als sie in ihrem Rest m?nnlicher Naivit?t erahnen konnte, oder dem
letzten Widerstand gegen das Geschehende, der tief vergraben in
ihrem Hirn lag ahnen wollte.
Auch an den eigentlich langen Fussmarsch vom Venice bis zu Marcels
kleiner 2 Zimmerwohnung erinnerte sie sich nicht mehr, als Marcel
sie auf seine Bettdecke legte. Sei meinte sich daran zu erinnern,
das er sie auf dem letzten Teil der Wegstrecke und schliesslich
sogar ?ber seine T?rschwelle getragen hatte, doch das war ihr alles
auch nicht mehr wichtig. Sie drehte sich auf den R?cken und
beobachtete Marcel dabei, wie er zuerst ein paar dicke, rote Kerzen
anz?ndete. Auf das Radio und seine Standartauswahl an Kuschelrock
CD?s verzichtete er. "Dieser Moment geh?rt nur uns" versprach er
ihr und begann, sich langsam das teure Nadelstreifenhemd
abzustreifen.
Einige Minuten und einen sanften Striptease sp?ter stand er in all
seiner Pracht und siegessicher vor ihr. Sie hatte sich mittlerweile
auf den R?cken gedreht und das ihr gebotene Schauspiel gebannt und
erregt verfolgt. Zumindest bis er sich mit langsameren,
selbstsicheren Schritten auf sie zu bewegte, erst das linke Bein
auf das Bett hob, dann das Rechte, bis er mit den zufriedenen Augen
eines Verliebten ?ber ihr kniete. In diesem Moment meldete sich,
wohl weil sich die Ereignisse in beinahe schon h?llischer
Geschwindigkeit ?berschlugen Wilhelms eigentliche Gedanken wieder.
Die Lust verschwand aus Ninas Augen und wichen Angst.
Vorsichtig beugte sich Marcel ?ber sie, st?tzte seine H?nde neben
ihren H?ften auf und Zog ihr Top mit dem Mund nach oben, soweit,
dass er ihren Bauchnabel k?ssen konnte.
"Nein, bitte nicht. H?r auf!" wimmerte Wilhelm, w?hrend Marcels
Lippen sich langsam ihren Weg gehn Hals bahnten. Er versuchte ihn
mit beiden H?nden von seiner Gier abzuhalten und strampelte so wild
er konnte mit seinen d?nnen Beinchen, aber es n?tzte nichts- Marcel
war ihm schlicht und ergreifend K?rperlich weit ?berlegen.
Dieser kroch nun mit seinen H?nden an Ninas rippen entlang, bis
diese schliesslich ?ber ihre Br?ste fuhren. Z?rtlich massierte er
sie, spielte mit ihren Nippeln. Ihre Beine verstummten unterdessen.
"Oh Marcel....nicht...bitte" Seufzte eine Nina, die deutlich
weniger Kraft in ihrer Stimme verwendete. Ihre H?nde strichen nun
sanft ?ber seine behaarten Unterarme. Pl?tzlich f?hlte sie sich
wieder wie bei ihrem ersten Kuss im Venice. Ihr K?rper f?hlte sich
geborgen bei ihm. Ist es das, was Nina so attraktiv an ihm fand?
Weshalb sie sich trotzdem regelm??ig mit ihm traf, obwohl er
dagegen war? War sie immer so....zufrieden bei ihm? Fragte sich
Wilhelms Verstand, der nun immer mehr den k?rperlichen Gel?sten
wich. Ihr Atmen wurde immer stockender und lauter, w?hrend er
weiter mit ihr spielte. Die leere zwischen ihren Beinen wuchs und
wuchs wie ein Geschw?r, bis sie unertr?glich wurde.
"Dieser Moment geh?rt nur uns" st?hnte sie und streichelte ihm
z?rtlich ?ber den Kopf. Er verstand und machte sich daran, den
obersten Knopf ihrer Jeans zu ?ffnen. Langsam faltete sich der
abw?rtsrutschende Stoff, bis er es ?ber ihren straffen Po geschafft
hat, glitt an ihren Schenkeln herab, ?ber ihre F?sse und verschwand
schliesslich in einer dunklen Zimmerecke. Mit einer zweiten
Bewegung zog er ihr das mittlerweile feuchte H?schen aus.
Mit behutsamen, aber gleichzeitig tiefen und kr?ftigen St?ssen
drang Marcel in sie ein. Schweissperlen rannen von ihrer Stirn. Er
hatte es geschafft diesen Fluch des leer seins von ihr zu nehmen,
liess sie mit jedem ausholen erneut betteln, dass er sie stopfen
m?ge und mit jedem Eindringen innerlich brodeln.
Sie schlang sich um seinen Hals, K?sste seinen Hals, seine Brust,
dankte ihm f?r das Geschenk, das er ihr machte, krallte ihre langen
N?gel vor Schmerz und Beben tief in seinen R?cken, bis dieser
leicht zu bluten begann und st?hnte saftiger mit jeder Sekunde,
jedem seiner Taktschl?ge.
Als sie endlich ihren H?hepunkt erreichte und mit einem letzten
Aufschrei ihre Anspannung entlies und ersch?pft in Marcels Arme
fiel, h?rte sie in ihrem inneren Ohr leise die entt?uschten Rufe
des Mannes, der einst ihr eigentliches ich war...
***Ende mit schrecken...***
Am n?chsten Morgen erwachte Wilhelm im K?rper seiner kleinen,
l?sternen Freundin, wohlwissend was Gestern Nacht geschah. Sein
Verstand, mittlerweile nicht mehr Trunken von physischen Reizen und
Emotionen war wieder klar denkend und m?nnlich gepr?gt. Ungl?ubig
starrte er auf den neben im liegenden Verf?hrer. Er f?hlte sich
missbraucht, ausgenutzt und betrogen. Jedoch nicht von Marcel,
sondern von Nina!
Was gestern Abend geschah hatte er nur als Passagier miterlebt. Die
Gef?hle jedoch, alles was ihn in Euphorie und orgasmische
Hochstimmung versetzte....das war Nina. Und das, was er f?hlte war
st?rker als simples ficken. Es war etwas tiefsitzendes,
ergreifendes. Etwas, das er so nicht einmal bei seinem ersten Mal
mit Nina erlebte. Etwas, das nicht so einfach aus einer wilden
Liebesnacht entstehen kann.
F?r Wilhelm war der Fall klar: Nina liebte Marcel. Sie gab ihm
genau die gleichen Sehns?chte wie er ihr. Nicht so wie Wilhelm sie
liebte, sondern auf eine poetischere, ehrlichere Weise. Sie liebte
ihn schon lange. Wom?glich schon bevor sie sich kennen gelernt
haben. Welche Position er in diesem Schachspiel hatte wusste er
nicht und wollte er auch gar nicht mehr wissen. F?r ihn war ein
Teil seines Lebens gestorben, ein anderer allerdings aufgebl?ht.
Ja, Marcel blieb sein Erzfeind. Und ja, der gestrige Abend war
nicht unbedingt freiwillig. Zumindest nicht von Beginn an. Den der
gr?sste Schock an der Situation bestand f?r ihn darin, es genossen
zu haben. Marcels zuerst h?flicher, dann allerdings rauer Umgang
erweckten primitive Triebe wie er sie noch nie zuvor erlebt hatte.
Dieses Gef?hl, der Lust vollkommen ausgeliefert zu sein Befriedigte
ihn auf Ebenen, die er zusammen mit Nina nie erreicht hatte.
Bereits jetzt sp?rte er die sucht nach einem neuen Erreichen in ihm
emporsteigen.
Die Balance zwischen Sinn und Sinnlichkeit Gebot ihm allerdings
vorerst ein anderes Handlungsziel. Noch war er ein exaktes Ebenbild
seiner Freundin, und wenn er Marcel gestern richtig verstand war
die echte Nina zuhause, schlief wahrscheinlich noch. Wilhelm
addierte 1 und 1 vor seinem inneren Auge und kam zu dem Ergebnis,
dass er lieber schnellstm?glich versuchen sollte, Rebecca ausfindig
zu machen. Zwar kannte er diese "Zauberin" kaum pers?nlich und
wusste nur wenige Details ihres Lebens von seinem Freund und ihrem
Wannabe-Lover Franky, aber gl?cklicherweise war es nicht schwer an
weitere Informationen zu kommen, wenn man Franky ein wenig kannte,
Vermutlich sass er wie jeden Sonntag morgen nach einer harten
Sauftour zum "abchillen" an ihrem Stammtisch im Venice.
Leise, um Marcel nicht zu wecken, aber dennoch schnell suchte
Wilhelm Ninas Kleider, die ?berall im Raum verteilt wurden zusammen
und st?rmte aus der Wohnung. Er bezwang seine Angst vor der
grossen, b?sen Welt und sprintete auf die Aussenterasse des Venice.
Zu seiner ?berraschung fand an dem Stammtisch an dem er, Franky und
Wuschi regelm?ssig ?ber den Sinn des Lebens philosophierten nicht
der von ihm erwartete Partyl?we Franky, sondern dessen Angebetete,
sondern Rebecca. Und noch viel erstaunter war er, als diese sich
nach einer knappen Begr?ssung DOCH als Franky entpuppte!
Franky erz?hlte ihm die ganze Geschichte. Wie er dieses antike
Medaillon durch Walter erlangte und sich selbst verwandelte,
dadurch erst Rebeccas f?r sich gewinnen konnte (auch, wenn er sich
Details f?r den Moment, in dem das "Trio Infernale" wieder komplett
war aufheben wollte) und nun hier landete. Wo sich das Medaillon im
Moment befand, das wussten sie nicht so genau. Als Wuschi-
mittlerweile ein Duplikat seiner eigentlich verhasste Exfreundin
Anja- sich kurze Zeit sp?ter zu ihnen Gesellte und ihnen Gestand,
dass auch er nicht wisse wo dieses Medaillon ist und bis gerade
eben noch Hoffnungen hatte, das Franky oder Wilhelm es noch bei
sich tragen w?rden waren die drei Freunde starr vor Schreck. Keiner
von ihnen wusste recht was er sagen solle. Wuschi tat schliesslich
den ersten Schritt zur Besserung: Vielleicht w?rde eine heisse
Tasse Kaffee ihnen dabei helfen, neuen Mut zu fassen
Gl?ck kann man am ehesten mit Glas vergleichen. So pr?chtig es auch
schimmern mag, die Gefahr es zu zerbrechen ist allgegenw?rtig.
Mindestens genau so existent wie die Chance, dass einem erst durch
das Schneiden an einer Scherbe bewusst wird, das man besser in ein
anderes Gef?ss investiert h?tte.
***Nachwort***
Lang, lang ist her....doch wie ein Ph?nix aus der Asche bin ich mit
einer neuen Geschichte zur?ckgekehrt. Ich weiss, viele von euch
haben sicher nicht mehr damit gerechnet, eine weitere Gl?ck und
Glas Geschichte zu lesen. Entschuldigungen werden zwar ohnehin oft
?berlesen, trotzdem m?chte ich euch sagen dass die letzte Zeit sehr
schwierig f?r mich war und immer noch ist. Doch das Fertigstellen
von etwas, das beenden einer arbeit gibt mir in den richtigen
Momenten auftrieb. Ausserdem m?chte ich euch auch sagen, dass ich
versprechen NIE breche. Ich habe fr?her Versprochen, die Gl?ck und
Glas Reihe zu Ende zu bringen, also.... :-)
Mit freundlichen Gr?ssen, T:M